Stellungnahme 17. Dezember 2025

Erweiterte Kooperationsmöglichkeiten sowie zu breite Ermessensspielräume bei der Zuweisung von Leistungsgruppen behindern den erforderlichen Umbau des stationären Sektors und sind nachteilig für die Behandlungsqualität. Die Kosten werden wegen nicht aufgelöster Fehlanreize weiter steigen.

  • Die vorgesehene Erweiterung von Kooperationsmöglichkeiten und Verbünden zur Erfüllung von Leistungsgruppen-Qualitätskriterien wird abgelehnt. Ebenso kritisiert werden zu breite Ermessensspielräume bei der Zuweisung von Leistungs-gruppen an Krankenhäuser, welche die erforderlichen Qualitätskriterien nicht er-füllen. Beide Regelungen führen dazu, dass die Ziele der Qualitätsverbesserung aus der Krankenhausreform verfehlt werden.
  • Finanzielle Fehlanreize wie die Vorhaltevergütung, die volle tarifliche Refinanzierung ärztlicher und nichtärztlicher Beschäftigtengruppen sowie die Aufrechterhaltung der Meistbegünstigungsklausel werden dazu führen, dass die Krankenhaus-kosten weiter steigen werden. Angesichts der massiven Kostensteigerungen der letzten Jahre ist dies ein falsches Signal und wird den weiteren Anstieg der bereits auf Spitzenniveau befindlichen Beiträge der gesetzlich und privat Krankenversicherten befeuern.
  • Positiv hervorzuheben ist die nun vorgesehene Finanzierung des Transformationsfonds aus Steuermitteln anstelle von Beitragsmitteln der Versicherten. Begrüßt wird auch die Bereitstellung wichtiger Informationen zu Tatbeständen der Krankenhausabrechnungen, die zukünftig auch an die Private Krankenversicherung zu übermitteln sind.

I. Allgemeine Anmerkung

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) verwässert wesentliche Ziele der Krankenhausreform. Durch die geplante Ausweitung von Kooperationsmöglichkeiten und Verbünden zur Erfüllung von Leistungsgruppen-Qualitätskriterien wird der dringend notwendige Strukturwandel der Krankenhauslandschaft behindert. Statt zu einer Konzentration auf qualitativ leistungsfähige Standorte beizutragen, schaffen die Regelung faktisch einen Erhalt nahezu aller bestehenden Krankenhäuser. Gleichzeitig eröffnen zu weit gefasste Ermessensspiel-räume bei der Vergabe von Leistungsgruppen die Möglichkeit, Qualitätsanforderungen zu umgehen. Beide Maßnahmen gefährden die angestrebte Verbesserung der Versorgungsqualität und eröffnen den Erhalt des Status quo unter neuen Überschriften.

Hinzu kommt, dass bestehende finanzielle Fehlanreize aus dem KHVVG (und Vorgängergesetzen) nicht korrigiert werden. Die Vorhaltevergütung, die umfassende tarifliche Refinanzierung aller Beschäftigtengruppen sowie die Beibehaltung der Meistbegünstigungsklausel führen zu weiter steigenden Krankenhauskosten. Vor dem Hintergrund der bereits massiven Ausgabensteigerungen der vergangenen Jahre setzen diese Regelungen das falsche Signal und erhöhen den Druck auf die Beiträge gesetzlich und privat Versicherter sowie die Lohnzusatzkosten, die sich bereits auf Spitzenniveau befinden.

Die Krankenhausreform wird zudem nicht ausreichend mit parallel geplanten Strukturveränderungen zur Stärkung von sektorenübergreifender und ambulanter Versorgung verzahnt. Die Regelungen für sektorenübergreifende Einrichtungen nach § 115g SGB V sind einerseits in Hinsicht auf die Interaktion mit den zukünftigen Kliniken Level 3 bis 1n zu beliebig und eröffnen andererseits für die Belegung aus dem ambulanten Bereich zu viele Spielräume. Dazu gibt es keine stringenten Vorgaben zur Vergütung, so dass im Ergebnis mit einer überteuerten Versorgung bei zu hohen stationären Versorgungszahlen in diesen Einrichtungen zu rechnen ist. Dies wird alle Bemühungen um eine Ambulantisierung und Effizienzsteigerung konterkarieren.

Positiv hervorzuheben ist die nun vorgesehene Finanzierung des Transformationsfonds aus Steuermitteln anstelle von Beitragsmitteln der Versicherten. Begrüßt wird auch die Bereitstellung wichtiger Informationen zu Tatbeständen der Krankenhausabrechnungen, die zukünftig auch an die Private Krankenversicherung zu übermitteln sind.

Ungeachtet dessen bleiben die grundlegenden Kritikpunkte der Privaten Krankenversicherung bestehen, die schon im Zusammenhang mit dem KHVVG benannt wurden. Dies betrifft insbesondere die Ausgestaltung der Vorhaltevergütung, die Rückkehr zur Selbstkostendeckung durch die vollständige Ausfinanzierung der Lohnsteigerungen sämtlicher Beschäftigter sowie die erhebliche zusätzliche Bürokratie, die neue Finanzierungsverfahren verursachen. Auch das beibehaltene Pflegebudget zeigt exemplarisch, wie intendierte Steuerungswirkungen einer Reform durch Fehlanreize unterlaufen werden. Für die Versicherten bedeutet all dies: Die Kosten steigen weiter, während ein klar erkennbares Zielbild für die künftige medizinische Versorgung nicht sichtbar wird. 

II. Zu ausgewählten Regelungen des Gesetzentwurfs

Zu Art. 1 Nr. 4, § 135e Abs. 3 Satz 6 ff. SGB V - Beteiligung am Leistungsgruppenausschuss

Vorgeschlagene Regelung:

Der mit dem KHVVG etablierte Ausschuss zur Beschließung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Leistungsgruppen und Qualitätskriterien sieht keine Mitwirkung von Vertretern der PKV vor.

Bewertung:

Laut der Gesetzesbegründung zum KHVVG soll in den Ausschuss das Fachwissen der gemeinsamen Selbstverwaltung und der Pflege sachgerecht einbezogen werden. Dieser Anspruch macht es erforderlich, dass der PKV-Verband als Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung im Krankenhausbereich zumindest beratend an den Sitzungen des Ausschusses teilnehmen und in diesem Rahmen auch Stellungnahmen abgeben kann. Denn ebenso wie die Richtlinien des G-BA zur Qualitätssicherung einheitlich für alle Patienten gelten, haben die für die Leistungsgruppen festzulegenden Qualitätskriterien eine unmittelbare Relevanz für alle Patienten im Krankenhaus, einschließlich der Privatversicherten und der Beihilfeberechtigten. 

Änderungsvorschlag:

Nach § 135e Abs. 3 Satz 9 SGB V wird folgender Satz eingefügt:

„Der Verband der Privaten Krankenversicherung kann beratend an den Sitzungen des Ausschusses teilnehmen.“

Zu Art. 1 Nr. 4, § 135e Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 SGB V - Erfüllung der Qualitätskriterien in Kooperationen und Verbünden

Vorgeschlagene Regelung:

Krankenhäuser sollen ein Leistungsgruppen-Qualitätskriterium in Kooperationen und Verbünden insbesondere mit anderen Krankenhäusern oder Leistungserbringern der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen können, wenn eine schriftliche Kooperationsvereinbarung vorliegt und die Erfüllung in Kooperation in dem jeweiligen Qualitätskriterium vor-gesehen ist, dies zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung zwingend erforderlich ist oder sich der Kooperationspartner in einem Gebäude des jeweiligen Krankenhausstandortes befindet oder der Abstand zwischen den am weitesten voneinander entfernt liegenden Gebäudepunkten des jeweiligen Krankenhausstandortes und des Kooperationspartners nicht mehr als 2 000 Meter Luftlinie beträgt. Fachkrankenhäuser können die als Mindestvoraussetzungen genannten Qualitätskriterien in den Anforderungsbereichen „Erbringung verwandter Leistungsgruppen“ und „Sachliche Ausstattung“ in Kooperationen und Verbünden insbesondere mit anderen Krankenhäusern oder Leistungserbringern der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen, wenn eine schriftliche Kooperationsvereinbarung vorliegt.

Bewertung: 
Die vorgesehene Erweiterung von Kooperationsmöglichkeiten und Verbünden zur Erfüllung von Leistungsgruppen-Qualitätskriterien wird abgelehnt. Es sollte aus Qualitäts-gründen der Regelfall sein, dass die erforderlichen Strukturen im jeweiligen Krankenhaus vorgehalten werden. Im Falle des Erfordernisses des Rückgriffs auf externe Kooperationspartner hinsichtlich medizinischer Expertise und sachlicher Mittel kann in medizinisch dringenden Behandlungssituationen nicht immer sichergestellt werden, dass eine qualitativ ausreichende medizinische Leistung gegenüber dem Patienten erbracht wird, zumal es auch keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung der zu schließenden Kooperationsvereinbarungen geben soll. Letztlich führt die Regelung dazu, dass ein Krankenhaus trotz Eingrenzung des vorgehaltenen Leistungsspektrums durch Kooperationsvereinbarungen weiterhin eine breitere oder sogar umfänglichere Leistungserbringung durchführen kann. So werden einerseits Kosten vor Ort reduziert, gleichzeitig aber Einnahmequellen u. a. über die Vorhaltevergütung gesichert. Das kann nicht Ziel der Krankenhausreform sein.

Auch im Hinblick auf Fachkliniken sind die vorgesehenen Regelungen viel zu offen. Die Erfüllung aller Qualitätskriterien über Kooperationsverträge sichert die tatsächlichen Versorgungsanforderungen nur auf dem Papier, nicht aber in der akuten Versorgungsituation für die Patientinnen und Patienten. Auch hier wird dem Erhalt (oder auch der Neuzuweisung) des Status Fachklinik Vorrang vor der erforderlichen Qualitätserbringung gegeben und behindert die erforderliche Transformation.

Zu Art. 2 Nr. 2, § 6a Abs. 4 KHG – Zuweisung von Leistungsgruppen ohne Erfüllung der Qualitätskriterien

Vorgeschlagene Regelung: 

Die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde kann im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen einem Krankenhaus für einen Krankenhausstandort unter verschiedenen Voraussetzungen Leistungsgruppen zu-weisen, obwohl das Krankenhaus an dem jeweiligen Krankenhausstandort die für diese Leistungsgruppen jeweils maßgeblichen Qualitätskriterien nicht erfüllt. Die Zuweisung einer Leistungsgruppe ist auf höchstens drei Jahre zu befristen; bei Sicherstellungszuschlagshäusern kann die Leistungsgruppe unbefristet zugewiesen werden. Mit der Zuweisung ist das Krankenhaus zu verpflichten, an dem jeweiligen Krankenhausstandort die für die jeweilige Leistungsgruppe maßgeblichen Qualitätskriterien innerhalb einer angemessenen Frist zu erfüllen.

Bewertung: 

Es ist zu begrüßen, dass die Zuweisung von Leistungsgruppen ohne Erfüllung der entsprechenden Qualitätskriterien nicht mehr, wie noch im Referentenentwurf vorgesehen, dem alleinigen Beurteilungsspielraum der zuständigen Landesbehörde unterfällt, sondern dass nun zumindest die Landesbehörde im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen hierüber entscheiden soll. Der Ansatz, eine Ausnahmeregelung nicht gesetzlich allein an die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung zu koppeln, sondern diese auch vom Ermessen der Behörde und der GKV abhängig zu machen, ist fragwürdig. Die Ausnahmeregelung sollte restriktiver gefasst werden, die Erfüllung der Qualitätskriterien sollte grundsätzlich zwingend sein und nicht zur Disposition stehen. Zudem ist das Kriterium der Erfüllung der maßgeblichen Qualitätskriterien „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu unbestimmt und sollte durch zeitliche Vorgaben konkretisiert werden. 

Zu Art. 2 Nr. 5, § 12b KHG – Transformationsfonds/ Verordnungsermächtigung

Vorgeschlagene Regelung:

Zur Förderung von Vorhaben der Länder zur Anpassung der Strukturen in der Krankenhausversorgung an die durch das KHVVG bewirkten Rechtsänderungen wird beim BAS in den Jahren 2026 bis 2035 aus Mitteln der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds in Höhe von 29 Mrd. Euro errichtet. Zur Finanzierung des Transformationsfonds stellt der Bund der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds in den Jahren 2026 bis 2029 jährlich einen Betrag von 3,5 Mrd. Euro und in den Jahren 20230 bis 2035 jährlich einen Betrag in Höhe von 2,5 Mrd. Euro zur Verfügung.  

Bewertung:

Es wird begrüßt, dass die Regeln zur Finanzierung des Transformationsfonds geändert werden und dieser aus Steuermitteln gespeist wird, anstatt der ursprünglich im KHVVG vorgesehenen Finanzierung aus Beitragsmitteln der Krankenversicherten. Damit sind verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt.

Zu Art. 3 Nr. 6, § 6b KHEntgG – Vorhaltevergütung

Vorgeschlagene Regelung:

Die Einführung der Vorhaltevergütung wird um ein Jahr verschoben. Erst ab dem 1. Januar 2028 erhält jedes Krankenhaus ein Vorhaltebudget zugewiesen.

Bewertung:

Aus Sicht des PKV-Verbandes ist es bedauerlich, dass an der Vorhaltevergütung und deren Umfang festgehalten wird. Diese führt zu neuen Fehlanreizen, erhöht die Bürokratie maßgeblich und löst keine der heute vorhandenen Probleme. Der Verteilungsprozess der Vorhaltevergütung in vorgesehener Höhe von 60 Prozent ist hochkomplex gestaltet. Das betrifft sowohl die initiale Verteilung der Mittel als auch die Nachjustierung, die unterjährig erfolgen kann oder auch in mehrjährigen Berechnungsphasen. Die dabei gesetzten Korridorgrenzen für eine Nachjustierung entbehren einer empirischen Datengrundlage. Außer Acht gelassen wurde das Problem der Anpassung einer Neuverteilung der Vorhaltevergütung, wenn sich die Fallverteilung über Ländergrenzen hinweg verschieben wird.

Zudem gibt es weiterhin keine Auswirkungsanalyse, welche belegt, dass ein so massiver und flächendeckender Eingriff in die Krankenhausfinanzierung erforderlich ist und besser geeignet wäre als eine Weiterentwicklung des bisherigen DRG-Systems, das ebenfalls um Struktur- und Sicherstellungskomponenten ergänzt werden kann und auch schon solche Komponenten enthält. Von verschiedenen Akteuren, auch vom PKV-Verband, wurden Stu-dien und Gutachten vorgelegt, welche die erheblichen finanziellen Risiken und Fehlanreize der neuen Vergütungsstruktur aufzeigen.

Fehlentwicklungen beim Pflegebudget zeigen anschaulich, zu welchen Verwerfungen finanzielle Fehlanreize führen können: So ist die Zahl der Pflegekräfte seit Einführung des Pflegebudgets 2019 um 110.000 Personen gestiegen, die Effizienz in der Behandlung aber gesunken. Zudem findet eine Rückverlagerung einfacher, nicht pflegetypischer Aufgaben von Pflegeassistenz- und Pflegehilfspersonen an examinierte Pflegefachpersonen statt. Damit wird der Fachkräftemangel in der Pflege verschärft, statt ihn zu beheben.

Zu Art. 3 Nr. 9 b) und Nr. 10 b) – Meistbegünstigung, voller Orientierungswert

Vorgeschlagene Regelung:

Die Meistbegünstigungsklausel, wonach sich die Steigerung der Landesbasisfallwerte an der Veränderungsrate oder dem Orientierungswert ausrichtet, je nach dem welcher Wert höher ist, und die Streichung der Ein-Drittel-Korridorlösung, welche die Anwendung des vollen Orientierungswertes bedeutet, sollen beibehalten werden. 

Bewertung:

Diese Regelungen führen für die Kostenträger zu nicht tragbaren Steigerungen der Lan-desbasisfallwerte nach dem Gießkannenprinizip. Wenn die Kosten im Krankenhaus geringer als die Veränderungsrate sind, kommt es zu einer Überfinanzierung. Derartige Regelungen schwächen den Hebel der Effizienzsteigerung im Krankenhaus, der maßgeblich für eine Stabilisierung des Krankenhaussektors sein wird. Anstelle des Prinzips der Weiterreichung anfallender Kosten an die Kostenträger nach einer Selbstkostendeckungslogik muss der Fokus der Krankenhäuser weiter darauf gerichtet sein, Strukturen und Prozesse effizienter und damit kostengünstiger zu gestalten. Hier ist noch viel Potential unausgeschöpft und es sollten gesetzliche Anreize gesetzt werden. In diesem Lichte ist auch die Reduzierung der leistungsbezogenen und pauschalierenden DRG-Entgelte um die Hälfte kontraproduktiv. 

Fazit: Die Meistbegünstigungsklausel und die Regelung zum vollen Orientierungswert sollten sowohl für die somatischen Häuser als auch für die der BPflV unterfallenden Häuser gestrichen werden.

III. Weiterer gesetzlicher Änderungsbedarf

Streichung der vollen Tarifrefinanzierung

Die im Zuge des KHVVG eingeführte vollständige Tarifrefinanzierung bezüglich des gesamten Personalbereichs im Krankenhaus sollte gestrichen werden, und zwar sowohl für somatische Häuser als auch für der BPflV unterfallende Häuser. Eine solche Regelung mindert den Anreiz für angemessene Tarifabschlüsse und führt zu einem fragwürdigen Aufbau von nicht mehr optimal allokiertem Personal im Krankenhaus, was die Produktivität mindert.