Private Vorsorge eine ergänzende Säule
Entlastung der Jüngeren, faire Kostenverteilung unter den Generationen? Aus der Politik kämen andere Signale, führte Dr. Genett aus. Die Leistungen der Pflegeversicherung würden nach und nach ausgebaut, die Eigenanteile an den Pflegekosten versucht zu begrenzen. Denn steigende Pflegekosten, so die Begründung, würden Altersarmut befördern. Die Daten zeigten jedoch ein anderes Bild, stellte Genett fest. Die Zahl der Bezieher von „Hilfe zur Pflege“ sei seit Einführung der Pflegepflichtversicherung rückläufig. Und auch die Vermögensituation unter den Rentnern wäre weitaus besser als angenommen, wie eine aktuelle Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Dieser zufolge könnten 67 Prozent aller Rentnerhaushalte aus Vermögen und Einkommen einen fünfjährigen Aufenthalt in einem Pflegeheim zahlen.
Wie könnte eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung aussehen? „Mit Steuermitteln kann man nicht ewig draufsatteln,“ gab Prof. Werding zu Bedenken. Auch Beitragssteigerungen seien nicht beliebig fortführbar. Werding schlägt stattdessen die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors in der SPV vor. Daneben sei – gerade weil das Umlageverfahren demografiebedingt an seine Grenzen komme – eine private, kapitalgedeckte Vorsorge notwendig.
Den größten Hebel für die kapitalgedeckte Vorsorge sieht Prof. Werding in der Entwicklung des Arbeitsmarkts. Im Wettbewerb um die besten Fachkräfte könnten Arbeitgeber Pflegezusatzversicherungen anbieten, die im Pflegefall die Eigenanteile zahle, die nicht von der Pflegeversicherung abgedeckt sind. Wie das aussehen könne, zeige der aktuelle Tarifabschluss in der Chemiebranche. Mit einem Schlag seien sechshunderttausend Mitarbeiter der Chemiebranche mit einer Zusatzversicherung ausgestattet, die sie im Pflegefall absichert. Das sei ein erstes Beispiel dafür, wie die Pflegeversicherung nachhaltig und generationengerecht finanziert werden können.