Meldung 28. Juli 2025

Bei einer umfassenden Pflegereform sollte neben Finanzierungsfragen auch das Leistungsrecht in den Blick genommen werden. Dabei zeigt sich: Der individuelle Entlastungsbetrag im Pflegegrad 1 hat sich zu einer Belastung des gesamten Pflegesystems entwickelt.

Die Neuausrichtung des Pflegegrad 1 ist Teil des 10-Punkte-Plans der PKV für eine zukunftsfeste Pflegereform. Mit unseren Vorschlägen zum Entlastungsbetrag wären Einsparungen möglich, die für die Stärkung präventiver Ansätze zur Vermeidung und Verzögerung von Pflegebedürftigkeit genutzt werden könnten.

Präventionsziel wird bislang verfehlt

In Pflegegrad 1 werden Menschen eingestuft, die nur geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder ihrer Fähigkeiten aufweisen. Die für sie vorgesehenen Leistungen der Pflegeversicherung sollen vor allem präventiv wirken. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben deshalb Anspruch auf eine umfassende individuelle Pflegeberatung, mit der bereits frühzeitig auf ihre konkrete Situation eingegangen werden kann. Darüber hinaus stehen ihnen aktuell bei häuslicher Pflege u.a. Pflegekurse, der Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 131 Euro monatlich, die Versorgung mit Hilfsmitteln und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zu. 

Aus einer Untersuchung von Medicproof, dem medizinischen Dienst der Privaten Krankenversicherung, geht unter anderem hervor: Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 leben zu 99 Prozent im eigenen Wohnumfeld. Von ihrem Antrag zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit erhoffen sie sich primär finanzielle Unterstützung. Seine ursprünglichen Ziele wie Vorbeugung oder Verzögerung der Pflegebedürftigkeit erreicht der Pflegegrad 1 dagegen nicht.

Entlastungsbetrag streichen

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert deshalb, den Entlastungsbetrag zu streichen: Ausgaben für Dienste im Garten oder Haushalt seien den Empfängern zumutbar, der Zuschuss lade zu Mitnahmeeffekten ein, so die FAZ unter Berufung auf ein BDA-Papier. Und der Experten-Rat Pflegefinanzen stellt den Pfleggrad 1 in seiner aktuellen Stellungnahme bereits als Ganzes infrage. Aus seiner Sicht liege hier „keine echte Pflegebedürftigkeit vor“, sondern eher eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“. Der Expertenrat tritt daher für eine Aussetzung des Grads unter Wahrung des Bestandsschutzes ein.  

Auch wir schlagen vor, den Leistungsumfang des Pflegegrades 1 zu überprüfen. „Wenn wir die Zukunft der Pflege sichern wollen, dann müssen wir die Versorgungslasten im demografischen Wandel durch Prävention reduzieren“, sagt Anne Kristina Vieweg, Geschäftsführerin Bereich Pflege im PKV-Verband. „Dazu gehört, dass die Leistungen im Pflegegrad 1 präventiv wirken sollten und sich zukünftig auf Beratungsangebote, Pflegekurse, Hilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen konzentrieren.“

Würden die anderen Ansprüche, wie der Anspruch auf den Entlastungsbetrag, entfallen, wären Einsparungen von 1,2 Milliarden Euro jährlich möglich. Diese könnten stattdessen für die Stärkung präventiver Ansätze zur Vermeidung und Verzögerung von Pflegebedürftigkeit genutzt werden. 

Die Forderung, den Pflegegrad 1 konsequent auf Prävention auszurichten, ist ein Baustein aus dem 10-Punkte-Plan der PKV für eine zukunftsfeste Pflegereform.