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Der Bundestag hat Ende Mai die Pflegereform 2023 verabschiedet. Trotz erkennbar wachsender Finanzprobleme der Sozialen Pflegepflichtversicherung (SPV) sieht sie – wie bereits die Pflegereformen der Jahre 2017, 2019 und 2021 – Mehrleistungen vor, die zu weiter steigenden Kosten führen.

Was bringt die Pflegereform 2023?

Die gesetzliche Pflegeversicherung wird mit dem Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz (PUEG) in zwei Schritten reformiert: Bereits zum 1. Juli 2023 soll die Finanzgrundlage der Sozialen Pflegepflichtversicherung (SPV) stabilisiert werden. Dafür steigen die Beiträge für viele gesetzlich Versicherte spürbar an, am stärksten für Kinderlose.

Ab Januar 2024 werden dann auch zahlreiche Leistungen ausgeweitet, darunter die Entlastung für Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen.  Die Arbeitsbedingungen von beruflich Pflegenden sollen verbessert werden. 

Entlastung für Pflegebedürftige in stationären Einrichtungen

Bereits seit 2022 erhalten Pflegebedürftige Zuschläge zum pflegebedingten Eigenanteil bei Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen (vgl. Pflegereform 2021). Zum 1. Januar 2024 werden die Sätze von bisher 5 auf 15 Prozent bei 0 - 12 Monaten Verweildauer, von 25 auf 30 Prozent bei 13 - 24 Monaten, von 45 auf 50 Prozent bei 25 - 36 Monaten und von 70 auf 75 Prozent bei mehr als 36 Monaten angehoben.

Häusliche Pflege

Um die häusliche Pflege zu stärken, werden das Pflegegeld sowie die ambulanten Sachleistungsbeträge zum 1. Januar 2024 um 5 Prozent erhöht. Das Pflegeunterstützungsgeld kann von Angehörigen künftig pro Kalenderjahr für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person in Anspruch genommen werden und ist nicht mehr beschränkt auf einmalig insgesamt zehn Arbeitstage je pflegebedürftiger Person.

Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

Zum 1. Juli 2025 werden die Leistungsbeträge für Verhinderungspflege und für Kurzzeitpflege in einem neuen Gemeinsamen Jahresbetrag für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege zusammengeführt. Damit steht künftig ein Gesamtleistungsbetrag von bis zu 3.539 EUR zur Verfügung, den die Anspruchsberechtigten nach ihrer Wahl flexibel für beide Leistungsarten einsetzen können. Die bisherige sechsmonatige Vorpflegezeit vor erstmaliger Inanspruchnahme der Verhinderungspflege wird abgeschafft.

Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte

In der stationären Pflege soll die Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens beschleunigt werden. Zusätzliches Personal in Springerpools kann zukünftig regelhaft finanziert werden, um das Stammpersonal zu entlasten und die Notwendigkeit von Leiharbeit wieder zu reduzieren. Zudem werden die Rahmenbedingungen der Pflegeeinrichtungen für eine qualitätsgesicherte Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland verbessert.

Um das Potential der Digitalisierung zur Verbesserung und Stärkung der pflegerischen Versorgung zu nutzen und die Umsetzung in die Praxis zu unterstützen, wird ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege eingerichtet. Das Förderprogramm für Pflegeeinrichtungen zur Unterstützung von Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für ihre Beschäftigten wird verlängert.

Kosten der Pflegereform 2023

Der allgemeine Beitragssatz in der Sozialen Pflegeversicherung wird bereits zum 1. Juli 2023 um 0,35 Prozentpunkte angehoben. Diese Maßnahme soll Mehreinnahmen in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro/Jahr einbringen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, den Beitragssatz künftig durch Rechtsverordnung festzusetzen, sofern auf kurzfristigen Finanzierungsbedarf reagiert werden muss. Durch den höheren Beitragssatz ändert sich auch der Höchstbeitrag in der Privaten Pflegepflichtversicherung. Für Privatversicherte, deren Beitrag auf den Höchstbeitrag gedeckelt ist, müssen daher die Beiträge angeglichen werden. 

Ebenfalls zum 1. Juli 2023 wird der Beitragssatz zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 nach der Kinderzahl differenziert. Eltern zahlen dann generell 0,6 Beitragssatzpunkte weniger als Kinderlose. Bei kinderlosen Mitgliedern gilt ein Beitragssatz in Höhe von 4 Prozent. Bei Mitgliedern mit einem Kind gilt demgegenüber nur ein Beitragssatz von 3,4 Prozent. Ab zwei Kindern wird der Beitrag während der Erziehungsphase bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Beitragssatzpunkte je Kind bis zum fünften Kind weiter abgesenkt. Nach der jeweiligen Erziehungsphase entfällt der Abschlag wieder.

Für Privatversicherte gilt diese Staffelung nicht, da ihre private Pflegepflichtversicherung (PPV) bereits generationengerecht finanziert ist.

Trotz der Beitrags-Erhöhungen für den Großteil der Versicherten sind die beschlossenen Leistungsausweitungen des PUEG (u. a. erhöhter Zuschuss zu Eigenanteilen bei stationärer Pflege, Erhöhung von Pflegegeld und Sachleistungen) unterfinanziert: So wird sich in der SPV allein bis zum Ende der Legislaturperiode 2025 ein Defizit von fast sieben Milliarden Euro aufstauen, wie das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung (WIP) vorrechnet. Die Private Pflegepflichtversicherung sorgt hingegen mit der Bildung von Alterungsrückstellungen vor und ist vom demografischen Wandel weniger stark betroffen.

Pflegereform 2021

Im Juni 2021 verabschiedete der Bundestag das sogenannte Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG). Es umfasst neben einigen Aspekten der Krankenversorgung und –versicherung im Wesentlichen Neuregelungen für den Pflegebereich und ist deshalb auch als „Pflegereform 2021“ bekannt. Darin finden sich zum Beispiel Bestimmungen zur Tarifbezahlung für Pflegekräfte sowie zur Entlastung von Pflegebedürftigen bei den Eigenanteilen an Heimunterbringungskosten.

Pflegebedürftige wurden mit dem GVWG von steigenden Zuzahlungen entlastet. Dafür erhielten sie seit dem 1. Januar 2022 von der Pflegeversicherung Zuschläge zum pflegebedingten Eigenanteil: Im ersten Jahr 5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent. Bezogen auf einen bundesdurchschnittlichen Eigenanteil von rund 930 Euro bedeutet das für Pflegebedürftige mit vollstationärer Pflege im Durchschnitt folgende Entlastung:

  • ab dem 1. Monat trägt die Pflegekasse 45,55 Euro (5 Prozent des pflegebedingten Eigenanteils)
  • mit mehr als 12 Monaten 227,75 Euro (25 Prozent) 
  • mit mehr als 24 Monaten 409,95 Euro (45 Prozent)
  • mit mehr als 36 Monaten 637,70 Euro (70 Prozent)

In der ambulanten Pflege wurden die Leistungsbeträge zum 1. Juli 2021 um fünf Prozent für Sachleistungsbeiträge und für die Kurzzeitpflege erhöht, um dort auch den steigenden Vergütungen Rechnung zu tragen.

Die Kurzzeitpflege wurde deutlich ausgebaut. Dafür wurde der Leistungsbeitrag der Pflegeversicherung um zehn Prozent angehoben. Zudem wird in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein neuer Anspruch auf eine bis zu zehntägige Übergangspflege eingeführt. Die Regelungen in der PKV hängen vom jeweiligen Tarif ab.

Seit dem 1. September 2022 werden nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen, die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif oder kirchenarbeitsrechtlichen Regelungen bezahlen oder mindestens in Höhe eines Tarifvertrags oder einer kirchenarbeitsrechtlichen Regelung bezahlen. Die Entlohnung nach Tarif wird vollständig refinanziert,

Die geplanten Leistungsausweitungen des GVWG waren absehbar unterfinanziert: Geschätzten Mehrausgaben von rund 3 Milliarden Euro standen ein Steuerzuschuss von 1 Milliarde Euro sowie erwartete 400 Millionen Euro Beitragsmehreinnah­men infolge der Erhöhung des Zuschlags für Kinderlose gegenüber. Für diese stieg der SPV-Beitragssatz von 3,3 auf 3,4 Prozent des Bruttolohns. Für Personen mit Kindern blieb der Beitragssatz seinerzeit mit 3,05 Prozent stabil.

Pflegepersonalstärkungsgesetz

Das Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) wurde im November 2018 vom Bundestag verabschiedet und soll Pflegefachkräfte entlasten und den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen. Vor einem Jahr hat der Bundestag das Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) beschlossen. Seitdem haben viele notwendige Neuerungen, die das Gesetz bereithält, in den Pflegealltag Einzug gehalten. Der PKV-Verband beteiligt sich an der Finanzierung der gesetzlichen Änderungen.

Eines der zentralen Probleme in der Pflege ist der zunehmende Mangel an Fachkräften. Für die vollstationäre Altenpflege, wo er am spürbarsten ist, schafft das PpSG die Voraussetzungen für 13.000 zusätzliche Stellen.
Darüber hinaus soll das Gesetz das bestehende Pflegepersonal durch Erleichterungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entlasten. Mit dem PpSG können Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser finanziell unterstützt werden, um die Familienvereinbarkeit zu verbessern.

Gleiches gilt für die häusliche Pflege: Pflegende Angehörige sind häufig nur unzureichend auf den Pflegealltag vorbereitet. Um sie besser zu schulen und ihnen mehr Sicherheit zu geben, werden mit dem PpSG erhöhte Beratungsentgelte erstattet, um die Qualität der häuslichen Pflege zu verbessern.

Zur Entlastung können auch digitale Anwendungen wesentlich beitragen. Das PpSG fördert Projektvorhaben ambulanter wie stationärer Einrichtungen einmalig mit insgesamt 12.000 Euro, um den Arbeitsalltag durch neue, digitale Anwendungen zu erleichtern.

Kosten

Die Änderungen aus dem Pflegepersonalstärkungsgesetz führen zu deutlich höheren Kosten. Die Private Krankenversicherung beteiligt sich finanziell an allen gesetzlichen Neuregelungen. Allein bei der Finanzierung der 13.000 zusätzlichen Pflegestellen sind die privaten Versicherer mit insgesamt 44 Millionen Euro beteiligt. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beteiligt sich die PKV mit einem jährlichen Zuschuss von über einer Million Euro. Für den gesamten gesetzlich festgeschriebenen Förderzeitraum (2019 - 2024) hält sie für diesen Punkt insgesamt rund 7 Millionen Euro bereit. Bei den erhöhten Beratungsentgelten entstehen jährliche Mehrkosten von etwa 2 Millionen Euro. Auch für die digitalen Lösungen stellt die PKV in den kommenden drei Jahren einen Millionenbetrag für die Förderung bereit.

Bundesregierung informiert über Pflegestellenförderprogramm

Mit dem Sofortprogramm Pflege will die Regierung 13.000 neue Pflegestellen in der Altenpflege schaffen. Für Pflegeeinrichtungen stellt sich deshalb die Frage, wie sie die Förderung beantragen können.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gibt deshalb auf seiner Internetseite eine Orientierungshilfe für das Förderprogramm und beantwortet häufig gestellte Fragen zum Antrags- und Bewilligungsverfahren. 

Pflegestärkungsgesetze I - III

Die Pflegestärkungsgesetze waren die größte Reform seit Einführung der Pflegepflichtversicherung im Jahr 1995 und brachten viele Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Die sichtbarste Veränderung trat dabei am 1. Januar 2017 mit der Umstellung der gewohnten drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade in Kraft. 

Die alten Pflegestufen wurden auf fünf Pflegegrade umgestellt. Zudem änderte sich in den meisten Bereichen auch die absolute Höhe der Leistungen: So stieg der Maximalbetrag des Pflegegeldes, den ein ambulant zu Pflegender monatlich erhält, von 728 Euro in der alten Pflegestufe 3 auf 901 Euro für den Pflegegrad 5. Bei vollstationärer Versorgung stieg die maximale Leistung von 1.995 Euro für Härtefälle in der Pflegestufe 3 auf 2.005 Euro im Pflegegrad 5.

In stationären Einrichtungen hängt der Eigenanteil nicht mehr von der Höhe der Pflegebedürftigkeit ab. Stattdessen gibt es für alle Pflegegrade von 2 bis 5 einen einheitlichen Eigenanteil.

Bereits im Jahr 2016 hatten die Vorbereitungen für eine Umstellung beim umstrittenen Notensystem der Pflegequalitätsprüfungen begonnen. 2018 wurde es auf eine neue Grundlage gestellt.

Auf Wunsch kann die Beratung nun auch gegenüber Angehörigen oder weiteren Personen in der häuslichen Umgebung oder in der entsprechenden Pflegeeinrichtung stattfinden. Damit orientiert sich der Gesetzgeber am Best-Practice-Beispiel von compass, der privaten Pflegeberatung, die seit dem Jahr 2008 eine aufsuchende und damit niedrigschwellige Beratung bietet.

Ab dem Pflegegrad 2 zahlt die Pflegeversicherung pflegenden Angehörigen Beiträge zur Rentenversicherung – gestaffelt nach dem Pflegegrad und danach, ob Pflegegeld oder Pflegesachleistungen bezogen werden. Ab dem Pflegegrad 2 werden für pflegende Angehörige auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt und sie sind, während sie pflegen, gesetzlich unfallversichert.

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