Position

Die Private Krankenversicherung ist mit 8,7 Millionen Vollversicherten und 6,5 Millionen Zusatzversicherungen für Wahlleistungen ein relevanter Kostenträger für die Versorgung im Krankenhaus. Für uns muss sich die anstehende Krankenhausreform am Interesse der Patientinnen und Patienten orientieren.

Warum ist eine Krankenhausreform notwendig?

Die Private Krankenversicherung begrüßt ausdrücklich eine Reform des Krankenhaussektors mit dem Ziel, höhere Maßstäbe an Qualität und Effizienz zu setzen. Schon heute stößt der stationäre Sektor an seine Grenzen. Und der demografische Wandel in Deutschland wird es in Zukunft erschweren, eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung aufrechtzuerhalten. Nicht nur, weil viele aktive Mediziner und Pflegekräfte aus der „Babyboomer“-Generation in den nächsten Jahren in Rente gehen, während aus den kleineren Jahrgängen der Berufseinsteiger deutlich weniger Fachpersonal nachwächst. Sondern auch, weil die Alterung unserer Gesellschaft zu einem steigenden Bedarf an medizinischen Leistungen führen wird.

Daneben sprechen weitere Gründe für eine Reform: Die Vergütung der Kliniken nach Fallpauschalen für diagnosebezogene Gruppen (DRG) ist in Misskredit geraten. Und unabhängig vom Vergütungssystem liegt eines der größten Probleme in dem Versäumnis, dass die Bundesländer ihrer Aufgabe zur Finanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser seit Jahren nicht ausreichend nachkommen.

Auch die PKV hält eine Krankenhausreform für nötig. Doch eine Vorhaltefinanzierung nach dem Motto ‚Geld ohne Leistung‘ birgt große Risiken. Es drohen massive Fehlanreize, wenn die Bezahlung sich nicht auf erbrachte Leistungen bezieht. Die Kliniken würden sich weniger am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten, sondern mehr an bürokratischen Verteilungskriterien. So blieben die wichtigsten Reformziele auf der Strecke: Qualität und Kosteneffizienz.

Florian Reuther, PKV-Verbandsdirektor

Das fordert die PKV von einer Krankenhausreform

Eine Krankenhausreform wird die Versorgung nur dann verbessern, wenn das Interesse der Patientinnen und Patienten von vornherein im Mittelpunkt steht. Dafür muss sich auch die Finanzierung vor allem an den konkreten Leistungen für diese Patientinnen und Patienten bemessen.

  • Die PKV tritt deswegen dafür ein, dass die Krankenhaus-Entgelte sich auch zukünftig an Qualität und Leistung orientieren müssen. Keinesfalls sollten Anreize geschaffen werden, die ineffiziente Strukturen zementieren und künstlich am Leben halten – und damit den Spielraum für Innovationen und Wettbewerb verringern.
  • Die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten bei geplanten Eingriffen muss erhalten bleiben. Die PKV legt Wert auf deren Schutz vor zu starker Konzentration und regionalen Monopolen, die ihre Wahlfreiheit einschränken.
  • Um Patienten vor „Gelegenheits-Behandlungen“ zu schützen, müssen eindeutige Mindestmengen und Qualitätsstandards vorgegeben werden. Angesichts der Komplexität medizinischer Leistungen benötigen die Patienten transparente Qualitäts-Parameter, die ihnen bei der Auswahl des richtigen Krankenhauses helfen können. Um die finanzielle Belastung der Versicherten zu begrenzen, müssen wiederum Ressourcen effizient eingesetzt werden.
  • Essenziell für die Krankenhausreform ist eine bessere Mitwirkung der Länder. Die Organisation nach Leistungsgruppen funktioniert nur, wenn die Länder dieses Vorhaben mit Leben füllen. Sie müssen ihre Krankenhausplanung entsprechend weiterentwickeln und bereit sein, die Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen. Ressourcen effizient zu nutzen bedeutet auch, keine Kapazitäten aufzubauen bzw. „künstlich am Leben zu halten“, die nicht benötigt werden.
  • Es besteht ein hohes, bislang unzureichend genutztes Potenzial zur Ambulantisierung. Die Versorgung neu zu denken erfordert, dabei auch die ambulanten und pflegerischen Strukturen mitzudenken – ebenso wie die Chancen der Digitalisierung, die eine Versorgung in ländlichen Räumen auch über größere Distanzen erleichtern kann.

Die Reform soll die Qualität des stationären Sektors verbessern, sie darf aber keine Verwerfungen bei den Kostenträgern auslösen. Dieses Risiko ist bei der neuen, höchst komplexen Regulierungswelt einer Vorhaltefinanzierung durchaus zu befürchten. Daher ist bei der Abrechnung der Bezug zum konkreten Behandlungsfall essenziell. Nur so ist sichergestellt, dass alle Kostenträger gezielt für ihren eigenen Versichertenbestand die Kosten tragen – und damit zum Engagement für dessen Gesunderhaltung und optimale Versorgung motiviert bleiben.

PKV kritisiert die geplante Vorhaltefinanzierung

Ein Kernelement der geplanten Reform ist die Einführung einer Vorhaltefinanzierung und damit die Abkehr vom bisherigen Fallpauschalen-System. Seit dessen Einführung im Jahr 2004 haben sich einige Nachteile gezeigt. Daher gab es bereits in der Vergangenheit etliche Nachjustierungen, weitere wären auch im heutigen System möglich. Umgekehrt hatte die Einführung des DRG-Systems auch viele positive Effekte für Transparenz und Wirtschaftlichkeit. Diese Vorteile dürfen mit einer neuen Reform nicht wieder in ihr Gegenteil verkehrt werden.

Vorhaltevergütung

Mit der Vorhaltevergütung - auch Vorhaltefinanzierung oder Vorhaltepauschalen genannt - sollen Krankenhäuser nach den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums allein für das Vorhalten von Leistungen eine Bezahlung erhalten. Damit würden Kliniken damit unabhängig davon, ob sie tatsächlich Patienten behandeln, finanziert werden. Laut Ministerium soll durch die die Vorhaltevergütung "die Möglichkeit geschaffen werden, den Krankenhäusern eine auskömmliche Finanzierung zu eröffnen." Tatsächlich dürfte die Vorhaltevergütung zu erheblichen Fehlanreizen in den Krankenhäusern führen. 

Denn eine Vorhaltefinanzierung birgt Risiken, wie nicht zuletzt ein aktuelles Gutachten zeigt. Sie verändert die Anreizstruktur für die Leistungserbringer erheblich. So könnte zwar voraussichtlich das Ziel erreicht werden, den Anreiz zu Mengenausweitungen zu verringern. Doch je höher der Anteil der Vorhaltefinanzierung ist, desto stärker entsteht wiederum die Gefahr, dass die Nicht-Behandlung von Patienten für die Klinik lukrativer ist die Behandlung von Kranken. Dieser Anreiz kann schnell in Unterversorgung und Wartelisten-Medizin münden. Das vorgeschlagene Modell bringt für die Krankenhäuser zahlreiche Optionen, das neue System unter rein betriebswirtschaftlichen Aspekten und losgelöst vom medizinischen Bedarf für sich zu optimieren.

Mit der in den Eckpunkten des Bundesgesundheitsministeriums skizzierten Vorhaltefinanzierung wird überdies das Kernproblem einer unzureichenden Finanzierung der Investitionskosten durch die Bundesländer nicht gelöst. Trotz der aufwändigen Reform wird am Ende die strukturelle Unterfinanzierung der Kliniken fortbestehen. Durch die Reform könnte der Druck auf die Länder, ihre Finanzverantwortung zu erfüllen, sogar abnehmen, weil die neuen Finanzierungswege (wenn auch nur scheinbar) zunächst etwas Druck herausnehmen würden. Die Unterfinanzierung der Kliniken würde sich – nur in neuer Kulisse – manifestieren; zu Lasten der Krankenhausträger, zu Lasten der Kostenträger und ihrer Versicherten sowie zu Lasten der Patienten.

Aus Sicht der PKV als Kostenträger ist es deshalb enorm wichtig, eine leistungsbezogene Finanzierungsweise zu finden, die sich möglichst nah am heutigen DRG-System orientiert. Die zentrale Frage ist, wie der Mittelzufluss für eine Vorhaltefinanzierung fair gestaltet werden kann. Dies umso mehr, wenn sie nicht nur für einzelne, versorgungsrelevante Bereiche gelten soll, sondern für die gesamte Krankenhauslandschaft.

Die Verknüpfung mit Leistungsgruppen ist dabei hoch komplex und erfordert die Klärung vielfältiger Details. Sie wird Schwierigkeiten aufwerfen, die heute noch gar nicht absehbar sind. Denn Leistungsgruppen sind primär ein Planungsinstrument – und nicht ein Instrument zur Finanzierung. Deshalb sollte aus Sicht der PKV die Vorhaltevergütung – bei der es stets um „Geld ohne Leistung“ geht – keinesfalls mit dem in den Eckpunkten vorgesehenen hohen Anteil von 60 Prozent eingeführt werden. Schon der von der Regierungskommission als Empfehlung genannte Anteil von 40 Prozent (inklusive 20 Prozent für das Pflegebudget) erscheint sehr hoch und begründet die Sorge vor Fehlanreizen.

Spätestens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist klar, dass die Krankenhausreform aus den vorhandenen Mitteln finanziert werden muss. Oberstes Ziel muss daher neben der Qualität auch die Wirtschaftlichkeit sein – keine zusätzliche Belastung der Beitragszahler. Wir befürchten, dass die geplante flächendeckende Vorhaltevergütung, auch für wirtschaftlich arbeitende Kliniken und Maximalversorger, in eine ganz falsche Richtung geht.

Florian Reuther, PKV-Verbandsdirektor

Erfolg gelingt nur bei Einbeziehung der Akteure

Ob die Krankenhausreform ein Erfolg werden kann, hängt wesentlich davon ab, ob und wie die Akteure einbezogen werden: die Krankenhäuser ebenso wie den ambulanten Sektor, die Pflege und nicht zuletzt die Kostenträger. Das verringert auch die Wahrscheinlichkeit rechtlicher Auseinandersetzungen. Dieses Risiko ist beträchtlich, denn die Berufsfreiheit und die Vertragsfreiheit sind hohe, verfassungsrechtlich geschützte Werte. Wenn Kliniken gegen Einschränkungen ihrer Zulassungen, Wegnahme von Leistungsgruppen etc. klagen, wären jahrelange Rechtsstreitigkeiten die Folge.