Meldung 04. September 2025

In der Politik wird derzeit diskutiert, ob die Soziale Pflegeversicherung durch einen erweiterten kapitalgedeckten Vorsorgefonds abgesichert werden soll. Zwar ist die Bildung von Rücklagen eine gute Idee. Diese dürfen aber nicht in Staatshand liegen. Zu groß ist die Gefahr einer Zweckentfremdung.

Seit 2015 fließt ein Anteil von 0,1 Prozentpunkten der Beiträge zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV) in den sogenannten Pflegevorsorgefonds (PVF). Ab 2035 soll die Rücklage eingesetzt werden, um weitere Beitragssteigerungen in der SPV zumindest etwas abzufedern. In seiner derzeitigen Ausgestaltung ist er viel zu klein im Verhältnis zum Bedarf. Der Effekt auf den SPV-Beitragssatz wird kaum spürbar sein. 

Deshalb diskutiert die Politik darüber, ob die SPV durch einen weiterentwickelten Pflegevorsorgefonds abgesichert werden soll. Mit dieser Frage befasst sich zum Beispiel die im Koalitionsvertrag beschlossene Bund-Länder AG „Zukunftspakt Pflege“, die bis Ende des Jahres gemeinsame Eckpunkte für eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung erarbeiten soll. Zudem steht das Thema auf der Agenda einer Anhörung, zu der das Bundesgesundheitsministerium Anfang September geladen hat. 

Gegen eine Staatsfonds-Lösung spricht allerdings ein gewichtiges Argument: Rücklagen in staatlicher Obhut sind nicht sicher und können jederzeit zur Finanzierung anderer politisch gewünschter Projekte zweckentfremdet werden. Die Liste mit Beispielen aus der Vergangenheit ist lang.

Beispiele für Zweckentfremdung staatlicher Fonds

So war der Pflegevorsorgefonds selbst schon von solchen Begehrlichkeiten betroffen: Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat im Jahr 2023 die Einzahlungen in diesen Vorsorgefonds stark gedrosselt und das Geld für andere Zwecke abgezweigt. Die damalige Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hatte sogar die komplette Auflösung des Fonds gefordert.  

Zwei weitere Beispiele, wie Fonds in Staatshand in der Vergangenheit zweckentfremdet wurden: 1999 hatten die Beamten des Landes Niedersachsen für die Jahre 1999 bis 2017 auf einen Teil ihrer Besoldungserhöhungen verzichtet. Das Geld sollte in eine Versorgungsrücklage fließen, aus der ab 2018 ein Teil der Beamtenpensionen gezahlt werden sollte. Im Jahr 2010 wurden die Zuführungen aus Landesmitteln gestoppt und die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, vorhandene Rücklagen für allgemeine Haushaltsausgaben einzusetzen.

Im Jahr 2016 entschied Mecklenburg-Vorpommern, den Landes-Vorsorgefonds zur Absicherung der Pensionen indirekt zu beleihen, indem der Fonds verpflichtet wurde, seine Mittel statt am Kapitalmarkt ausschließlich in Schuldscheinen des Landes anzulegen. Das kam einer faktischen Haushaltsfinanzierung über den Fond gleich.

Warum vergleiche mit Fonds im Ausland hinken

Verfechter von Rücklagen in staatlicher Hand nennen als positive Beispiele gerne die Staatsfonds in Schweden und Norwegen. Dort ist die Ausgangslage indes eine völlig andere als in Deutschland. Zum einen gibt es in den beiden genannten Ländern so gut wie keinen Schuldendruck: Sowohl in Norwegen als auch in Schweden ist die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt geradezu verschwindend gering. Es gibt also gar nicht erst die Begehrlichkeit, den Fonds anzuzapfen. 

Zum anderen steht gerade der norwegische Fonds international und medial unter sehr großer Beobachtung. Dies erfordert hohe Transparenz und regelmäßige Berichterstattung. In Deutschland sind vergleichbare Konstruktionen sehr viel kleiner und oft nur „Insidern“ bekannt. Die bereits praktizierten Zweckentfremdungen wurden häufig gar nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen. 

Andere Beispiele aus dem Ausland zeigen dagegen durchaus, dass Staatsfonds nicht funktionieren. So wurde der französische Rentenfonds 2001 mit dem Ziel gegründet, Rücklagen aufzubauen, um die Finanzierungslücken der Rentenkassen ab ca. 2020 zu schließen, wenn die Babyboomer-Generation in Rente geht. Nach der Finanzkrise 2008 wurde das Ziel der Ansparung massiv abgeschwächt. Ab 2011 musste der Fonds einen Teil seiner Mittel zur Tilgung der Sozialschulden abführen. Der Fonds diente immer mehr dazu, kurzfristige Lücken in der Sozialversicherung zu stopfen. Damit wurde er von einem Vorsorgeinstrument zu einer Staatsreserve für akute Finanzprobleme. 

Sicherheit gibt es nur mit privater Vorsorge.

Aus den genannten Gründen spricht sich zum Beispiel Professor Christian Rolfs von der Universität Köln gegen einen Ausbau des Pflegevorsorgefonds aus. „Eine generationengerechte, kapitalgedeckte Absicherung des Pflegerisikos kann nur gelingen, wenn das angesparte Kapital vor staatlichem und politischem Zugriff geschützt wird. Das ist nur im privaten Rechtsrahmen unter der Aufsicht der Rechts- und Finanzaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht möglich.“

Nicht ohne Grund hat der Expertenrat Pflegefinanzen, dessen Mitglied der Rechtswissenschaftler Rolfs ist, zur Finanzierung der Pflegeversicherung in seinem Pflege-Plus-Konzept eine obligatorische, kapitalgedeckt finanzierte Zusatzversicherung vorgeschlagen – organisiert und umgesetzt von privaten Versicherungsunternehmen.