Meldung 01. Februar 2022

Mit ihrem Dermatologie-Start-up Formel Skin bietet die Hautärztin Dr. Sarah Bechstein eine Kombination aus ärztlicher Betreuung per Telemedizin und individuell hergestellten Produkten. Der PKV-Fonds Heal Capital investierte jetzt in das Berliner Unternehmen.

Frau Bechstein, Sie sind Dermatologin, haben in renommierten Kliniken und Praxen gearbeitet. Was hat Sie dazu gebracht, mit Formel Formel Skin ein Healthtech-Start-up zu gründen?

Die Motivation für Formel Skin geht letztlich auf meine persönliche Geschichte zurück: Als Teenager habe ich sehr unter Akne und Unreinheiten gelitten. Das hat aber auch dazu geführt, dass ich mich stark mit der Haut auseinandergesetzt und schließlich Medizin studiert habe. Mit der Pille habe ich meine Hautprobleme zwar in den Griff bekommen – aber als ich sie nach zehn Jahren abgesetzt habe, kamen die Unreinheiten zurück.

Und Sie wussten als Hautärztin nicht, was Sie machen sollten?

Ja, das klingt paradox. Obwohl ich das Wissen hatte und mir alle Medikamente kaufen konnte, hat mir nichts richtig geholfen. Zu dem Zeitpunkt habe ich eine Akne-Sprechstunde an der Berliner Charité betreut. Das war besonders unangenehm, hier schauen natürlich alle auf die Haut. Meine damalige Oberärztin hat mich dann mit einer Individualrezeptur behandelt. Sie ist jetzt auch in unserem Medizinischen Beirat bei Formel Skin.

Das hat funktioniert?

Ja. Der Vorteil von Individualrezepturen ist, dass man viel besser Inhaltsstoffe kombinieren und die Konzentrationen dosieren kann. Die meisten Arzneimittel in der Akne-Therapie sind eigentlich für Menschen mit mittelschwerer bis schwerer Akne. Sie sind viel zu aggressiv für Patientinnen und Patienten mit leichten Unreinheiten. Und da ich meine Ärztin jeden Tag gesehen habe, konnte ich ihr auch viele Fragen stellen, was ich sonst noch beachten sollte, zum Beispiel bei der Ernährung und Hygiene. Da habe ich gemerkt: Das ist die Behandlung, die man braucht.

Dr. Sarah Bechstein gründete Formel Skin Ende 2019 gemeinsam mit Anton Kononov und Florian Semler. Seit Juni 2020 ist das Start-up am Markt.

Wie setzen Sie diese Erkenntnis bei Formel Skin um?

Wir bieten eine Kombination von enger ärztlicher Betreuung per Telemedizin und individuell hergestellten Hautpflegeprodukten an, die wir den Patientinnen und Patienten monatlich nach Hause schicken. Ich bin davon überzeugt, dass der kontinuierliche Austausch mit dem Arzt sehr wichtig ist. Wir wissen mittlerweile, dass eines der Hauptprobleme in der Therapie von chronischen Hauterkrankungen die mangelnde Patienten-Compliance ist. Entweder verwenden sie die verschriebenen Arzneimittel nicht, die Medikamente werden nicht angepasst – oder sie bekommen gar nicht erst einen Termin beim Facharzt. Bei Formel Skin können die Patienten jederzeit mit ihrem behandelnden Arzt in Kontakt treten. Alle drei Wochen machen wir einen sogenannten Check-in, bei dem sie Bilder ihrer Haut mit dem Smartphone hochladen. Anhand dessen passen wir die Rezeptur der Produkte nach Bedarf an.

Ist das für Sie die Behandlung der Zukunft?

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich die Medizin in den nächsten zehn Jahren verändern wird: Der persönliche Arztkontakt wird wirklich nur noch bei notwendigen körperlichen Untersuchungen stattfinden. Gerade im Bereich der chronischen Erkrankungen hat die digitale Behandlung sehr viele Vorteile – sowohl für die Ärztinnen und Ärzte als auch für die Patienten.

Können sich Ihre Patientinnen und Patienten die Behandlungskosten erstatten lassen?

Wir wollen allen Versicherten ein Angebot machen. Derzeit arbeiten wir rein privatärztlich und rechnen die Behandlung direkt mit unseren Patientinnen und Patienten ab. Für die erstattungsfähigen Arzneimittel stellen wir Privatrezepte aus. Privatversicherte können die Behandlungskosten und das Rezept je nach Tarif bei ihrer privaten Krankenversicherung einreichen.

In einer Series-A-Finanzierungsrunde hat Formel Skin jüngst 30 Millionen Euro Kapital eingesammelt – beteiligt ist auch der deutsche Healthtech-Fonds Heal Capital. Was bedeutet dieses Investment für Sie?

Wir hatten bei Formel Skin oft das Problem, als Kosmetik-Firma wahrgenommen zu werden. Davon distanzieren wir uns ganz klar: Wir sind ein medizinisches Start-up, wir behandeln Hauterkrankungen wie Rosacea und Akne und nutzen dafür die Telemedizin. Heal Capital hat das von Beginn an erkannt. Nicht zuletzt deshalb sind wir für die Zusammenarbeit sehr dankbar.  Heal ist einer der, wenn nicht sogar der führende Health Investor in Europa, deshalb sind wir sehr stolz Heal Capital mit an Bord zu haben.

Was haben Sie mit dem Geld vor?

Deutschland ist unser Heimatmarkt, wir wollen hier weiter wachsen. Geplant ist aber auch eine Internationalisierung – und wir möchten die Behandlung weiterer Hauterkrankungen anbieten. Unsere Vision ist es, die online-dermatologische Plattform zu werden für alle chronischen Hauterkrankungen.

Sie sind ein Medtech-Unternehmen – Ihre Produkte sehen aber weniger nach Medizin als nach Lifestyle aus. Ist das Absicht?

Hauterkrankungen wie Akne sind meist schambehaftet und schränken die Betroffenen stark in ihrer Lebensqualität ein. Medikamente verstärken dieses Gefühl: Wer möchte schon in der Apotheke nach einem Akne-Gel fragen oder es im Fitnessstudio auspacken? Wir haben bei Formel Skin ganz bewusst ein medizinisches, neutrales Branding. Wir kommunizieren nicht die Krankheit, sondern die gesunde Haut.