Inwiefern sind die hohen Beitragssätze ungerecht?
In unseren umlagefinanzierten Sozialsystemen müsen die laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben decken – und bei der Kranken- wie der Pflegeversicherung steigen die Ausgaben mit dem Alter, vor allem in der Nacherwerbsphase, stark. Dieses Verfahren belastet die aktive Generation, weil es – vereinfachend gesagt – so viele Alte gibt. Im aktuellen demografischen Alterungsprozess verschärft sich das noch: Zusätzlich zu der normalen Unterstützung der Alten durch die Jungen belasten wir in dem Übergang, in dem wir gerade stehen, zukünftige Generationen viel, viel stärker als jede frühere. Gleichzeitig erhalten sie später längst nicht die gleichen Leistungen. Das ist ungerecht – und es vermindert auch die Erwerbschancen dieser Personen. Ihre Arbeitsplätze könnten unter Umständen sogar verschwinden.
Könnten höhere Steuerzuschüsse die Belastungen durch Beiträge abfedern?
Sozialversicherungssysteme brauchen Steuermittel eigentlich nur in dem Maße, wie sie Zusatzaufgaben erfüllen. Darüber, was versicherungsfremde Leistungen sind, wird ja laufend diskutiert – wobei die Definition von dem, was versicherungsfremd ist, nicht so leicht ist. Bei der Krankenversicherung könnte man sicher zum Beispiel über die Leistungen für Empfänger von Bürgergeld reden, die von den Beitragszahlern mitfinanziert werden. Aber im Prinzip geht es da um – ich sage mal – wenige Milliarden Euro im Jahr. Wenn wir die Beitragssatzsteigerungen vermeiden wollten, die sich aus demografischen Gründen abzeichnen, bräuchten wir zig Milliarden im Jahr. Nicht im ersten Jahr, aber nach 5, nach 10, nach 15 Jahren. Denn dieser demografische Alterungsprozess entfaltet sich über 15 Jahre – und wird sich nicht zurückbilden. Die Situation bleibt also auf Dauer schwierig. Die Lücke können wir nicht mit Steuermitteln stopfen, das geht einfach nicht.