Interview 13. November 2023

Privatversicherte können sich ihren Gesundheitsschutz individuell zusammenstellen – nicht nur zu Vertragsbeginn: Das gesetzliche Tarifwechselrecht macht Anpassungen auch später noch jederzeit möglich. Die Tarifwechsel-Leitlinien des PKV-Verbands setzen dieses Recht versichertenfreundlich um.

Heike Ruthenberg ist im PKV-Verband zuständig für Verbraucherthemen

Wie der Tarifwechsel funktioniert, erläutert Heike Ruthenberg im Interview. Sie ist im PKV-Verband zuständig für Verbraucherthemen und betreut das Serviceportal privat-patienten.de.

Frau Ruthenberg, was veranlasst Versicherte überhaupt zu einem Tarifwechsel?

Im Wesentlichen gibt es dafür zwei Motive: Da ist zum einen der Wunsch nach zusätzlichen Leistungen. Ein gutes Beispiel dafür sind junge Selbstständige, die ihre laufenden Kosten während der Existenzgründung möglichst klein halten wollen und sich deshalb auch bei der Krankenversicherung zunächst etwas zurückhalten. Wenn dann die Geschäfte in Gang gekommen sind, möchten diese Versicherten ihren Schutz oft aufstocken –weil sie die größtmögliche Gewissheit haben möchten, im Krankheitsfall optimal versorgt zu werden und somit schnell wieder auf die Beine und zurück in ihr Unternehmen zu kommen. 

Die zweite Gruppe der Tarifwechsler geht quasi den umgekehrten Weg: Sie möchten ihren Versicherungsschutz zumindest zeitweilig verringern, weil bei ihnen die Höhe der zu zahlenden Prämie im Zentrum der Überlegungen steht. Wenn etwa die Geschäfte einmal weniger gut laufen oder wenn die Altersbezüge nicht so üppig ausfallen wie ursprünglich angenommen, dann bringt der Wechsel in einen weniger leistungsstarken Tarif finanzielle Entlastung.

Stichwort Prämie: Gehen eigentlich, wenn wie jetzt zum Jahreswechsel in einigen Tarifen die Beiträge erhöht werden, bei den Unternehmen verstärkt Wechselanträge ein?

Zunächst einmal ist es so, dass die meisten Versicherten diese gelegentlichen Anpassungen ganz gut einzuordnen wissen. Zwar können die Erhöhungen in der PKV wegen der gesetzlichen Kalkulationsvorschriften auch schon mal im zweistelligen Prozentbereich liegen, dem sind dann aber in der Regel mehrere stabile Jahre vorausgegangen. Auf lange Sicht jedenfalls steigen die Beiträge in der PKV pro Kopf ähnlich oder sogar etwas weniger stark als bei den gesetzlichen Krankenkassen. Das ist den meisten Privatversicherten bewusst. Und sie wissen, dass ihr Beitrag auch nach einer Erhöhung meist noch niedriger ist als der, den sie in der GKV zahlen müssten.

Gleichwohl nehmen die Tarifwechsel-Anfragen nach Beitragsanpassungen meist etwas zu. Das hängt auch damit zusammen, dass die Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet sind, vor allem ihre älteren Versicherten mit gleicher Post auf konkrete Tarifwechselmöglichkeiten hinzuweisen. Das löst natürlich entsprechende Nachfragen aus.

Welche weiteren Rechte haben Versicherte beim Tarifwechsel – und was leisten in diesem Zusammenhang die Leitlinien des PKV-Verbands? 

Der wichtigste Anspruch der Versicherten besteht darin, jederzeit und unter voller Anrechnung ihrer Alterungsrückstellungen in andere gleichartige Tarife ihres Versicherers zu wechseln. Eine neuerliche Gesundheitsprüfung ist dabei – wenn überhaupt – nur für solche Leistungen des neuen Tarifs erforderlich, die umfangreicher sind als im alten Tarif.  

Um diese Wahlfreiheit zwischen Tarifen mit Leistungs- und Preisunterschieden kompetent ausüben zu können, brauchen die Versicherten eine qualifizierte Beratung, die sich an ihren Wünschen und Bedürfnissen orientiert und die ihnen entsprechende Tarifalternativen transparent aufzeigt. Unsere Leitlinien regeln und gewährleisten diese Beratung, die für die Versicherten selbstverständlich kostenfrei ist. 

Diese Beratung gibt es ja auch von externen Dienstleistern, auf deren Angebote man zum Beispiel im Internet stößt. Was sagen Sie dazu?

Diese Dienstleistung ist – anders als die Beratung der Versicherungsunternehmen oder ihrer Vermittler – nicht kostenfrei und sie birgt für die Versicherten durchaus Gefahren. Denn in der Regel arbeiten diese selbsternannten „Tarifoptimierer“ mit einem Honorarmodell auf Basis der eingesparten Beiträge. Das heißt im Klartext: Je stärker sie den Versicherungsschutz zusammenstreichen, desto mehr verdienen die Berater daran. Da ist natürlich Vorsicht geboten. Denn oft orientiert sich diese Art "Beratung" nicht an den Bedürfnissen der Versicherten nach passgenauem Schutz im Krankheitsfall, was fatale Folgen haben kann.

Dagegen gewährleisten die PKV-Leitlinien eine Beratung im wohlverstandenen Eigeninteresse der Versicherten: Diese sollten nämlich stets genau prüfen, welche Leistungen für sie wirklich verzichtbar sind und welche ihnen auch zukünftig notwendig erscheinen. Dabei kann sich durchaus herausstellen, dass es besser ist, auf kurzfristige Beitragssenkungen zu verzichten, um langfristig das bestehende Leistungsniveau zu erhalten oder auszubauen. Wer also ernstlich über einen Tarifwechsel nachdenkt, sollte darüber zuallererst mit seiner privaten Krankenversicherung oder deren Vermittlern unmittelbar sprechen.