Meldung 05. April 2023

Die Pflegereform von Gesundheitsminister Lauterbach sorgt weiter für Diskussionen. Der Entwurf sieht Leistungsausweitungen vor, die die Pflege deutlich teurer machen würden. Dabei drohen selbst ohne Reform massive Beitragserhöhungen. Auch, weil es immer mehr Pflegebedürftige gibt.

Das Bundeskabinett hat die Reform der Pflegeversicherung auf den Weg gebracht. Das Gesetz sieht vor, die Leistungen in der Pflege zu dynamisieren und die Eigenanteile an Pflegekosten in den Heimen weiter zu begrenzen. Der im Gesetzesentwurf ursprünglich vorgesehene Entlastungsbetrag für pflegende Angehörige wurde dagegen gestrichen.

„Dass die Bundesregierung jetzt ausgerechnet an den Leistungen für ambulante Pflege sparen will, geht völlig an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen vorbei, denn die allermeisten wollen zuhause gepflegt werden. Stattdessen erhöht sie die Zuschüsse zu den Eigenanteilen im Pflegeheim – auch für alle, die es gar nicht nötig haben. Ansätze für eine nachhaltige Finanzierung fehlen völlig – das belastet massiv die junge Generation. Wir brauchen mehr Vorsorge und gezielte Hilfen statt Geldvergabe mit der Gießkanne“, erklärt PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther zum Kabinettsbeschluss.

Beitragszahlern in der SPV ein Beitragsanstieg auf knapp 9 Prozent

Und das ist noch nicht alles: Sollten die Pläne zur Pflegereform Wirklichkeit werden, droht den Beitragszahlern in der SPV ein Beitragsanstieg auf knapp 9 Prozent. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) hervor. Freilich ist die Reform noch nicht beschlossen. Umso bedenklicher ist es, dass die Beiträge selbst ohne die zusätzlichen Leistungen laut WIP-Prognose deutlich steigen werden.

Grund dafür ist die demografische Entwicklung in Deutschland – also die Tatsache, dass immer mehr pflegebedürftigen Ältere immer weniger Beitragszahlern im Erwerbsalter gegenüberstehen. Dieser Trend ist schon lange Realität, gewinnt jedoch durch das Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsprozess an Dynamik. Laut Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland allein durch die Alterung der Bevölkerung bis zum Jahr 2055 um 37 Prozent erhöhen - auf dann 6,8 Millionen Menschen. 

Diese Entwicklung führt dazu, dass die Pflegeversicherung schon beim aktuellen Leistungsumfang auf ein Defizit von 7 Milliarden Euro in dieser Wahlperiode zusteuert. In der nächsten Wahlperiode von 2026 bis 2029 beträgt das Minus bereits mehr als 46 Milliarden Euro. Wenn diese Fehlbeträge durch einen höheren Beitrag ausgeglichen werden sollen, käme auf die Versicherten bereits bis 2030 eine Beitragssatzerhöhung auf 4,66 Prozent zu. Bis 2040 wären es sogar 6,26 Prozent. Im Vergleich zu heute entspricht das etwa einer Verdopplung.

Zukünftige Finanzierung der Pflege

Wie könnte die zukünftige Finanzierung der Pflege aussehen? Die Ergebnisse des interdisziplinären Expertenrats unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Wasem werden am 17. April 2023 von 10.30 bis 12.00 Uhr vorgestellt. Hier geht es zur Anmeldung.

Bei diesem Szenario hat das WIP sogar noch zurückhaltend gerechnet: Den Ergebnissen liegt die Annahme zugrunde, dass die Ausgaben der SPV pro Jahr nur um 2 Prozentpunkte stärker steigen werden als die Einnahmen. Das ist deutlich optimistischer als die reale Entwicklung der letzten 20 Jahre mit einer Lücke von 4 Prozentpunkten zwischen Einnahmen und Ausgaben.

Unter Umständen werden die Beiträge also noch stärker steigen – und das allein um den heute geltenden Leistungsumfang zu finanzieren. Die Kosten für die Mehrleistungen durch die Pflegereform – allen voran die weitere Begrenzung der Eigenanteile in der stationären Pflege – kämen noch obendrauf.

Vor diesem Hintergrund appelliert PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther an die Politik: „Der vorliegende Entwurf der Pflegereform würde die Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung nicht lösen, sondern sogar noch erheblich verschärfen. Das würde die Belastung der Beitragszahler massiv erhöhen und jeden Arbeitsplatz mit noch mehr Kosten belasten. Es braucht einen Neustart in der Pflegefinanzierung: nachhaltig und generationengerecht. Dringend nötig ist dazu ein Ausbau der privaten und betrieblichen Pflege-Vorsorge.“