Seit Anfang des Jahres verbreitet sich das E-Rezept schnell; die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens im Alltag ist spürbar. Die „ePA für alle“ steht in den Startlöchern. Was bedeutet das für die PKV? Details gibt es von Sandra Weber und Laura Fenger aus dem E-Health-Referat des PKV-Verbandes.
Ärztinnen und Ärzte sind seit Anfang des Jahres verpflichtet, elektronische Rezepte im Rahmen der Regelversorgung auszustellen. Wie ist die bisherige Bilanz?
Sandra Weber: Die Bilanz kann sich sehen lassen. Mit der Pflicht zur Ausstellung für gesetzlich Versicherte sind die Nutzerzahlen nach oben geschnellt. 180 Millionen E-Rezepte wurden in den ersten vier Monaten eingelöst. Laut Apothekervereinigung ABDA werden mittlerweile über 70 Prozent aller Rezepte elektronisch ausgestellt. Das ist auch für Privatversicherte gut. Denn von einer breiten Akzeptanz profitieren auch sie.
Gutes Stichwort: Wann können denn Privatversicherte das E-Rezept nutzen?
Sandra Weber: Im Prinzip ab sofort! Das E-Rezept gibt es natürlich auch für Privatversicherte. Ein erstes PKV-Unternehmen bietet es seinen Versicherten bereits an und erste Praxen stellen E-Rezepte für Privatversicherte aus. Sobald weitere Unternehmen hinzukommen und mehr Praxen und Apotheken die notwendigen Software-Updates für ihre Systeme erhalten haben, wird die Verbreitung deutlich zunehmen.
Heißt das, das E-Rezept wird Standard für alle Privatversicherten?
Sandra Weber: In der PKV bleibt das E-Rezept freiwillig. Jedes Unternehmen entscheidet, wann es das E-Rezept einführt. Und die Privatversicherten können wählen, ob sie es nutzen wollen. Allerdings sind wir vom Mehrwert des elektronischen Rezepts für die Versicherten absolut überzeugt – daher gehen wir davon aus, dass es sich als Standard am Markt durchsetzen wird. Schon heute fragen immer mehr Privatversicherte, wann sie von diesen Vorteilen profitieren. Wer kein Smartphone hat oder kein E-Rezept nutzen möchte, kann aber natürlich weiterhin die Papier-Variante erhalten.
Den Versicherten bietet das E-Rezept mehr Komfort und spart Zeit und Wege – hat es auch Vorteile aus Sicht der Krankenversicherer?
Sandra Weber: Mit dem E-Rezept gehören handschriftlich ausgefüllte und ergänzte Arzneimittelverordnungen der Vergangenheit an. Die Krankenversicherer erhalten erstmals die Möglichkeit, Verordnungsdaten strukturiert zu verarbeiten. Darüber hinaus spart das E-Rezept den Versicherten nicht nur Zeit und Wege, sondern ermöglicht die volldigitale Verwaltung von Verordnungen bis hin zur Abrechnung beim Versicherer. Dieser Effizienzgewinn reduziert die Kosten – und beschleunigt die Prozesse.
Fügt sich das E-Rezept in weitere digitale Gesundheitsservices ein?
Sandra Weber: Das E-Rezept ist die Grundlage für ein attraktives Versorgungsangebot für Versicherte. So sollen ab 2025 Daten aus dem E-Rezept in die elektronische Patientenakte (ePA) laufen und dort als Medikationsliste angezeigt werden. Diese dient dem persönlichen Überblick, unterstützt aber auch Ärztinnen und Ärzte bei sicheren Verschreibungen. Darauf aufbauend sollen dann in einem nächsten Schritt der elektronische Medikationsplan sowie weitere Funktionen zur Arzneimitteltherapiesicherheit folgen.
Wir sind vom Mehrwert des E-Rezepts für die Versicherten absolut überzeugt.
Der Gesetzgeber hat für 2025 die „ePA für alle“ angekündigt. Sind Privatversicherte hier inbegriffen?
Laura Fenger: Mit der „ePA für alle” soll die elektronische Patientenakte flächendeckend in der Versorgung ankommen. Für alle gesetzlich Versicherten wird sie automatisch eingerichtet, wenn diese nicht widersprechen. Private Krankenversicherungen dürfen ihren Versicherten die
„ePA für alle“ nach den gleichen Regeln wie in der GKV ebenfalls anbieten; einige Unternehmen sind bereits gestartet. Sie werden aber – anders als die gesetzlichen Krankenkassen – nicht dazu verpflichtet.
Welche weiteren Änderungen bringt das im Februar 2024 verabschiedete Digitalgesetz für die PKV-Branche mit sich?
Laura Fenger: Versicherungsunternehmen erhalten die Möglichkeit, die E-Rezept-Funktionalität direkt in ihrer ePA-App anzubieten. So kann ein attraktives Gesamtpaket entstehen, Versicherte müssen nicht mehr zwischen verschiedenen Apps wechseln. Neu ist auch, dass die für die PKV besonders relevante E-Rechnung als Anwendung der Telematikinfrastruktur im Gesetz steht.
Voraussetzung für die Nutzung von ePA und E-Rezept ist der Online-Check-in. Worum handelt es sich dabei?
Laura Fenger: Der Online-Check-in ist ein Prozess, der Versicherten eine sichere digitale Übermittlung ihrer Krankenversichertennummer – kurz KVNR – an Praxen ermöglicht. Nur mit der KVNR können Praxen E-Rezepte ausstellen und auf die elektronische Patientenakte zugreifen. Deshalb ist es so wichtig, dass Unternehmen ihren Versicherten das Verfahren parallel zur Nutzung von ePA und E-Rezept anbieten.
Sie haben den Online-Check-in im vergangenen Jahr erstmals auf der Digitalmesse DMEA präsentiert. Was hat sich seitdem getan?
Laura Fenger: Seit dem Start 2023 können erste Versicherte die Funktion nutzen, auch einige Praxissysteme unterstützen den Online-Check-in bereits. Damit sich der Prozess etabliert, ist es wichtig, dass mehr Versicherer diese Funktion anbieten. Gleichzeitig arbeiten wir daran, dass weitere Praxissysteme den Online-Check-in unterstützen.
Der PKV-Verband setzt sich dafür ein, dass die Versicherer ihren Versicherten die KVNR zuteilen dürfen. Warum?
Laura Fenger: Die Krankenversichertennummer gewinnt im Gesundheitssystem immer mehr Relevanz: Sie ist nicht nur Voraussetzung, um TI-Anwendungen wie das E-Rezept und die elektronische Patientenakte zu nutzen, sondern wird künftig auch für Meldungen an das Implantateregister benötigt. Dennoch dürfen Krankenversichertennummern aktuell nur aufwendig mit Zustimmung jedes einzelnen Versicherten vergeben werden. Das möchten wir ändern.
Welche weitere Entwicklung erwarten Sie bei den E-Health-Anwendungen in der PKV?
Sandra Weber: Das Jahr 2025 steht ganz im Zeichen des Roll-outs der TI-Anwendungen für Privatversicherte sowie der Einführung der „ePA für alle“. Hinzukommen wird der TI-Messenger, über den Versicherte sicher mit Leistungserbringern und ihrer Krankenversicherung kommunizieren können. Es wird also spannend in Sachen E-Health. Gemeinsam arbeiten wir weiter mit Hochdruck daran, diese Vorteile für alle Privatversicherten nutzbar zu machen.