Die Änderungsanträge zielen darauf ab, die Beitragssätze im kommenden Jahr stabil zu halten. Mittel- und langfristige Maßnahmen werden aktuell in der „FinanzKommission Gesundheit“ beraten. Dabei gilt: Mehr Geld im System, ob Beiträge oder Steuermittel, werden die GKV nicht zukunftsfähig aufstellen.
- Die vorgelegten Änderungsanträge waren Grundlage für die Schätzung des Schätzerkreises und damit für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitrages für 2026. Sie sind nicht geeignet, mittel- oder gar langfristig wirksame Weichenstellungen für eine zukunftsfähige GKV-Finanzierung vorzunehmen.
- Jegliche Maßnahmen auf der Einnahmeseite werden nicht dazu beitragen, die GKV langfristig tragfähig aufzustellen. Dazu bedarf es umfassender struktureller Maßnahmen, die aktuell in der „FinanzKommission Gesundheit“ beraten werden.
- Zusätzlich braucht es eine konsequente Orientierung auf Prävention und Gesundheitsförderung: Der Bund muss eine ganzheitliche Präventionsstrategie verfolgen, die die verschiedenen auf allen Ebenen der Gesellschaft vorhandenen Präventionsansätze funktional integriert.
I. Allgemeine Anmerkung
Das Bundeskabinett hat am Tag der Schätzung des Schätzerkreises drei Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beschlossen. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen sollen die Beitragssätze zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in 2026 stabil gehalten werden.
Die vorgelegten Maßnahmen sollen kurzfristig wirken; mittel- und langfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen sollen in der im September 2025 einberufenen „FinanzKommission Gesundheit“ beraten werden.
In der jüngeren Vergangenheit haben sich Ausgaben und Einnahmen der GKV verstärkt auseinanderentwickelt. Einige Autoren konstatieren, „dass sich die langfristige trendmäßige Entwicklung der GKV-Ausgaben bereits seit dem Jahr 2013 von der Entwicklung der Einnahmen entkoppelt hat“ . Dabei hat sich die Beitragsbemessungsgrundlage nahezu im Gleichschritt mit der Wirtschaftsleistung je Einwohner entwickelt.
Beitragssteigerungen sind für die deutsche Wirtschaft ein Problem: Die Arbeitskraft wird teurer, ohne dass die Produktivität steigt. Damit sinkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Wenn Unternehmen weniger investieren und Beschäftigung schwächer wächst, sinken langfristig Steuereinnahmen und Sozialbeiträge – ein Teufelskreis. Auch die Kaufkraft der Arbeitnehmer sinkt mit steigenden Beitragslasten. Dies schwächt den Konsum und damit die Konjunktur.
Das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) hat unter verschiedenen Annahmen berechnet, wie sich der Beitragssatz zur GKV entwickeln könnte. Je nach Szenario zeigen die Projektionen bis 2050 einen Anstieg auf 20,2 % im Basisszenario und bis 26,0 % im Kostendruckszenario. Diese Ergebnisse werden durch verschiedene unabhängige Studien bestätigt.
Auch eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze, die gelegentlich ins Spiel gebracht wird, ist in der Konsequenz eine Beitragsanhebung: Optisch wird der Beitragssatz geschont, tatsächlich steigt die Beitragsbelastung massiv. Besonders betroffen sind qualifizierte Arbeitskräfte in Zukunftsindustrien.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) analysiert, eine Anhebung der BBG käme einer Hypothek für die Wiederbelebung privater Investitionen gleich; gerade Standorte und Unternehmen würden überproportional belastet, bei denen Potenziale für Innovation und Transformation liegen.
Befürworter einer „Refinanzierung“ versicherungsfremder Leistungen verkennen, dass Steuer-mittel ohne jede Zweckbindung in den Gesundheitsfonds fließen. Bei wachsender Steuerfinanzierung der GKV wächst die implizite Verschuldung: Eine alternde Gesellschaft mit steigenden Gesundheitskosten und einer sinkenden Zahl von Beitragszahlern erhöht die zukünftigen finanziellen Verpflichtungen des Staates. Ein Steuerzuschuss zur GKV, der das Beitragssatzniveau stabilisiert, würde schon binnen zehn Jahren die 100 Mrd. Euro–Schwelle überschreiten und damit das Niveau des Zuschusses zur Gesetzlichen Rentenversicherung erreichen.
Fazit
Eine starke soziale Sicherung ist wichtig für den sozialen Zusammenhalt im Land. Die Akzeptanz solidarisch finanzierter Systeme ist allerdings bereits gefährdet durch übermäßige Beitragslasten und durch demographische Veränderungen. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass die Bundesregierung auf die umfassende Erörterung von strukturell wirksamen Lösungsoptionen in Kommissionen setzt.
Langfristig muss die Krankheitslast auch durch einen Neuaufbruch im Bereich Prävention reduziert werden. Prävention und Gesundheitsförderung müssen als ressortübergreifendes Handlungsfeld für die gesamte Bundesregierung verankert werden. Konkrete Präventionsziele sollten gemeinsam mit den gesellschaftlichen Akteuren festgelegt und mit einem klaren Zeitplan realisiert werden. Die PKV wirkt daran gern mit und stellt ihre Expertise zur Verfügung.
II. Zu weiteren Regelungen
Zu Änderungsantrag 3 (Aussetzen der Meistbegünstigungsklausel für das Jahr 2026)
Vorgeschlagene Regelungen:
Als Veränderungswert und damit als Obergrenze für die zu vereinbarende Steigerung der Lan-desbasisfallwerte und der Psychiatrie-Budgets 2026 soll der Orientierungswert in Höhe von 2,98 Prozent festgelegt werden. Die sogenannte Meistbegünstigungsklausel soll für das Jahr 2026 aus-gesetzt werden. Ohne diese Änderung wäre die Veränderungsrate in Höhe von 5,17 Prozent im Jahr 2026 zum Veränderungswert (Obergrenze) geworden.
Bewertung:
Durch die sogenannte Meistbegünstigungsklausel wurden in den vergangenen Jahren häufig die tatsächlichen Kostenentwicklungen der Krankenhäuser überkompensiert. Diese Regelung führte zu Überzahlungen, da sie die tatsächlichen Kostensteigerungen der Krankenhäuser (Orientierungswert) überschreiten. Diese Steigerungen sind dabei nicht nur für das jeweilige Jahr maßgebend, sondern basiswirksam. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) können mit dieser Regelung 1,8 Milliarden Euro eingespart werden.
Der die Krankenhäuser betreffende Änderungsantrag folgt primär dem Ziel, das strukturelle Defizit der GKV kurzfristig zu schließen. In Kombination mit den zuvor gewährten „Soforttransformationskosten“, deren Charakter als Investitionskosten in Frage zu stellen ist, läuft dies für alle Beteiligten auf einen Verschiebebahnhof hinaus, der einer verlässlichen Finanzplanung entgegensteht.
Zu Art. 1 Nr. 66 Buchst. a) (§ 114a SGB XI)
Vorgeschlagene Regelungen:
Bisher galt für Qualitätsprüfungen, dass Regelprüfungen grundsätzlich am Tag zuvor anzukündigen sind. Nun sollen sie grundsätzlich zwei Arbeitstage zuvor angekündigt werden.
Bewertung:
Um zu vermeiden, dass es zu unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs „Arbeitstage“ kommt, sollte die Regelung um eine klare Definition ergänzt werden, welche Tage als Arbeitstage gelten. Dabei ist auf die branchenüblichen Arbeitstage abzustellen. Ambulante und vollstationäre Pflegeeinrichtungen erbringen ihre Leistungen an allen Kalendertagen, d. h. von Montag bis Sonntag. Nur bei teilstationären Pflegeeinrichtungen kann es Kalendertage geben, an denen die Pflegeeinrichtung keine Leistungen anbietet. Daher sollten für alle ambulanten und vollstationären Pflegeeinrichtungen als Arbeitstage die Kalendertage von Montag bis Sonntag gelten. Für teil-stationäre Pflegeeinrichtungen sind Arbeitstage die Kalendertage, an denen die Pflegeeinrichtung Leistungen anbietet.
Vorschlag
Art. 1 Nr. 66 Buchst. a) sollte wie folgt gefasst werden:
Absatz 1 Satz 2 wird durch die folgenden Sätze ersetzt: „Die Prüfungen sind grundsätzlich zwei Arbeitstage zuvor anzukündigen; Anlassprüfungen sollen unangemeldet erfolgen. Arbeitstage sind die Kalendertage Montag bis Sonntag; bei teilstationären Pflegeeinrichtungen sind die Kalendertage, an denen die Pflegeeinrichtung keine Leistungen anbietet, keine Arbeitstage.“