Mit den richtigen Rahmenbedingungen kann die Gesundheitspolitik die Existenz solcher regionalen Versorgungsnetzwerke unterstützen, wie die aktuelle Studie „Neue Gesundheitsnetze für den ländlichen Raum“ zeigt. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) hat in Kooperation mit Dr. Peggy Richter und Dr. Hannes Schlieter von der Forschungsgruppe Digital Health an der TU Dresden in sieben Portraits Fallstudien exemplarisch die Entwicklung von Gesundheitsnetzen in Deutschland untersucht und dabei Hürden und Erfolgsfaktoren identifiziert.
In der stark alternden deutschen Gesellschaft steigt der Bedarf an medizinischen Leistungen, aber gleichzeitig nimmt der Mangel an medizinischem Personal zu. Allein 35 Prozent der Hausärzte und 25 Prozent der Fachärzte werden bis 2030 in den Ruhestand gehen. Der Mangel, den wir in einigen Regionen heute schon beklagen, steht uns deutschlandweit noch bevor. Zugleich zeichnet sich ein Mangel von 180.000 Pflegefachkräften ab. In ländlichen Gebieten ist der Ärztemangel besonders akut, da junge Menschen verstärkt in der Stadt arbeiten wollen.
Die in der Studie untersuchten Praxisbeispiele zeigen, dass bei knappen medizinischen Ressourcen der Aufbau neuer Versorgungsformen durch Netzwerke besonders hilfreich sein kann. Die dazu nötigen Erfolgsfaktoren für eine bessere Koordination und effiziente Nutzung der verfügbaren Ressourcen lassen sie sich auf andere Regionen in Deutschland übertragen.
„Gesundheitsnetze können die medizinische Versorgung in strukturschwachen Regionen sichern. Besonders erfolgreich sind sie, wenn sie die Koordination einer Managementgesellschaft übertragen, mit nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen arbeitsteilig kooperieren und über eine reibungslose digitale Infrastruktur verfügen“, erklärt Dr. Timm Genett, Geschäftsführer Politik beim PKV-Verband. „Dauerhaft werden Gesundheitsnetze Versorgungslücken auf dem Land nur schließen können, wenn die lokalen Gesundheitsberufe entsprechende rechtliche und finanzielle Spielräume bekommen. Die Politik muss lokale Lösungen ermöglichen. Bundeseinheitliche Parallelstrukturen brauchen wir dagegen nicht.“
Derzeit indes – so Dr. Hannes Schlieter – erreichen Gesundheitsnetze zu selten die Phase der „Verstetigung“: "Bei den bestehenden rechtlichen und finanziellen Hürden verdanken sich Netzwerke meist dem großen persönlichen Engagement ihrer Gründer und drohen ohne dieses auszulaufen.“
Die Studie will nicht nur einen Beitrag zur versorgungspolitischen Debatte leisten, sondern Akteurinnen und Akteuren vor Ort Impulse geben. Dafür wird mit der Website www.neue-gesundheitsnetze.de auch eine interaktive Plattform für den Ideenaustausch bereitgestellt. Hier können die Nutzer weitere Beispiele für innovative und ressourceneffiziente Gesundheitsnetze einbringen.
Die wissenschaftliche Studie hat folgende Praxisbeispiele aus Deutschland näher untersucht:
- Gesundheitszentrum Büsum
- Ärztenetz Eutin-Malente (ÄNEM)
- HaffNet, das Ärztenetz am Stettiner Haff
- Prosper/proGesund – Modell der Knappschaft
- ParkinsonNetzwerk Ostsachsen (PANOS)
- Unternehmung Gesundheit Hochfranken (UGHO)
- Das Gesunde Kinzigtal