Meldung 26. August 2025

Psychische Gesundheit rückt zunehmend in den Fokus und das spiegelt sich auch in der medizinischen Versorgung wider. Sowohl in der Privaten als auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung steigen die Ausgaben für Psychotherapie seit Jahren spürbar. Doch was steckt hinter dieser Entwicklung?

Neue Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) zeigen, dass psychische Erkrankungen inzwischen zu den zentralen Treibern der Leistungsausgaben zählen. In den vergangenen Jahren haben sich die Ausgaben für Psychotherapie deutlich erhöht. Für WIP-Institutsleiter Frank Wild ist der Trend klar erkennbar: „Wir sehen bei den PKV-Ausgaben für ärztliche Leistungen in den Bereichen „Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie“ im Jahr 2023 eine Zunahme um 13,6 Prozent. Die Ausgaben liegen auch merklich über den Vor-Pandemiewerten von 2019. Unsere Analysen liefern sehr gute Hinweise, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen zugenommen haben. Die Frage ist, was die Ursachen sind – handelt es sich um Folgewirkungen der Coronapandemie, um Konsequenzen der Social-Media-Nutzung und der Informationsüberflutung, um eine Reaktion auf die zunehmenden Unsicherheiten hinsichtlich der gesellschaftlichen Entwicklung oder vielmehr um ein Resultat der abnehmenden Stigmatisierung, wodurch mehr Menschen Hilfe suchen und häufiger eine Diagnose erhalten? Es handelt sich vermutlich um ein komplexes Thema.

Mehr Diagnosen, weniger Stigma

Tatsächlich belegen Daten, dass die Zahl psychischer Erkrankungen seit Jahren wächst. Laut Statista hat sich die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2000 mehr als verdoppelt – bei Frauen liegt sie konstant höher als bei Männern. Die Gründe sind vielfältig: Fachleute nennen die Pandemie mit ihren sozialen Einschränkungen, Zukunftsängsten und wirtschaftlichen Unsicherheiten als wesentlichen Faktor. Gleichzeitig ist die gesellschaftliche Offenheit gewachsen, über Depressionen, Angststörungen oder Burn-out zu sprechen. Diese Entstigmatisierung führt dazu, dass Diagnosen häufiger gestellt werden und Betroffene gezielter Hilfe in Anspruch nehmen.

Digitaler Alltag als zusätzlicher Stressfaktor

Ein weiterer Aspekt ist das veränderte Mediennutzungsverhalten, vor allem unter Jugendlichen. Die aktuelle WHO-HBSC-Studie („Health Behaviour in School-aged Children“) erfasste zwischen 2021 und 2022 fast 280.000 Jugendliche in 44 Ländern Europas, Zentralasiens und in Kanada. Demnach ist der Anteil der 11- bis 15-Jährigen mit problematischer Social-Media-Nutzung von 7 Prozent im Jahr 2018 auf 11 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Laut WHO berichten diese Jugendlichen deutlich häufiger über geringeres seelisches und soziales Wohlbefinden, Schlafmangel, ein erhöhtes Risiko für Substanzmissbrauch und sinkende schulische Leistungen. Eine Meta-Analyse in Computers in Human Behavior (Coyne et al., 2021) unterstreicht den Zusammenhang zwischen hoher Bildschirmzeit, psychischen Belastungen und einer verstärkten Neigung zu Angst- und Depressionssymptomen.

Digitale Gesundheitsbildung fördern

Gleichzeitig gibt es auch positive Effekte: So betont WHO-Regionaldirektor Dr. Hans Henri P. Kluge, dass soziale Medien vielen Jugendlichen stärkere Unterstützung durch Gleichaltrige und soziale Bindungen ermöglichen. Entscheidend sei daher nicht ein pauschales Verbot, sondern die Vermittlung von Medienkompetenz – um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen. Laut WHO hinken viele Länder bei der digitalen Gesundheitsbildung hinterher, bestehende Programme halten oft nicht mit der schnellen technologischen Entwicklung Schritt.

Vor diesem Hintergrund sieht die PKV ihre Rolle vor allem in Aufklärung und Prävention. Ziel ist ein gesunder, bewusster Umgang mit digitalen Medien, der psychische Erkrankungen vorbeugt und so langfristig auch die Ausgabenentwicklung bremst. Denn klar ist: Die steigenden Kosten für Psychotherapie spiegeln nicht nur eine wachsende Nachfrage wider, sondern auch gesellschaftliche Veränderungen – vom höheren Bewusstsein für mentale Gesundheit bis zum Einfluss einer zunehmend digitalen Lebenswelt.