Meldung 07. Juli 2025

Die Bund-Länder-Kommission für eine große Pflegereform steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Das zeigen aktuelle Daten des Bundesrechnungshofs zum Defizit der gesetzlichen Pflegeversicherung einmal mehr. Dabei wird immer deutlicher: Ohne mehr Eigenverantwortung wird es nicht gehen.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken will die Pflegeversicherung „in die Kur“ schicken, wie sie in diesen Tagen sagte. Doch mit einem Luftwechsel, etwas Sommerfrische und leichten Aktivitäten, ist es nicht getan. Denn die finanzielle Lage der Sozialen Pflegeversicherung ist dramatisch. Gerade hat der Bundesrechnungshof mitgeteilt, dass das Defizit höher ist als bislang angenommen. Gut 12 Milliarden Euro wird das Minus demnach bis 2029 betragen. Um die Pflege wieder fit zu machen, braucht es daher gezielte Maßnahmen und tiefgreifende Reformen. Die Bund-Länder-Kommission, die in diesen Tagen startet, hat nun die Chance dazu.

„Die Bundesregierung muss jetzt den Mut aufbringen, Eigenverantwortung zu stärken und private Vorsorge zu fördern. Nur so kann die Pflegeversicherung stabilisiert und auf den demografischen Wandel vorbereitet werden “, sagt Florian Reuther, Verbandsdirektor der Privaten Krankenversicherung. „Ein weiterer Ausbau der Leistungen im Umlagesystem der sozialen Pflegeversicherung ist finanzpolitisch nicht tragbar. Wer die Pflege für die kommenden Generationen sichern will, darf nicht länger Geld mit der Gießkanne verteilen.“

Wie eine Reform gelingen kann, die die Pflege zukunftsfest macht, hat der PKV-Verband in einem 10-Punkte-Plan formuliert. Neben der Finanzierung enthält dieser auch Vorschläge im Leistungsbereich. Florian Reuther: „Milliardenschwere Fehlsteuerungen, wie die Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile oder die teuren Zusatzleistungen für Pflegegrad 1, müssen dringend auf den Prüfstand. Das Gebot der Stunde ist eine konsequente Ausrichtung der Ausgaben an die Einnahmen – alles andere wäre gegenüber jungen Beitragszahlern und Arbeitgebern nicht verantwortbar."

Expertenrat: Pflegegrade überprüfen

Auch die Bund-Länder-Kommission soll laut Koalitionsvertrag den Leistungsumfang der gesetzlichen Pflegeversicherung überprüfen. Unterstützung erfährt dieser Auftrag vom Experten-Rat “Pflegefinanzen” unter Vorsitz des Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen. Eine aktuelle Stellungnahme des Rats befasst sich etwa eingehend mit dem Pflegegrad 1 und schlägt vor, diesen auszusetzen. Denn diese Pflegestufe adressiere nicht den Kern der Pflegebedürftigkeit. Statt einer leichten Schmälerung der persönlichen Selbstständigkeit finanziell vorzubeugen, müsse sich die Pflegeversicherung laut Wasem „auf das Notwendige beschränken“. 

Eigenverantwortung stärken

Die Kernbotschaft des Experten-Rats bleibt indes die Einführung einer obligatorischen Pflege-Plus-Versicherung, mit der die pflegerischen Eigenanteile im stationären Bereich weitgehend abgedeckt werden können. In diese Richtung soll auch die Kommission denken: Gesundheitsministerin Warken erklärte im ZDF-Morgenmagazin: Anreize für die private Vorsorge seien ein wichtiger Ansatz, der weiterverfolgt werden sollte - "vielleicht auch mit einer Verpflichtung." Für sie seien private Ergänzungen in der Pflegevorsorge dringend notwendig, um das Solidarsystem zukunftsfest zu gestalten. Warken: “Das ist ein Punkt, den die Kommission beleuchten wird.”

Forderungen der Arbeitgeber

Eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung fordert gleichfalls die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Um Sozialbeiträge einzuhegen und Unternehmen sowie Beschäftigte nicht noch stärker zu belasten, appelliert sie die Politik etwa dazu auf, im ersten Pflegejahr keine größeren Leistungsansprüche zu gewähren. Und vergleichbar mit der Rentenversicherung solle das System der Pflege um einen „Nachhaltigkeitsfaktor“ ergänzt werden.

Deutlich wird, dass die Politik  intervenieren muss, damit die Pflege Zukunft hat. Sie muss zügig handeln, bevor die soziale Pflegeversicherung, 30 Jahre nach ihrer Einführung, selbst zum Pflegefall wird.