Stellungnahme 27. Mai 2020

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der
Telematikinfrastruktur (PDSG) anlässlich der öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages 27. Mai 2020

I. Vorbemerkung

Der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutzgesetz-PDSG) leitet die nächste regulatorische Etappe in der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ein. Mit ihm nehmen die Telematikinfrastruktur (TI) und die elektronische Patientenakte (ePA) als Schlüsseltechnologie zur Implementierung von ‚eHealth‘ in der medizinischen Grundversorgung immer konkretere Gestalt an. Besonders die datenschutzrechtlichen Festlegungen und Schärfungen sind wichtig, um eine breite Akzeptanz der Digitalisierung des Gesundheitswesens in der Bevölkerung zu gewinnen.

Insofern die ePA ebenso wie digitale Gesundheitsanwendungen (diGA) Bestandteil der medizinischen Grundversorgung werden, ist es indes unabdingbar, dass alle Versicherten hierzu einen diskriminierungsfreien Zugang erhalten. Dies entspricht auch dem erklärten Willen sowohl der Bundesregierung als auch des Bundesrates (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Digitale-Versorgung-Gesetz vom 20.09.2019 sowie die Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu vom 25.09.2019): Demnach sollen künftig alle Patientinnen und Patienten von den Anwendungen der TI, wie der ePA, profitieren können. Hierzu „sollte sichergestellt werden, dass nicht nur der GKV-Bereich abgedeckt wird, sondern auch der PKV-Bereich“ (vgl. Bundesratsdrucksache 360/19). Diesem Zielbild der Einbeziehung sämtlicher Versichertengruppen in die TI als Bedingung der Möglichkeit ihrer Teilhabe an eHealth als Teil der medizinischen Grundversorgung folgend, müssen PKV-Spezifika zwingend berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang sollte eine gesetzliche Klarstellung erfolgen, dass PKV-Spezifika abzubilden sind und die konkrete Gestaltung innerhalb der Gesellschaft für Telematik (gematik GmbH, kurz: gematik) – auch und gerade in technischer Hinsicht – festzulegen ist. Die PKV wird ihrerseits alle notwendigen technischen Maßnahmen ergreifen, um eine Anbindung ihrer Versicherten zu ermöglichen. Der gesetzliche Auftrag für den Aufbau der TI ist daher im PDSG zu ergänzen, zumal der PKV-Verband der gematik zwischenzeitlich beigetreten ist und den Aufbau und Betrieb der TI als Datenautobahn im Gesundheitswesen mitfinanziert.

Beide Systeme, GKV wie PKV, müssen zudem ihre versorgungsrelevanten systemspezifischen Funktionen im Datenaustauschsystem der TI verankern können. Hierzu zählen im PKV-System neben den Anwendungen GOÄ/GOZ-Abrechnung sowie dem eRezept für Privatversicherte auch Angaben zu brancheneinheitlichen Tarifen (z.B. Basis- und Standardtarif), zur Beihilfeberechtigung, zu Unterkunftswahlleistungen, ärztlichen Wahlleistungen und zur Teilnahme am Klinik-Card-Verfahren – also auch Informationen, die für den reibungslosen Praxisablauf von Ärzten und Krankenhäusern von großer Bedeutung sind.

GKV-Versicherten wird der Anspruch auf Nutzung der Anwendungen der Telematikinfrastruktur, wie etwa die ePA, eingeräumt. Dies geht mit der Verpflichtung der Leistungserbringer einher, Patienten auf deren Wunsch bei der Nutzung der Anwendungen der TI zu unterstützen. Dies muss auch bei der Behandlung Privatversicherter gelten.

Die PKV unterstützt das Ziel, allen Versicherten einen Anspruch auf eine ePA und auf diGA zu geben. Um eine Versorgung aller Privatversicherter rechtlich nicht nur im Einzelfall abzusichern, ist es erforderlich, ePA und diGA als Versicherungsleistungen auch in bestehende Krankenversicherungstarife einzubeziehen. Für eine entsprechende Verankerung in den Tarifbedingungen der PKV ist eine Ergänzung des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) erforderlich.

II. Gsetzentwurf

Die gleichberechtigte Teilhabe aller Versicherten unabhängig von ihrem jeweiligen Versicherungsstatus an der TI im Sinne „eines Netzes für alle“ wird nur gelingen, wenn die spezifischen Belange aller Systembeteiligten berücksichtigt werden, auch die der PKV-Voll- und Zusatzversicherten, der privat Pflegeversicherten sowie der Beihilfeberechtigten.

Bislang hat der Gesetzgeber für die PKV explizit lediglich folgende rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung der TI und deren Anwendungen vorgesehen: die Einführung elektronischer Gesundheitskarten (eGK) sowie die Nutzung der Krankenversicherungsnummer (vgl. § 291 SGB V sowie § 290 SGB V). Die durch das PDSG weiterentwickelten gesetzlichen Grundlagen bieten der PKV – nicht zuletzt über § 362 SGB V-E – die Möglichkeit, ihren Versicherten – auf der Grundlage der eGK – Dienstleistungen im Zusammenhang mit der TI und besonders der ePA anzubieten.

Spätestens seitdem der PKV-Verband am 3. April 2020 Gesellschafter der gematik wurde, wäre es angezeigt, wenn der Gesetzgeber die o.g. Zielsetzung von Bundesregierung und Bundesrat einer gleichberechtigten Einbeziehung aller Versicherten in die TI bekräftigt und der Mitgliedschaft der PKV in der gematik ausdrücklich die Funktion zuweist, die technischen Voraussetzungen hierfür unter Berücksichtigung der PKV-Systemspezifika zu schaffen. Darüber hinaus ist aus Sicht des PKV-Verbandes die Anpassung weiterer im Gesetzesentwurf vorgesehener Regelungen notwendig.

1. Allgemeine Anmerkungen und Regelungserfordernisse

Die PKV sollte in allen notwendigen Bereichen über hinreichende Rechtssicherheit verfügen, um mindestens die gleichen digitalen Angebote wie die GKV anbieten zu können. Dies ist die Voraussetzung für einen Systemwettbewerb auch in der digitalen Gesundheitsversorgung. Dabei dürfte die Möglichkeit der Nutzung folgender use cases für alle Versicherten unverzichtbar sein:

  • die Übermittlung und Verarbeitung ärztlicher Verordnungen von apothekenpflichtigen Arzneimitteln und von Heil- und Hilfsmitteln in elektronischer Form (eRezept bzw. eVerordnung);
  • elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU),
  • digitale Überweisungsscheine,
  • elektronische Notfallpläne,
  • elektronische Medikationspläne (eMedikationsplan),
  • elektronische Arztbriefen (eArztbrief),
  • elektronische Heil- und Kostenpläne,
  • elektronisches Versichertenstammdatenmanagement.

Diese Services sollten nach brancheneinheitlichen Standards über die TI abgewickelt werden, welche allerdings auch die Besonderheiten der PKV berücksichtigen müssen:

  • von der GKV abweichende Formulare, zum Beispiel zu Angaben zum Versicherten, etwa zu Versicherungsumfang oder Beihilfeberechtigung, für das eRezept und die eVerordnung,
  • elektronische Abwicklung von Abrechnungen der Leistungserbringer nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) (eArztabrechnung),
  • Besonderheiten im Hinblick auf das Kostenerstattungsverfahren der PKV und der Beihilfe und
  • Zugriff der PKV-Unternehmen auf die eAU.

Dazu ist auch eine Berücksichtigung von PKV-Spezifika für den Datensatz der eGK (§ 291a Abs. 3 SGB V-E) erforderlich:

  • Angaben zu brancheneinheitlichen Tarifen,
  • Angaben zur Beihilfeberechtigung,
  • Angaben zu Unterkunftswahlleistungen,
  • Angaben zu ärztlichen Wahlleistungen und
  • Angaben zur Teilnahme am Klinik-Card-Verfahren.

Der Gesetzgeber sollte klarstellen und regeln, dass PKV-Spezifika in der TI abzubilden sind.

Mit Blick auf die Weiterentwicklung der TI schließt sich die PKV dem Zielbild vieler weiterer gesundheitspolitischer Akteure an, die TI und damit auch die ePA von hardware-gebundener Technik (insb. Kartenterminals und Konnektoren im Zusammenspiel mit der eGK) zu lösen und den Versicherten die ePA-Services beispielsweise mittels eines BSI-zertifizierten Verfahrens über die kontaktlosen Schnittstellen von Mobilfunkgeräten zugänglich zu machen. Dies ist nicht nur aus Kostengesichtspunkten geboten, sondern entspricht auch der Erwartungshaltung der Versicherten.

Ein weiteres wesentliches Regelungsbedürfnis ergibt sich in praktischer Hinsicht aus der Notwendigkeit, dass möglichst alle Beteiligten in der Versorgung am digitalen Austausch von Informationen teilnehmen. Um die Nutzung der ePA in der Praxis sicherzustellen, sieht das PDSG an verschiedenen Stellen Unterstützungs- und Mitwirkungsverpflichtungen durch die Leistungserbringer vor (vgl. bspw. §§ 346 ff. SGB V-E). Dieses Bedürfnis besteht im gleichen Maße für die PKV-Versicherten und sollte entsprechend gesetzlich geregelt sein. So ist sicherzustellen, dass Privatversicherte bei der Nutzung von Anwendungen der TI dieselbe Anwendungssicherheit wie GKV-Versicherte haben: Hierzu muss eine dem GKV-Bereich vergleichbare Verpflichtung der Leistungserbringer zur patientenwunschgemäßen Nutzung der Anwendungen für den PKV-Bereich gesetzlich verankert werden.

Wenn hier von systemspezifischen Besonderheiten die Rede ist, geht es nicht nur um die der PKV: besondere praktische, technische und rechtliche Erfordernisse ergeben sich auch bei der Einbeziehung der Beihilfeberechtigten in die ePA bzw. die TI. Dies muss bei der weiteren Ausgestaltung der eHealth-Infrastruktur berücksichtigt werden. Vorbehaltlich entsprechender Stellungnahmen der Beihilfeträger gehen wir davon aus, dass eine Vielzahl der dort zu gestaltenden Themenfelder mit den von uns adressierten Aspekten deckungsgleich ist.

Insbesondere für die GKV ergreift der Gesetzentwurf verschiedene Maßnahmen zur Regelung der erforderlichen Datenverarbeitung in der TI. Für die Nutzung der Anwendungen und Services der TI in der PKV ist es erforderlich, dass die für die GKV vorgesehenen datenschutzrechtlichen Grundlagen im PKV-erforderlichen Umfang auch für die PKV-Unternehmen bzw. deren Versicherte gelten. Den im Kabinettsentwurf in § 362 SGB V-E neu aufgenommenen Verweis auf die Regelung des § 344 SGB V-E begrüßen wir insoweit sehr. Ergänzend hierzu regen wir die Schaffung hinreichender datenschutzrechtlicher Regelungen für die Nutzung der Anwendungen der TI in der PKV in Bezug auf alle relevanten Datenaustauschverhältnisse an. Die Regelung zur Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung (vgl. § 307 SGB V-E) sollte dabei auch die entsprechenden PKV-Prozesse bzw. PKV-erheblichen Prozesse betreffen.

2. Konkrete Änderungserfordernisse

Bei der erforderlichen Ergänzung der Anwendung weiterer Bestimmungen aus dem SGB V auf die PKV im Siebten Titel im Elften Kapitel (vgl. § 362 SGB V-E) sind vor allem die nachfolgend aufgeführten Regelungen von Relevanz. Hierbei haben wir chronologisch auch konkrete Besonderheiten aufgeführt, die für die PKV abweichend zu berücksichtigen bzw. zu regeln sind:

Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form:
§§ 86, 86a SGB V-E: Nach diesen Vorschriften vereinbart die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-SV) notwendige Regelungen für die Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form. Um zukünftig im gleichen Sinne auch die PKV-spezifischen Formulare für Rezepte und Überweisungen digital zu standardisieren und deren Eignung für die Verwendung über die TI festzulegen, ist für den PKV-Verband eine analoge gesetzliche Regelungsbefugnis erforderlich.

  • Petitum: Schaffung einer gesetzlichen Vereinbarungskompetenz für die KBV und den PKV-Verband zur Festlegung notwendiger Regelungen für die Gestaltung und Verwendung von Verordnungen und Überweisungen in elektronischer Form.

Vertrauensstelle: § 290 Abs. 3 SGB V-E: Die Vertrauensstelle nach § 290 Abs. 2 S. 2 SBG V führt ein Verzeichnis der Krankenversichertennummern. Nach § 362 Abs. 2 SGB V-E können die PKV-Unternehmen beim Einsatz der eGK ebenfalls Krankenversichertennummern für ihre Versicherten generieren lassen und nutzen. Da insoweit die Besonderheiten der PKV zu berücksichtigen sind und auch ein tagesaktueller Stand des Verzeichnisses sicherzustellen ist, erscheint es geboten, dass auch der PKV-Verband – im Zusammenwirken mit dem GKV-SV – in den vorgesehenen Festlegungsprozess eingebunden ist.

  • Petitum: Der GKV-SV sollte zur Vermeidung von Redundanzen das Nähere bei den Krankenversicherungsnummern neben dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auch „im Einvernehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung“ festlegen.

Verknüpfung der Nutzung der Krankenversichertennummer mit der Ausgabe der eGK:Nach § 291a Abs. 1a S. 2 darf die Krankenversichertennummer (KV-Nr.) nach § 290 Abs. 1 Satz 2 durch die Unternehmen der privaten Krankenversicherung nur für den Einsatz der eGK genutzt werden. Da die KV-Nr. als lebenslanges und unveränderbares Identifikationsmerkmal im eHealthkontext genutzt werden soll und diese Nutzung auch unabhängig von der eGK möglich sein muss (z. B. Meldeverfahren mit dem Implantateregister usw.), ist die Verknüpfung der KV-Nr. mit der Ausgabe der eGK nicht für jede Anwendung zeitgemäß und sinnvoll.

  • Petitum: In § 291a Abs. 1a S. 2 sollte klargestellt werden, dass Unternehmen der privaten Krankenversicherung die KV-Nr. auch ohne Ausgabe der eGK nutzen können.

Pflichtdatenfelder für eGK: § 291a Abs. 2 SGB V-E: § 291a Abs. 2 SGB V-E enthält eine Auflistung der Pflichtdatenfelder für die eGK. Diese verpflichtenden Standarddatensätze sind bislang verständlicherweise ausschließlich auf die Erfordernisse der GKV ausgerichtet. Um der PKV die in § 362 SGB V-E vorgesehene Nutzung der eGK auch in praktischer Hinsicht zu ermöglichen, sollten die Muss-Datenfelder auch für die PKV geeignet sein. Insbesondere die Daten unter Ziffer 7 und 8 des § 291a Abs. 2 SGB V-E sind für die PKV nicht befüll- und damit nutzbar. Wir schlagen daher vor, diese beiden Datenkategorien unter § 291a Abs. 3 SGB V-E einzugruppieren, welcher die fakultativen Inhalte der eGK regelt. Hierdurch wäre die GKV nicht in ihren Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt und die PKV gleichzeitig in der Lage, ihren Versicherten ebenfalls uneingeschränkt die eGK nach einheitlichen Standards zur Verfügung zu stellen.

  • Petitum: Die Daten unter § 291a Abs. 2 Nr. 7 und 8 SGB V-E sollten in § 291a Abs. 3 SGB V-E eingruppiert werden.

Standarddatensätze: § 291a Abs. 3 SGB V-E: Anknüpfend an vorstehendes Petitum sollten die Standarddatensätze auf der eGK auch die weiteren Spezifika der PKV abbilden können, welche für Privatversicherte erforderlich sind. Hierbei handelt es sich insbesondere um folgende Informationen:

  • Angaben zu brancheneinheitlichen Tarifen
  • Angaben zur Beihilfeberechtigung
  • Angaben zu Unterkunftswahlleistungen
  • Angaben zu ärztlichen Wahlleistungen
  • Angaben zur Teilnahme am Klinik-Card-Verfahren.

Da diese Zusatzinformationen ausschließlich die PKV betreffen, sehen wir die Kann-Datenfelder unter § 291a Abs. 3 SGB V-E als den geeigneten Regelungsort an.

  • Petitum: § 291a Abs. 3 SGB V-E sollte um die vorgenannten Kann-Datenfelder erweitert werden.

Speicherung von Lichtbildern für eGK: § 291a Abs. 6 SGB V-E: § 291a Abs. 6 SGB V-E enthält eine neue und sinnvolle Regelung zur Speicherung des Lichtbildes durch die GKV, durch welche eine Rechtsgrundlage geschaffen wird, damit die Lichtbilder der Versicherten gespeichert werden dürfen. Hierdurch soll der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen für Folgeausstattungen mit eGK reduziert werden. Für die PKV stellt sich die analoge Problematik, sodass auch die PKV eine erforderliche Speicherung vornehmen können sollte. Daher ist eine entsprechende gesetzliche Regelung notwendig, da es andernfalls an einer dauerhaften Speicherbefugnis der PKV-Unternehmen fehlt.

  • Petitum: In § 362 SGB V-E sollte der Bezug aufgenommen werden, dass § 291a Abs. 6 SGB V-E auch für die PKV Anwendung findet.

Telematikinfrastruktur / Gesellschaft für Telematik: § 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 3 SGB V-E sowie § 316 SGB V-E: Am 3. April 2020 hat der PKV-Verband – gemäß den Vorgaben unter § 291b SGB V in der derzeit gültigen Fassung bzw. § 310 SGB V-E – mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter 2,45 % der Anteil an der gematik vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen übernommen. Entsprechend wäre dies insbesondere in § 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 3 SGB V-E zu ergänzen bzw. abzubilden. In diesem Zusammenhang hat der PKV-Verband mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, welcher gemäß § 316 SGB V-E (bislang allein) zur Finanzierung der gematik verpflichtet ist, eine Vereinbarung zur Mitfinanzierung der gematik durch die PKV abgeschlossen, wonach der PKV-Verband dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen einen Teil der Aufwendungen zugunsten der gematik sowie für die Erst- und Folgeausstattung samt Betriebskosten der Leistungserbringer (vgl. §§ 376 ff. SGB V-E) erstattet. Auch dies könnte und sollte Berücksichtigung im Gesetzestext finden.

  • Petitum: Die seit dem 3. April 2020 bestehende Beteiligung des PKV-Verbandes als Gesellschafter und Mitfinanzierer der gematik sollte in § 306 Abs. 1 und § 310 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 3 SGB V-E sowie in § 316 SGB V-E abgebildet werden.

Elektronischer Verzeichnisdienst: § 313 Abs. 1 SGB V-E: Die gematik betreibt den elektronischen Verzeichnisdienst der TI. In dem elektronischen Verzeichnisdienst sind die notwendigen Daten, die für die Suche, Identifikation und Adressierung u.a. von Leistungserbringern erforderlich sind, aufgenommen. Systemgerecht stehen insoweit die vertragsärztlichen Leistungserbringer im Fokus. Es sollte allerdings auch sichergestellt sein, dass rein privatärztlich abrechnende Leistungserbringer in das Verzeichnis aufgenommen werden können, damit auch diese in die TI eingebunden werden können.

  • Petitum: Es sollte zumindest in der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass unter dem Begriff Leistungserbringer auch die rein privatärztlich abrechnenden Leistungserbringer erfasst werden, sodass diese ebenfalls in das Verzeichnis aufgenommen werden können.

Datenspeicherung: § 341 Abs. 2 Nr. 7 SGB V-E: Nach Nummer 7 von § 341 Abs. 2 SGB V-E sollen auch Daten des Versicherten in der ePA gespeichert werden können, die derzeit in elektronischen Akten nach § 68 SGB V gespeichert werden. Hierdurch soll für Versicherte, die bisher eine entsprechende Gesundheitsakte nutzen, eine Datenkontinuität in der ePA sichergestellt werden. Da PKV-Unternehmen bereits heute ihren Versicherten elektronische Gesundheitsakten (eGA) zur Verfügung stellen, wäre es sinnvoll und geboten, dass auch bereits vorhandene Datensätze, Informationen und Anwendungen in die ePA übertragen werden können, um nicht zuletzt eine Redundanz der digitalen Angebote zu vermeiden, dabei gleichzeitig die ePA als Kernelement in der Gesundheitsversorgung zu stärken und auch bezüglich der Privatversicherten eine Datenkontinuität in der ePA sicherzustellen. Gleichzeitig sollte aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass – selbstverständlich nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Versicherten – in die bestehenden eGA auch Daten und Informationen aus der ePA fließen können.

  • Petitum: Es sollte in § 341 Abs. 2 Nr. 7 SGB V-E klargestellt bzw. ergänzt werden, dass in die ePA auch Daten aus eGA der PKV integriert werden können. Gleichzeitig sollte aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass mit ausdrücklicher Einwilligung der Versicherten zukünftig auch Daten und Informationen aus der ePA in die bestehenden PKV-eGA übernommen werden können.

Elektronische Abwicklung von Abrechnungen: § 341 Abs. 2 Nr. 13 SGB V-E: Die Abrechnungen medizinischer Leistungen der Leistungserbringer nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) erfolgen in der PKV im Regelfall noch durch papiergebundene Rechnungsstellungen. Ziel einer umfassenden Digitalisierung des Gesundheitswesens in Gänze sollte es sein, dass diese „analoge“ Praxis ebenfalls perspektivisch über die TI abgewickelt werden kann („eArztabrechnung“). Entsprechend sollte die Möglichkeit der elektronischen Abwicklung von Abrechnungen der Leistungserbringer bei der Gestaltung der ePA berücksichtigt werden. In § 341 Abs. 2 Nr. 13 SGB V-E sind als potentielle Dateninhalte für die ePA auch „sonstige von den Leistungserbringern für die Versicherten bereitgestellte Daten“ vorgesehen. Darunter können auch die eArztabrechnungen verstanden werden. Allerdings wäre insoweit eine redaktionelle Klarstellung wünschenswert. Noch wichtiger ist es jedoch, dass die gematik die eArztabrechnungen bei ihren (zukünftigen) technischen Konzeptionierungen berücksichtigt.

  • Petitum: In § 341 Abs. 2 Nr. 13 SGB V-E sollte (klarstellend) vorgesehen werden, dass auch eArztabrechnungen Inhalt der ePA sein können.

Datenverfügbarkeit: § 345 SGB V-E: Die PKV strebt an, ihren Versicherten im Rahmen der ePA ebenso wie die GKV zusätzlich zu den von der gematik originär zur Verfügung gestellten Anwendungen und Inhalten auch ergänzende Anwendungen und Inhalte der PKV-Unternehmen anzubieten. Da die Privaten Krankenversicherer nicht zum gesetzlich geregelten Kreis der berechtigten Personen gehören, die auf die ePA zugreifen dürfen, sollte gesondert klargestellt werden, dass für eine Nutzbarkeit dieser zusätzlichen Angebote der PKV-Unternehmen für Versicherte die Möglichkeit geschaffen werden muss, ihrem jeweiligen Krankenversicherer die Daten aus ihrer ePA zur Verfügung zu stellen, die für eine Nutzung der zusätzlichen Angebote der PKV-Unternehmen bestimmt sind. Darüber hinaus sollte für die Privaten Krankenversicherer die Befugnis zur Verarbeitung dieser vom Versicherten zur Verfügung gestellten Daten geregelt werden.

  • Petitum: § 345 SGB V-E sollt über § 362 SGB V-E auch für die PKV Anwendung finden.

Anspruch der Versicherten auf Nutzung der ePA: §§ 346 bis 349 SGB V-E: In den §§ 346 bis 349 SGB V-E werden Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser verpflichtet, die Versicherten auf deren Verlangen bei der Nutzung der ePA zu unterstützen. Dies betrifft insbesondere die (erstmalige) inhaltliche Befüllung, Aktualisierung, Pflege und Nutzung der ePA. Der Anspruch erfasst alle gesetzlich versicherten Personen; die Verpflichtung besteht für alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 95 SGB V. Um die angestrebte flächendeckende Nutzung der ePA auch durch die Privatversicherten sicherzustellen, ist es notwendig, diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen auch für den PKV-Bereich zu regeln.

  • Petitum: Die §§ 346 bis 349 SGB V-E sollten in entsprechender Anwendung auch für die PKV gelten.

eRezept: § 360 SGB V-E: Sobald die erforderlichen Dienste und Komponenten flächendeckend zur Verfügung stehen, ist für die Übermittlung und Verarbeitung von vertragsärztlichen eRezepten die TI zu nutzen. Zudem werden die an der vertraglichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer verpflichtet, ab dem 1. Januar 2022 Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in elektronischer Form auszustellen und für deren Übermittlung die Dienste und Komponenten der TI zu nutzen. Ab dem 1. Januar 2022 werden Apotheken verpflichtet, eVerordnungen unter Nutzung der Dienste und Komponenten der TI abzugeben. 

  • Petitum: Die Regelungen des § 360 SGB V-E sollten auch für den PKV-Bereich zwingend vorgesehen werden, damit alle Versicherten unabhängig von der Zugehörigkeit zum GKV-/PKV-System von der Digitalisierung der ärztlichen Verordnung profitieren können.

Nutzung von Datenspenden: § 363 SGB V-E: Im Zusammenhang mit dieser Regelung ist es geboten, dass auch der PKV-Verband bzw. sein (nichtkommerzielles) wissenschaftliches Institut Zugang zu den mittels der Datenspenden generierten Daten erhält (vgl. dazu § 303e SGB V), da diese Daten zu einem nicht ganz unerheblichen Teil auch von Privatversicherten stammen werden.

  • Petitum: Der PKV-Verband sollte als Nutzungsberechtigter für die mittels der Datenspenden generierten Daten aufgenommen werden.

Telemedizin: § 364 bis 368 SGB V-E: Die §§ 364 bis 368 SGB V-E sehen Vereinbarungen über technische Verfahren zur konsiliarischen Befundbeurteilung, über technische Verfahren zur Videosprechstunde in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und zu telemedizinischen Konsilien sowie zum Authentifizierungsverfahren im Rahmen der Videosprechstunden vor. Um auch diese Elemente zeitnah in die digitale Versorgung der Privatversicherten zu integrieren, sollten entsprechende Regelungen für die PKV vorgesehen werden, wonach der PKV-Verband die erforderlichen Vereinbarungen zu den Anforderungen an die technischen Verfahren mit der KBV, der KZBV und der Deutschen Krankenhausgesellschaft im Benehmen mit der gematik regelt.

  • Petitum: Im Gesetz sollte für die unter §§ 364 bis 368 SGB V-E vorgesehenen technischen Verfahren eine Regelungsbefugnis für den PKV-Verband zusammen mit den betreffenden Spitzenorganisationen auf Bundesebene im Benehmen mit der gematik aufgenommen werden.

III. Abbildung von Services der elektronischen Patientenakte und digitalen Anwendungen in den Tarifbedingungen der PKV

Die Unternehmen der PKV sind schon lange bestrebt, ihren Versicherten digitale Innovationen in der Gesundheitsversorgung wie diGA und eGA möglichst rasch und umfassend zur Verfügung zu stellen. Sie möchten insoweit einen wesentlichen Beitrag zur zukunftsgerichteten Weiterentwicklung des gesamten Gesundheitssystems zum Nutzen aller Versicherten leisten. Allerdings erfolgen die Leistungen gerade im Bereich der diGA aktuell zwar häufig, aber immer nur im Einzelfall und nicht als vertragliche Regelleistung, da die (gesetzlichen) Rahmenbedingungen für die PKV dies noch nicht abbilden. Gleiches wird für viele Services im Zusammenhang mit der ePA und für durch diese eröffnete neue Möglichkeiten der Gesundheitsversorgung der Fall sein. Wenn es der erklärte Wille des Gesetzgebers ist, diese als Schlüsseltechnologie allen Versicherten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Verfügung zu stellen, muss den Unternehmen der PKV eine entsprechende Abbildung von Services der ePA, aber auch der diGA in ihren jeweiligen Tarifbedingungen ermöglicht werden.

Die ePA, aber besonders auch die diGA, eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um Menschen bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen. Die PKV unterstützt das gesetzgeberische Ansinnen, Versicherten einen Anspruch auf eine ePA und auf diGA zu geben. Da Dienstleistungen im Zusammenhang mit der ePA und diGA nicht nur im Einzelfall abgesichert werden sollen, ist es erforderlich, diese auch in bestehende Krankenversicherungstarife einzubeziehen. Dies sichert auch die dauerhafte Finanzierung entsprechender Leistungen. Aufgrund der aufsichtsrechtlichen und versicherungsvertragsrechtlichen Vorgaben ist eine Änderung bestehender Versicherungsverträge allerdings nicht ohne weiteres möglich, sondern vielmehr nur zulässig, wenn die Änderung aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse des Gesundheitswesens zur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicherungsnehmer erforderlich erscheint (§ 203 Abs. 3 VVG). Die Voraussetzungen, auch die Angemessenheit der Veränderung, hat ein unabhängiger juristischer Treuhänder zu bestätigen. Der in § 33a SGB V neu eingeführte Anspruch der Versicherten der GKV auf diGA bezieht sich – ausweislich der gesetzgeberischen Begründung – auf zusätzliche Leistungen, die über die bisherige Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln hinausgehen. Auch aus § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V ist insoweit ersichtlich, dass es sich bei den diGA um eine neue Leistungsform in der Gesetzlichen Krankenversicherung handelt, die nicht unter „Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln“ fällt.

Unter dem Gesichtspunkt der zukunftsoffenen Rechtssicherheit und der systemgerechten, gleichmäßigen Versorgung der Privatversicherten ist eine Verankerung der – gerade durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) institutionalisierten -diGA und der ePA in den Tarifbedingungen der PKV geboten, um die Erstattung nicht nur im Individualfall zu gewährleisten: Denn kalkuliert und damit nachhaltig für sämtliche Versichertengruppen finanziert werden können nur tariflich verankerte Leistungen. Dies gilt im Übrigen auch für die Finanzierung der diGA aus Überschussmitteln, den sog. Rückstellungen für Beitragsrückerstattung (RfB-Mittel). Nach § 155 Abs. 2 VAG bedarf die Verwendung der RfB-Mittel der Zustimmung des mathematischen Treuhänders. Dieser hat dabei darauf zu achten, dass die in den Versicherungsbedingungen bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind (§ 155 Abs. 2 S. 2 VAG). Letztlich schaffen tarifliche Regelungen auch Transparenz und Verlässlichkeit gegenüber den Versicherten. Die vorstehenden Überlegungen betreffen im Grunde auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit der ePA und die diGA im Bereich der Privaten Pflegeversicherung (PPV).

Auf diesen Überlegungen begründet sich unser Ansinnen, eine versicherungsvertragsgesetzliche Grundlage zu schaffen, welche bspw. in Form einer Ergänzung des § 192 Abs. 3 VVG um folgenden Satz 2 umgesetzt werden kann:

„Satz 1 gilt auch für die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der medizinisch notwendigen Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen sowie Schwangerschaft und Entbindung stehen und diese unterstützen, und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte.“

Alternativ zur vorgenannten (dauerhaften) Änderung des § 192 Abs. 3 VVG könnten wir uns zur Einbindung von Leistungen im Zusammenhang mit den neuesten digitalen Entwicklungen im Gesundheitswesen als Minimallösung auch eine befristete Sonderanpassungsbefugnis bezüglich unserer bestehenden Tarifwerke vorstellen. Systematisch sinnvoller Regelungsort könnte insoweit das Einführungsgesetz zum VVG (VVGEG, dort bspw. als neuer Abs. 5) sein. Im Ergebnis scheint uns jedoch eine Änderung des § 192 VVG rechtsdogmatisch die bessere Lösung zu sein, da sie dauerhaft manifestiert, dass die mit einer Heilbehandlung im Zusammenhang stehenden diGA und die ePA als Regelleistung eines privaten Krankenversicherungsvertrages vereinbart werden können und diese nicht mehr nur im Individualfall erstattet werden.

In Bezug auf die PPV sollte in § 192 Abs. 6 VVG folgender neuer Satz 2 ergänzt werden: „Inhalt der Pflegekrankenversicherung können auch die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen, die den Zwecken des § 40 Abs. 1 SGB XI dienen, und Dienstleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte sein.“ Die nachfolgenden Sätze verschieben sich entsprechend.

Klarstellend wäre mit der vorgeschlagenen Änderung des VVG bzw. VVGEG ausdrücklich keine Befugnis verbunden, die Beiträge zur PKV bzw. der PPV anzupassen. Die Möglichkeit der Prämienanpassung in der Krankenversicherung richtet sich ausschließlich und unabhängig von den vorgenannten Vorschlägen nach § 203 Abs. 2 VVG i. V. m. § 155 VAG.

Zur Vermeidung von Missverständnissen möchten wir in diesem Zusammenhang festhalten, dass es ausdrücklich nicht unser Ziel ist, durch eine Gesetzesänderung Anwendungen im Zusammenhang mit individualpräventiven Maßnahmen, bspw. Fitness- oder Wellness-Apps, und Anwendungen, an denen Verhaltensbonifikationen anknüpfen, zu ermöglichen. Andererseits sollte der digitale Handlungsspielraum der PKV genügend (vertraglichen) Gestaltungsspielraum im Hinblick auf zukünftige – zurzeit noch nicht absehbare – Veränderungen und Weiterentwicklungen der digitalen Möglichkeiten im Gesundheitswesen gewähren; auch in Zukunft sollte der PKV ohne neue gesetzliche Anpassungen genügend rechtlicher und tatsächlicher Handlungsspielraum zur Verfügung stehen.

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