Meldung09. Februar 2023

Hintergrund der geplanten Änderung in Sachsen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur angemessenen Besoldung. Anders als in anderen Bundesländern erhalten sächsische Beamte nun aber nicht mehr Geld; stattdessen erhöht der Freistaat die Beihilfesätze für die Angehörigen.

Die sächsische Staatsregierung plant, die Beihilfe für Ehe- und Lebenspartner sowie Kinder auf 100 Prozent zu erhöhen. Damit erhalten Beamtenfamilien im Krankheits- und Pflegefall eine Vollabsicherung durch Steuergelder. Für die Betroffenen klingt das erstmal nach einer guten Nachricht – es ist für sie aber nicht ohne Risiko: Die Angehörigen hätten in Zukunft keine Private Krankenversicherung neben der Beihilfe mehr. Dadurch büßen sie automatisch ihren „Versichertenstatus“ ein – mit erheblichen Auswirkungen. Sie verlieren offiziell den Anschluss an das deutsche System der Krankenversicherung. Das bedeutet gerade auch im Hinblick auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens: Die 100-Prozent-Beihilfeberechtigten haben ohne eine PKV-Anbindung keinen Zugang dazu.

Den Beamtenfamilien entstehen durch die 100-Prozent-Beihilfe zudem potenziell Leistungslücken, und zwar sowohl in der Kranken- als auch der Pflegeversicherung. Denn Zusatzleistungen, wie etwa für 1-Bett-Zimmer im Krankenhaus oder für erweiterten Zahnersatz, werden nicht durch die Beihilfe erstattet. Sie konnten bisher über sogenannte Beihilfeergänzungstarife der PKV versichert werden. Gleiches gilt in der Pflege. Die immer wichtiger werdende Eigenvorsorge ist für beihilfebeziehende Angehörige nicht mehr möglich. Der Weg zu privaten Pflegezusatzversicherungen, einschließlich des staatlich geförderten „Pflege-Bahr“, ist den Beamtenfamilien durch die 100-Prozent-Beihilfe versperrt.

Pauschale Beihilfe für Beamte

Auch für die Beamten selbst ändern sich die Regeln. Sie sollen künftig eine sogenannte „pauschale Beihilfe“ beziehen können. Gesetzlich versicherte Beamte erhalten pauschal einen 50-Prozent-Zuschuss zu ihrer Krankenversicherung. Wer sich als Beamter privat versichert, bezieht ebenfalls mindestens 50 Prozent individuelle Beihilfe und sichert den Rest über eine private Krankenversicherung zu erheblich geringeren Kosten ab.

Denn für einen Durchschnittsverdiener mit rund 43.000 Euro Jahresbrutto werden in der Gesetzlichen Krankenversicherung pro Monat rund 584 Euro fällig; das sind je 292 Euro für den Dienstherrn und für den Beamten. Bei Einkünften ab 59.850 Euro Jahresbrutto sind es 808 Euro pro Monat; also je 402 Euro für den Dienstherrn und 402 für den Beamten. In den Beamtentarifen der PKV beträgt der Durchschnittsbeitrag derzeit rund 211 Euro pro Monat.

Warum die Neuregelung für Sachsen richtig teuer wird

Die individuelle Beihilfe löst beim Dienstherrn nur im konkreten Krankheitsfall eines Beamten Kosten aus; die pauschale Beihilfe dagegen ist eine dauerhafte, monatliche Belastung für den Haushalt des Freistaates. Hier droht mit Blick auf die Zukunft eine wahre Kostenexplosion zu Lasten der sächsischen Steuerzahler.

Kostenentwicklung in Baden-Württemberg ist abschreckendes Beispiel

Wie stark die Kosten steigen werden, zeigt zum Beispiel ein Blick auf die offiziellen Daten der Landesregierung in Baden-Württemberg, die ebenfalls kürzlich die pauschale Beihilfe eingeführt hat. Die Mehrkosten für das Land addieren sich bis 2060 auf über 2,6 Milliarden Euro. Geld, dass dann für andere landespolitische Aufgaben von Schule bis Polizei nicht mehr zur Verfügung steht.

Hinzu kommen noch die Kosten für die Kommunen, die laut Gesetz in Baden-Württemberg nochmals etwa 15 Prozent der Landessumme betragen, also mehr als 400 Millionen Euro.

In Sachsen gibt es zwar nicht so viele Beamte wie in Baden-Württemberg gilt, doch der Effekt beträchtlicher Folgekosten wird auch die sächsischen Steuerzahler zusätzlich belasten. Die Koalitionsfraktionen im Landtag, von denen die Initiative für eine pauschale Beihilfe ausgeht, nennen zu den erwarteten Mehrkosten jedoch keine Zahlen.