Der PKV-Verband begrüßt die Stärkung pflegerischer Kompetenzen, lehnt zusätzliche Belastungen der Pflegekräfte durch neue Aufgaben ab. Prävention in der Pflege kann die steigende Pflegelast wirksam senken. Leistungsausweitungen und der Aufbau neuer, nicht erforderlicher Strukturen werden abgelehnt.
- Der PKV-Verband begrüßt die Ausweitung der pflegerischen Kompetenzen und die Bemühungen, die Arbeit in der Pflege attraktiver zu gestalten. Dies darf allerdings nicht mit einer zusätzlichen Belastung der Pflegefachpersonen durch weitere Aufgaben, insbesondere administrativer Art, und nicht mit einer Steigerung der Bürokratie einhergehen.
- Die Vermeidung und Verzögerung von Pflegebedürftigkeit sind dringend geboten und für die PKV ein zentrales Anliegen. Die häusliche Pflege bietet große Präventionspotenziale, die bislang nicht systematisch in die pflegerische Versorgung integriert sind. Eine um-fassende Präventionsorientierung des Pflegesystems – im Sinne von Health in All Policies – kann dazu beitragen, die absehbar steigende Pflegelast in unserer alternden Gesellschaft abzumildern.
- Die finanzielle Lage der Pflegeversicherung lässt es nicht zu, dass Steigerungen der Leistungsausgaben herbeigeführt werden. Dennoch sind an einigen Stellen des Gesetzentwurfs Leistungsausweitungen und der Aufbau neuer, nicht erforderlicher Strukturen vorgesehen. Diese Regelungen lehnen wir ab.
I. Allgemeine Anmerkung
In Deutschland sind immer mehr Menschen auf pflegerische Versorgung angewiesen. Dies stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen, denn der steigenden Zahl von Leistungsempfängern stehen immer weniger Beitragszahler gegenüber. Gleichzeitig trifft die Nachfrage nach ausgebildetem Pflegepersonal auf einen zunehmenden Fachkräftemangel. Allein bis 2030 werden in stationären Pflegeeinrichtungen und in der ambulanten Versorgung bundesweit voraussichtlich 130.000 Pflegekräfte zusätzlich benötigt. Das entspricht rund 99.000 Vollzeitstellen. Nur auf die Zuwanderung von Pflegekräften zu hoffen, reicht nicht aus. Die in Deutschland möglichen Potenziale müssen genutzt werden. Der PKV-Verband begrüßt daher gesetzliche Regelungen und andere Bemühungen, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Dies darf allerdings nicht mit einer zusätzlichen Belastung der Pflegefachpersonen durch weitere Aufgaben, insbesondere administrativer Art, und nicht mit einer Steigerung der Bürokratie einhergehen.
Vor dem Hintergrund der steigenden Zahl Pflegebedürftiger und der zunehmenden Personalengpässe in der Pflege, ist die Vermeidung und Verzögerung von Pflegebedürftigkeit dringend geboten und für die PKV ein zentrales Anliegen. Die häusliche Pflege bietet da-bei große Potenziale zur Förderung der Fähigkeiten und der Selbstständigkeit, insbesondere von Menschen mit beginnendem Pflegebedarf. Die Potenziale werden bislang nicht systematisch in die pflegerische Versorgung integriert. Es sollte daher geprüft werden, wie grundsätzlich eine umfassende Präventionsorientierung auch des Pflegesystems – im Sinne von Health in All Policies – sichergestellt werden kann.
Schließlich nimmt das Pflegekompetenzgesetz im Leistungsrecht des SGB XI Änderungen vor. Darüber hinaus wird bei der Förderung der Netzwerke die Fördersumme erhöht und eine neue Geschäftsstelle geschaffen, die ebenfalls von der Pflegeversicherung finanziert werden soll.
Die finanzielle Lage der Pflegeversicherung lässt es nicht zu, dass Steigerungen der Leistungsausgaben herbeigeführt werden. Die Annahme, dass es zu Minderausgaben kommen wird, beruht auf Vermutungen zur Entwicklung der Leistungsinanspruchnahme des vorgeschlagenen neuen Leistungsbereichs der gemeinschaftlichen Wohnformen, der zwischen der häuslichen und vollstationären Versorgung angesiedelt ist. Es wurden verschiedene ähnliche Leistungsformen nur in Modellprojekten erprobt, und es bestehen keine Erfahrungen damit, wie die neu gestaltete Leistung in Anspruch genommen wird. Daher ist ei-ne Annahme von so hohen Minderausgaben, die sämtliche Leistungsausweitungen und die Erhöhung der Fördersumme nicht nur aufwiegen, sondern insgesamt zu Minderausgaben führen, sehr gewagt. Diese Annahmen, deren Richtigkeit ungewiss ist, können zu einer weiteren finanziellen Überforderung der Pflegeversicherung führen, wenn die angenommene Entwicklung bezüglich der Ausgaben nicht eintritt.
In der Pflegebegutachtung sollten alle Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden, um die Begutachtung so effektiv wie möglich zu gestalten. Eines Modellprojekts zur Übernahme einiger Aufgaben oder der gesamten Pflegebegutachtung durch Pflegefachpersonen, die in Pflegeeinrichtungen arbeiten, bedarf es dafür nicht. Dieser Ansatz der Übertragung der Begutachtung von den Medizinischen Diensten auf Pflegefachpersonen der Pflegeeinrichtungen führt zu einer Verlagerung der Aufgaben. Es belastet die Pflegefachpersonen mit weiteren Aufgaben, u. a. administrativer Art, anstatt sie zu entlasten und ihnen mehr Zeit für die pflegerische Versorgung zu geben.
Der Entwurf des Pflegekompetenzgesetzes sieht zudem vor, dass Pflegefachpersonen künftig bestimmte ärztliche Leistungen eigenverantwortlich erbringen dürfen. Der PKV-Verband unterstützt die Erweiterung der Kompetenzen von qualifizierten Pflegefachkräfte mit dem Ziel, die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen, insbesondere mit Demenz, chronischen Wunden oder Diabetes, zu verbessern. Nachvollziehbar sind auch die Erwägungen, dass die eigenverantwortliche Übernahme der Leistungen durch Pflegefachpersonen eine Entlastung der Ärzte und eine Verbesse-rung der Compliance bedeuten würde. Eine effiziente und verbesserte Patientenversorgung durch Stärkung der Kompetenzen der Pflegefachpersonen und die dadurch bewirkte Steigerung der Attraktivität des Pflegefachberufs wird seitens des PKV-Verbandes ausdrücklich begrüßt.
Nach dem Verständnis des PKV-Verbandes ändern indessen die im Rahmen des Gesetzes näher zu definierenden heilkundlichen Befugnisse der Pflegefachpersonen grundsätzlich nichts an der wirtschaftlichen und berufsrechtlichen Letztverantwortung des Arztes für die Tätigkeit der Pflegefachperson (ähnlich der Verantwortung des Praxisinhabers für einen bei ihm angestellten Arzt). Richtigerweise sieht der Gesetzesentwurf keine selbständige Abrechnung heilkundlicher Leistungen durch Pflegefachpersonen vor. Deren Leistungen sind – wie die von Medizinischen Fachangestellten oder Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis (VERAH) – der Arztpraxis zuzurechnen.
Für den Fall einer aus dem Referentenentwurf nicht herleitbaren Statuserweiterung, mit der nicht nur eine berufsrechtliche, sondern gleichzeitig eine wirtschaftliche Eigenständigkeit mit der Option einer von der Arztpraxis unabhängigen, eigenen Praxisführung zu-gestanden werden könnte, bedürfte es ergänzender, verbindlicher Regelungen über an-gemessene Vergütungen für die Behandlung privat versicherter Patienten.
II. Zu ausgewählten Regelungen des Gesetzentwurfs
Zu Art. 1 Nr. 8 (§ 9 SGB XI - Aufgaben der Länder)
Vorgeschlagene Regelung
Die bereits bestehende Verantwortung der Länder für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur wird um die Möglichkeit einer kommunalen Pflegestrukturplanung ergänzt.
Bewertung
Eine kommunale Pflegestrukturplanung stellt eine gesicherte Grundlage zur Sicherstellung einer ausreichenden Versorgungsstruktur dar und ist insoweit zu befürworten.
Darüber hinaus würde eine Steigerung der Investitionskostenförderung durch die Länder die Pflegebedürftigen hinsichtlich der Eigenanteile entlasten.
Zu Art 1 Nr. 12 (§ 15 SGB XI – Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument)
Vorgeschlagene Regelung
Bis zum 30. Juni 2026 legt der GKV-Spitzenverband dem BMG einen Bericht zu den Erfahrungen der Pflegekassen und der Medizinischen Dienste mit dem Begutachtungsinstrument und zu möglichen Weiterentwicklungen vor. Dabei ist auch die Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen zu berücksichtigen.
Bewertung
Die vorgesehenen Untersuchungen zu den Erfahrungen mit dem Begutachtungsinstrument, möglichen Weiterentwicklungen und zur Analyse der Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen ist sinnvoll und wichtig. Denn das Begutachtungsinstrument wurde als ein Instrument eingeführt, das auf der Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen und pflegefachlichen Erkenntnisse ständig weiterentwickelt werden soll. Aufgrund der zu beobachtenden anhaltenden Zunahme an Pflegebedürftigen ist es auch für die weitere Entwicklung der Begutachtung und der Pflegeversicherung wichtig, zu wissen, wie die Entwicklungen in den einzelnen Pflegegraden sind und was die Ursachen dafür sind.
In der privaten Pflegepflichtversicherung und bei dem Medizinischen Dienst der privaten Pflegepflichtversicherung, der Medicproof GmbH, wird ebenfalls ein Anstieg der Pflege-bedürftigen beobachtet, und aufgrund der bundesweit durchzuführenden Begutachtungen werden vielfältige Erkenntnisse zum Begutachtungsinstrument gesammelt. Diese werden auch genutzt, um Verbesserungsvorschläge zur Begutachtung und zur Durchführung der Begutachtung, z. B. per telefonischer Begutachtung oder Video-Begutachtung einzubringen. Darüber hinaus hat Medicproof ein wissenschaftliches Dossier „Pflegegrad 1 in der Begutachtung - Datenanalyse und Gutachterbefragung“ (Wissenschaftliches_Dossier_-_Pflegegrad_1_in_der_Begutachtung.pdf (medicproof.de)) erstellt, das wichtige Erkenntnisse zu den Aspekten enthält, die von den Themen des Berichts nach § 15 Abs. 8 SGB XI umfasst wären.
Vorschlag
Der zu erstellende Bericht sollte durch den GKV-Spitzenverband gemeinsam mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. verfasst werden. In dem Bericht sollten nicht nur die Erfahrungen der Pflegekassen und der Medizinischen Dienste dargestellt werden, sondern auch der privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflegepflichtversicherung betreiben, und des medizinischen Dienstes der privaten Pflegepflichtversicherung, der Medicproof GmbH. Dies würde den Erkenntnisgewinn steigern und zu einem umfassenden Bild der Pflegeversicherung führen.
Weiterführende Vorschläge
Es wird vorgeschlagen, die Begutachtungsformate zu flexibilisieren. In allen geeigneten Fällen sollten die telefonische oder Video-Begutachtung oder Aktenlagegutachten ermöglicht werden.
Die Erkenntnisse von Medicproof in dem Wissenschaftlichen Dossier zu Pflegegrad 1 in der Begutachtung zeigen auf, dass es wichtig ist, nicht nur die Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen zu beobachten. Entscheidend ist es, bereits jetzt zu prüfen, ob die Leistungen der Pflegeversicherung richtig und gerecht verteilt sind. Ein Nachweis, dass Pflegegrad 1 seine ursprünglichen Ziele wie Prävention und Verzögerung der Pflegebedürftigkeit erreicht, liegt nicht vor.
Die Leistungen des Pflegegrades 1 sollten präventiv wirken und daher Beratungsangebote, Pflegekurse, Hilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen umfassen (s. auch: Der 10-Punkte-Plan der PKV für eine Pflegereform).
Zu Art. 1 Nr. 16 (§ 18c SGB XI – Entscheidung über den Antrag, Fristen)
Vorgeschlagene Regelung
Nach § 18c Abs. 5 Satz 4 SGB XI ist der Lauf der Frist zur Entscheidung über den Antrag auf Pflegeleistungen bis zum Wegfall des Verzögerungsgrundes gehemmt. Bei notwendiger erneuter Terminierung der Begutachtung beträgt nach § 18c Abs. 5 S. 4 SGB XI die Hemmung zehn Arbeitstage nach Kenntnis des Medizinischen Dienstes oder der Pflegekasse über den Wegfall des Verzögerungsgrundes.
Bewertung
Das Ende der Fristhemmung nach § 18c Abs. 5 S. 4 SGB XI sollte sich – wie dies auch in § 18c Abs. 5 S. 5 SGB XI vorgesehen ist – auf den Zeitpunkt beziehen, an dem der Medizinische Dienst, Medicproof, die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen Kenntnis über den Wegfall des Verzögerungsgrundes erlangt. Stellt man stattdessen auf den Zeitpunkt des Wegfalls des Verzögerungsgrundes ab, kann es sein, dass dies weit vor der Kenntniserlangung liegt, so dass der Medizinische Dienst, Medicproof, die Pflegekasse bzw. das private Versicherungsunternehmen noch nicht handeln können und daher das Begutachtungsverfahren aus dem Grund nicht fortgesetzt werden kann.
Die Zeit für eine erneute Terminierung der Begutachtung bei der Fristhemmung zu berücksichtigen, ist sinnvoll. Statt einer Frist von zehn Arbeitstagen sollte jedoch eine Frist von 17 Arbeitstagen angesetzt werden. Aus § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI ergibt sich, dass für die Dauer der Begutachtung inklusive der Weiterleitung des Auftrages an den Medizinischen Dienst bzw. Medicproof insgesamt 20 Arbeitstage angesetzt werden. Abzüglich der nach § 18 Abs. 1 Satz 3 SGB XI vorgeschriebenen drei Arbeitstage für die elektronische Übermittlung des Begutachtungsauftrages erscheint eine Fristhemmung von 17 Arbeitstagen wegen der Nachholung der Begutachtung sinnvoll und praxisgerecht.
Vorschlag
§ 18c Abs. 5 S. 4, 5 SGB XI sollte wie folgt gefasst werden (Änderungen kursiv und unterstrichen):
„Liegt ein Verzögerungsgrund vor, den die Pflegekasse nicht zu vertreten hat, so ist der Lauf der Frist nach Satz 1 so lange gehemmt, bis der Medizinische Dienst oder die Pflegekasse Kenntnis über den Wegfall des Verzögerungsgrundes erlangt der Verzögerungsgrund weggefallen ist. Wird durch den Eintritt des Verzögerungsgrundes eine erneute Terminierung der Begutachtung erforderlich, so ist der Lauf der Frist bis zum Ablauf von 17zehn Arbeitstagen nach Kenntnis des Medizinischen Dienstes oder der Pflegekasse über den Wegfall des Verzögerungsgrundes gehemmt.“
Zu Art 1 Nr. 17 (§ 18e SGB XI – Weiterentwicklung des Verfahrens der Pflegebegutachtung durch Modellvorhaben, Studien und wissenschaftliche Expertisen)
Vorgeschlagene Regelung
Nach § 18e Abs. 6 SGB XI beauftragt der Medizinische Dienst Bund bis zum 30. Juni 2026 die Durchführung eines Modellprojekts zur Prüfung der Möglichkeiten der Übernahme von Aufgaben im Rahmen des Begutachtungsverfahrens durch Pflegefachpersonen, die in der Versorgung nach dem SGB V oder SGB XI tätig sind.
Bewertung
Die Versicherten und Beitragszahler haben einen Anspruch auf eine unabhängige Begutachtung. Die Unabhängigkeit ist besonders wichtig, da die Maßstäbe der Begutachtung Ermessensspielräume lassen und eine Momentaufnahme abbilden. Dies ist in der Krankenbehandlung anders, wo es um medizinische Notwendigkeit geht.
Führen Pflegekräfte der Pflegeeinrichtungen bei von ihnen pflegerisch versorgten Pflegebedürftigen die Pflegebegutachtung durch, ist die Unabhängigkeit der Begutachtung nicht sichergestellt. Es entstehen Interessenkonflikte, weil die Pflegebedürftigen eine bestimmte Erwartungshaltung haben und sich durch die dauerhafte Pflege ein gewisses Näheverhältnis entwickelt hat. Wenn ein Leistungserbringer gleichzeitig bestimmen kann, welche Leistungen Versicherte von der Pflegeversicherung erhalten, entstehen durch diese Selbstzuweisung wirtschaftlich nachteilige Folgen für die Pflegeversicherung. Schließlich hat die Feststellung der Pflegebedürftigkeit in der Regel auch die dauerhafte Leistungsgewährung zur Folge. Dies ist nicht im Interesse der Versicherten und Beitragszahler.
Zudem gibt es keinen Bedarf für eine Eigenbegutachtung: Die Pflegebegutachtung wird bereits seit langer Zeit sehr gut durch Pflegefachkräfte der Medizinischen Dienste durchgeführt. Durch Schulungen, Fortbildungen und ständige Qualitätssicherung gewährleistet Medicproof eine einheitliche, auf gleichen Maßstäben beruhende und damit gerechte Begutachtung. Dies ist wesentlich wirtschaftlicher, als wenn jede Pflegeeinrichtung Schulungen, Fortbildung, Qualitätssicherung, datenschutzrechtlich gesicherte elektronische Kommunikation mit Versicherten, Pflegekassen, Versicherungsunternehmen etc. durchführen muss.
Die Aufgaben der Medizinischen Dienste dürfen nicht zu deren Entlastung auf die Pflegeeinrichtungen bzw. die dort tätigen Pflegefachkräfte verlagert werden. Dies führt zu einer Mehrbelastung der Pflegefachkräfte und erfordert den aufwändigen Aufbau neuer Strukturen. Die Pflegefachkräfte der Pflegeeinrichtungen mit zusätzlichen Aufgaben zu belasten, verschärft die aufgrund des Fachkräftemangels bestehenden Probleme.
Insgesamt sprechen diese Argumente gegen die Durchführung eines solchen Modellprojekts.
Vorschlag
§ 18e Abs. 6 SGB XI sollte nicht eingeführt werden.
Sollte die Regelung dennoch eingeführt werden, sollten folgende Änderungen aufgenommen werden:
Da Medicproof für die gesamte private Pflegepflichtversicherung die Pflegegutachten erstellt, wäre Medicproof auch in das Modellprojekt einzubeziehen. Daher sollte Abs. 6 S. 3 wie folgt gefasst werden (Änderungen kursiv und unterstrichen):
„Die Medizinischen Dienste und der medizinische Dienst der privaten Pflegepflichtversicherung sind bei der Durchführung des Modellprojekts zu beteiligen.“
Zu Art. 1 Nr. 18 (§ 28 SGB XI – Leistungsarten, Grundsätze)
Vorgeschlagene Regelung
Die Regelung bezieht sich auf die Erbringung der in § 15a Abs. 1 SGB V genannten Leistungen durch Pflegefachpersonen in ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen.
Bewertung
Damit kein Interpretationsspielraum verbleibt, sollte in § 28 Abs. 5 SGB XI eine Klarstellung aufgenommen werden, dass die Finanzierungszuständigkeit für diese Leistungen weiterhin bei der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.
Vorschlag
Dem vorgeschlagenen Abs. 5 sollte folgender Satz angefügt werden:
„Es handelt sich um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.“
Zu Art. 1 Nr. 20 (§ 34 SGB XI – Ruhen der Leistungsansprüche)
Vorgeschlagene Regelung
Bei der Ausnahmeregelung vom Ruhen der Leistungen wird die Weiterzahlung des Pflegegeldes einheitlich auf acht Wochen erweitert. Bislang wurde es in verschiedenen Konstellationen sechs Wochen weitergezahlt und während eines Krankenhausaufenthalts für vier Wochen. Entsprechendes gilt für die Weiterzahlung der Leistungen zur sozialen Sicherung nach den §§ 44, 44a SGB XI.
Bewertung
Die Änderungen führen zu einem Anstieg der Leistungsausgaben, weil Pflegegeld und Leistungen zur sozialen Sicherung nach den §§ 44, 44a SGB XI länger als bislang, d. h. teilweise doppelt so lange, während des grundsätzlichen Ruhens weitergezahlt werden. Dass die Dauer des Weiterzahlens für die verschiedenen Konstellationen gleich sein soll, rechtfertigt nicht, dafür einen Anstieg der Leistungsausgaben hinzunehmen. Eine deutliche Vereinfachung des Leistungsrechts ist damit ebenfalls nicht verbunden.
Vorschlag
Die vorgeschlagenen Änderungen sollten nicht eingeführt werden.
Zu Art 1 Nr. 22 (§ 37 SGB XI – Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen)
Vorgeschlagene Regelung
Nach § 37 Abs. 3 S. 1 SGB XI ist von Pflegegeldbeziehern ab Pflegegrad 2 der Beratungsbesuch einmal pro Halbjahr statt bislang bei Pflegegrad 4 und 5 einmal pro Quartal abzurufen. § 37 Abs. 3a SGB XI wird neu gefasst und um weitere Empfehlungen ergänzt. Der Nachweis über den Beratungsbesuch ist nach dem neuen § 37 Abs. 4 Satz 3 SGB XI durch Pflegedienste oder anerkannte Beratungsstellen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern an die Pflegekasse, das private Versicherungsunternehmen oder die Beihilfefestsetzungsstelle zu übermitteln.
Bewertung
Die Reduzierung der verpflichtenden Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI ist sinn-voll und ein positiver Beitrag zur Entbürokratisierung. Dies schont zudem die wertvollen Ressourcen der Pflegefachkräfte.
Es ist sinnvoll, dass Pflegebedürftige gem. § 37 Abs. 3a SGB XI im Rahmen der Pflegeberatung nach § 37 Abs. 3 SGB XI zukünftig auch auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Pflegekursen nach § 45 SGB XI sowie geeignete Beratungs- und Hilfeangebote hinge-wiesen werden sollen. Durch den Ansatz der integrierten Beratung stellt compass private pflegeberatung dies bereits regelhaft sicher.
Die Verpflichtung zur elektronischen Datenübertragung des Nachweisformulars der Beratungen nach § 37 Abs. 3 SGB XI ist eine positive Neuerung, die eine schnelle, bürokratie-arme und moderne Übermittlung an die Pflegeversicherung ermöglicht. Compass nutzt diesen Übertragungsweg regelhaft seit mehreren Jahren und bestätigt den positiven Nutzen für alle Beteiligten.
Vorschlag
Die Möglichkeit, jeden zweiten Beratungsbesuch nach § 37 Abs. 3 SGB XI per Videokonferenz in Anspruch zu nehmen, sollte entfristet werden. Die Regelung hat sich in der Praxis bewährt und stellt eine moderne Unterstützung für alle Beteiligten dar.
In § 37 Abs. 4 S. 3 SGB XI sollte nur der Weg der elektronischen Datenübertragung vorgesehen werden. Eine Übermittlung mittels Datenträgern stellt eine veraltete Übertragungs-form dar.
Zu Art. 1 Nr. 27 (§ 40b SGB XI - Leistungsanspruch beim Einsatz von digitalen Pflegeanwendungen)
Vorgeschlagene Regelung
Der einheitliche Leistungsanspruch von 50 Euro pro Kalendermonat soll erhöht und aufgeteilt werden, so dass monatlich je 40 Euro für digitale Pflegeanwendungen nach § 40a SGB XI und 30 Euro für ergänzende Unterstützungsleistungen nach § 39a SGB XI zur Verfügung stehen.
Bewertung
Eine Erhöhung und Trennung des Leistungsbetrages ist nicht erforderlich. Mangels zugelassener digitaler Pflegeanwendungen fehlt es an Erfahrungen aus der Praxis, die eine Änderung der Regelung rechtfertigen würden. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Änderung zu einer Vereinfachung der Handhabung in der Praxis führen würde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass zwei getrennte Leistungsbeträge die Unübersichtlichkeit für die Versicherten erhöhen. Insbesondere ist mit der Änderung eine Erhöhung der Leistungs-ausgaben verbunden, die es zu vermeiden gilt.
Vorschlag
Die vorgeschlagene Änderung sollte nicht erfolgen.
Zu Art. 1 Nr. 31 (§ 45d SGB XI - Förderung der Selbsthilfe in der Pflege, Verordnungsermächtigung)
Vorgeschlagene Regelung
Die bestehenden Regelungen zur Förderung der Selbsthilfe werden neu gegliedert und transparenter gestaltet. Dies geht einher mit einer Anhebung der Fördermittel von bislang 0,15 Euro pro Versicherten auf 0,20 Euro. Ein Teil dieser Fördermittel im Umfang von 0,04 Euro pro Versicherten wird für die Förderung von bundesweiten Tätigkeiten und Strukturen von Selbsthilfegruppen und Gründungszuschüssen reserviert.
Bewertung
Angesichts der schwierigen finanziellen Situation der Pflegeversicherung stehen keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung. Daher ist eine Erhöhung der Fördermittel nicht angezeigt.
Vorschlag
Die vorgesehene Erhöhung der Förderung sollte nicht eingeführt werden.
Zu Art. 1 Nr. 31 (§ 45e SGB XI - Förderung der Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken)
Vorgeschlagene Regelung
Die Regelungen zur Netzwerkförderung werden aus § 45c Abs. 9 SGB XI in eine eigenständige Regelung überführt. Der maximale Förderbetrag je Netzwerk wird von 25.000 Euro auf 30.000 Euro erhöht. Darüber hinaus werden in den Jahren 2026 bis 2031 Mittel zur Finanzierung einer Geschäftsstelle zur Unterstützung von Netzwerkgründungen und weiteren Tätigkeiten bereitgestellt.
Bewertung
Die Schaffung einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage zur Netzwerkförderung dient der Transparenz und ist sinnvoll.
Die Notwendigkeit der Errichtung einer Geschäftsstelle für die Dauer von sechs Jahren mit einem Finanzierungsvolumen von bis zu 2,4 Mio. Euro erschließt sich jedoch nicht. In den Bundesländern bestehen bereits zahlreiche Strukturen, die diese Aufgaben weitgehend übernehmen. Netzwerke bestehen bereits und haben sich etabliert oder werden neu ge-gründet. Dazu ist keine Unterstützung durch eine Geschäftsstelle erforderlich. Es bedarf keiner Schaffung weiterer und neuer Strukturen. Im Bedarfsfall kann auf bereits bestehende Strukturen zurückgegriffen werden.
Vorschlag
Es sollte keine Errichtung und Finanzierung einer eigenen Geschäftsstelle vorgesehen werden.
Sollte dennoch eine Geschäftsstelle durch den GKV-Spitzenverband errichtet werden, ist angesichts der Finanzierungsbeteiligung der PKV vorzusehen, dass auch das Einvernehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. herzustellen ist.
Der Finanzierungsbeitrag der privaten Pflegepflichtversicherung für die Förderung der Zusammenarbeit in regionalen Netzwerken ist um den Beihilfeanteil zu bereinigen und von zehn auf sieben Prozent zu kürzen.
Zu Art. 1 Nr. 32, Nr. 50 (§ 45h SGB XI - Leistungen in gemeinschaftlichen Wohnformen mit Verträgen zur pflegerischen Versorgung gemäß § 92c SGB XI; § 92c SGB XI – Verträge zur pflegerischen Versorgung in gemeinschaftlichen Wohnformen)
Vorgeschlagene Regelung
Pflegebedürftige in gemeinschaftlichen Wohnformen mit Verträgen nach § 92c SGB XI sollen einen pauschalen Zuschuss zur Sicherstellung einer selbstbestimmten Pflege in Höhe von 450 Euro monatlich erhalten. Zudem besteht für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 ein Anspruch auf häusliche Pflegehilfe gem. § 36 SGB XI und gegebenenfalls anteiliges Pflegegeld. Daneben können auch Leistungen gem. §§ 7a, 39a, 40 Abs. 1, 2, 40a, 40b, 44a und 45 SGB XI in Anspruch genommen werden. In Pflegegrad 2 bis 5 besteht zusätzlich ein Anspruch auf Leistungen nach §§ 42 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 44 SGB XI.
§ 92c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB XI sieht vor, dass eine Versorgung mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege gem. § 37 SGB V Teil des Basispakets ist, das über den pauschalen Zuschuss abgedeckt wird.
Bewertung
Der Anspruch auf einen monatlichen pauschalen Zuschuss in Höhe von 450 Euro soll der Sicherstellung einer selbstbestimmten Pflege dienen. Gleichzeitig besteht aber – anders als beim Pflegegeld – zusätzlich ein Anspruch auf häusliche Pflegehilfe in voller Höhe, der bei nicht vollständiger Ausschöpfung mit anteiligem Pflegegeld kombiniert wird. Dadurch wird ein Anreiz gesetzt, auf jeden Fall Leistungen der häuslichen Pflegehilfe zusätzlich in Anspruch zu nehmen.
Es ist fraglich, ob die Beschränkung auf bestimmte ambulante Leistungen die Mehrausgaben durch einen pauschalen monatlichen Zuschuss in Höhe von 450 Euro tatsächlich aufwiegt bzw. sogar zu einer Reduzierung der Leistungsausgaben führt.
In der Begründung heißt es, der sozialen Pflegeversicherung entstehen durch die neue gemeinschaftliche Wohnform mittelfristig Minderausgaben in Höhe von 309 Mio. Euro. Die Annahme, dass es zu Minderausgaben kommen wird, beruht auf Vermutungen. Die vorliegenden Erfahrungen stützen sich auf wenige Modellvorhaben und wenige Nutzer. Es liegen keine ausreichenden Erfahrungen mit der neu einzuführenden Art der Versorgung und somit auch mit der Entwicklung von Angebot und Nachfrage vor. Es wurden zwar verschiedene ähnliche Leistungsformen in Modellprojekten erprobt, jedoch bestehen dadurch keine Erfahrungen damit, wie die neu gestaltete Leistung der gemeinschaftlichen Wohnformen in Anspruch genommen werden würde.
Hinzu kommt, dass die neue Leistungsform in Pflegegrad 1 einen neuen Anspruch in Höhe von 450 Euro pro Monat vorsieht. Die Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 sind die Gruppe, die den stärksten Zuwachs verzeichnet. Daher führt auch dieser neue Anspruch für den Pflegegrad 1 zu einem zusätzlichen Anstieg der Leistungsausgaben. Somit ist die Richtigkeit einer Annahme von so hohen Minderausgaben sehr ungewiss. Zusätzlich führt es zu der Annahme, dass diese Minderausgaben sämtliche Leistungsausweitungen bzw. Erhöhung der Fördersumme, die der Referentenentwurf vorsieht, nicht nur aufwiegen, sondern insgesamt zu Minderausgaben führen. Diese Annahmen sind sehr gewagt und können zu einer weiteren finanziellen Überforderung der Pflegeversicherung führen, wenn die angenommene Entwicklung bezüglich der Ausgaben nicht eintritt.
Daneben wird das Leistungsrecht noch komplizierter gestaltet, weil ein neuer Leistungsbereich geschaffen wird, der weder zum häuslichen noch zum vollstationären Bereich gehört. Dies ist mit Sonderregelungen für die einzelnen Pflegegrade und die Kombination der Leistungen verbunden.
Für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 einen neuen Anspruch, d. h. den pauschalen Zuschuss in Höhe von 450 Euro monatlich vorzusehen, ist nicht angezeigt. Denn für diesen Pflegegrad sollten konsequent nur Leistungen vorgesehen werden, die allein der Prävention dienen. Das ist bei dem Zuschuss nach § 45h Abs. 1 SGB XI nicht der Fall.
Richtig ist es hingegen, Qualitätsprüfungen bei gemeinschaftlichen Wohnformen vorzusehen, weil die Qualität der Leistungserbringung insbesondere auf struktureller Ebene aktuell nicht in den Prüfungen beurteilbar ist.
Vorschlag
Die neue Leistung nach § 45h SGB XI sollte nicht eingeführt werden. Stattdessen sollte eine Inanspruchnahme der dort beschriebenen gemeinschaftlichen Wohnformen im Rahmen der bereits bestehenden Leistung gem. § 45f SGB XI (neu) ermöglicht werden. In einem größer angelegten Modellprojekt sollten mehr Erfahrungen insbesondere hinsichtlich finanzieller Auswirkungen und des Umfangs des potenziellen Nutzerkreises gesammelt werden.
Falls es dennoch zu einer eigenständigen Regelung des § 45h SGB XI kommt, sollte kein pauschaler Zuschuss in Höhe von 450 Euro vorgesehen werden.
Sollte dennoch ein pauschaler Zuschuss eingeführt werden, ist dieser nicht für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 vorzusehen. Zudem darf keine Finanzierung der häuslichen Krankenpflege über den pauschalen Zuschuss erfolgen. Dazu ist ein Ausschluss in die Regelung aufzunehmen und § 92c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB XI zu streichen.
Zu Art. 1 Nr. 57 b) (§ 113b SGB XI - Qualitätsausschuss)
Vorgeschlagene Regelung
Bis zu zweimal jährlich kann sich der erweiterte Qualitätsausschuss auf Initiative des unparteiischen Vorsitzenden mit Themen befassen, die über die gesetzlichen Aufträge nach § 113b Abs. 4 SGB XI hinausgehen, und hierzu Entscheidungen treffen. Mit einfacher Mehrheit kann der erweiterte Qualitätsausschuss zu diesen Themen Arbeitsgruppen unter Leitung des unparteiischen Vorsitzenden einrichten.
Bewertung
Die große Bedeutung des Qualitätsausschusses Pflege für die Qualitätsentwicklung in der Pflege ist unbestritten. Die Notwendigkeit einer Ausweitung der Tätigkeit in der vorgeschlagenen Art und Weise wird hingegen nicht gesehen. Die bisherigen Regelungen zur Unterbreitung von Vorschlägen und Themen zur wissenschaftlichen Bearbeitung durch das Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit sind ausreichend.
Vorschlag
Die vorgeschlagene Regelung sollte nicht eingeführt werden.
Zu Art. 1 Nr. 59 a) (§ 114 SGB XI - Qualitätsprüfungen)
Vorgeschlagene Regelung
Ab dem 1. Januar 2027 sollen die Prüfaufträge für Qualitätsprüfungen digital an die Medizinischen Dienste und den Prüfdienst des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V. (Careproof) übermittelt werden. Zur Umsetzung soll eine digitale Daten- und Kommunikationsplattform für die Planung, Beauftragung und Durchführung von Qualitätsprüfungen errichtet werden. Darüber hinaus soll Transparenz über die Anzahl der in den Ländern und bundesweit durchgeführten Qualitätsprüfungen hergestellt werden. Die Errichtung soll durch den GKV-Spitzenverband im Einvernehmen mit dem Medizinischen Dienst Bund und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. erfolgen. Die privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflegepflichtversicherung durchführen, sollen sich mit 10 Prozent an den Kosten für den Aufbau und den Betrieb beteiligen.
Bewertung
Die Nutzung der Vorteile der Digitalisierung für die Planung, Beauftragung und Durchführung von Qualitätsprüfungen durch alle Beteiligten ist sinnvoll und daher zu befürworten. Eine Verbesserung des Verfahrens ist auch nach den Erfahrungen von Careproof dringend angezeigt. So besteht bei der Datenqualität der Prüfaufträge der einzelnen Landesverbände der Pflegekassen Verbesserungsbedarf. Fehlerhafte Datensätze führen ggf. zur Nicht-Durchführbarkeit von Prüfungen. Es erfolgen z.B. Zuweisungen von unvollständigen Prüfaufträgen, bei denen sich oft erst am Tag der Prüfung herausstellt, dass die Einrichtung geschlossen ist oder bereits durch den Medizinischen Dienst geprüft wurde. Dadurch entstehen zusätzliche Aufwände für Careproof durch „Leerfahrten“, und eine Ersatzprüfung für diesen Tag ist meist kurzfristig nicht realisierbar.
Darüber hinaus enthalten die Prüfaufträge oftmals nicht die laut QPR festgelegten Inhalte, insbesondere Strukturdaten und bereits erteilte Maßnahmenbescheide nach § 115 Abs. 2 SGB XI stehen mitunter zur Umsetzung des Prüfauftrages nicht zur Verfügung.
Die Erfüllung der Kriterien für eine unangemeldete Prüfung und für den verlängerten Prüfrhythmus durch die zu prüfende Pflegeeinrichtung sollten ohne Zeitverzug in der digitalen Daten- und Kommunikationsplattform abrufbar sein. Eine gesonderte Kommunikation zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen und den Prüfdiensten sollte nicht erforderlich sein. Ein Abrufen dieser Informationen ist sinnvoll und würde die internen Prozesse von Careproof unterstützen. Hinsichtlich der unangemeldeten Prüfungen bzw. des verlängerten zweijährigen Prüfrhythmus war die Kommunikation bislang sehr intensiv. Ob eine Beauftragung über die Plattform ohne Kommunikation möglich sein wird, ist daher fraglich.
Welche Änderungen hinsichtlich der Anbindung der Datenauswertungsstelle erfolgen sollen, ist unklar, weil bereits Schnittstellen zum Abrufen der Stichproben aus der Daten-auswertungsstelle bestehen und diese von den Prüfdiensten genutzt werden.
Sollen bestehende Strukturen der Kommunikation und des Informationsaustauschs eingebunden werden, sollte dies nur erfolgen, wenn diese bereits einheitlich standardisiert sind und von allen Beteiligten genutzt werden können.
Vorschlag
Eine bundesweite digitale Daten- und Kommunikationsplattform sollte auch für die Kommunikation aller relevanter Akteure genutzt werden. Eine Weiterentwicklung um zusätzliche Schnittstellen und Funktionen sollte ermöglicht werden.
Der Finanzierungsanteil der privaten Pflegepflichtversicherung ist um den Beihilfeanteil zu bereinigen und von zehn auf sieben Prozent zu reduzieren.
Bei der statistischen Datenauswertung sollte auch erhoben werden, wie viele Pflegeeinrichtungen von den Medizinischen Diensten geprüft werden. Daher ist § 114 Abs. 1a S. 5 Nr. 2 SGB XI wie folgt zu ergänzen (Änderungen kursiv und unterstrichen):
„2. zur Prüfquote des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und zu den Prüfquoten der jeweiligen Medizinischen Dienste und“
Zu Art. 1 Nr. 60 b) (§ 114a SGB XI - Durchführung der Qualitätsprüfungen)
Vorgeschlagene Regelung
Die Feststellung einer Unterschreitung der Prüfquote des Prüfdienstes des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e. V. (Careproof) soll durch den GKV-Spitzenverband auf Basis der Berichterstattung nach § 114c Abs. 3 S. 3 SGB XI erfolgen. Bei Unterschreitung der Prüfquote werden die Daten an das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) übermittelt. Durch das BAS soll der in dem Fall zu zahlende Finanzierungsanteil festgesetzt werden.
Bewertung
Eine Unterschreitung der Prüfquote durch Careproof ist seit Beteiligung an der externen Qualitätssicherung nicht eingetreten. Vielmehr erfolgte eine Übererfüllung. Die Schaffung von Transparenz zum gesamten Prüfgeschehen durch die Berichterstattung nach § 114c Abs. 3 S. 3 SGB XI ist sehr zu befürworten und sollte auch die Prüfquoten der Medizinischen Dienste abbilden.
Vorschlag
Eine Verschlankung des bisherigen Verfahrens durch Nutzung der Berichterstattung sollte jedoch weiterhin durch das BAS erfolgen. Außerdem sollte dabei weiterhin eine eingetretene Überschreitung der Prüfquote durch Careproof durch das BAS festgestellt werden.
Darüber hinaus sollte unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung auch für die Medizinischen Dienste eine Pflicht zur Ausgleichszahlung eingeführt werden, wenn sie ihre Prüfquote nicht erfüllen.
Zu Art. 1 Nr. 61 (§ 114c SGB XI – Richtlinien zur Verlängerung des Prüfrhythmus)
Vorgeschlagene Regelung
Durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen wird jährlich dem Bundesministerium für Gesundheit über die Erfahrungen der Pflegekassen mit der Erhebung und Übermittlung von indikatorenbezogenen Daten der vollstationären Pflegeeinrichtungen sowie zu Qualitätsprüfungen in vollstationären, teilstationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen berichtet.
Bewertung
Bislang sind die Berichte nur dem Bundesministerium für Gesundheit zur Verfügung zu stellen. Es sollte mehr Transparenz hergestellt werden.
Vorschlag
Für die Herstellung von mehr Transparenz sollten diese Berichte auch durch den Spitzen-verband Bund der Pflegekassen veröffentlicht werden.
Zu Art. 1 Nr. 69 (§ 150 SGB XI – Sicherstellung der pflegerischen Versorgung, Kostenerstattung für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige)
Vorgeschlagene Regelung
§ 150 Abs. 1 SGB XI wird wegen des Ablaufs der befristeten Geltung aufgehoben.
Bewertung
Die Aufhebung veralteter Regelungen ist zu befürworten.
Vorschlag
§ 150 SGB XI war befristet und ist eine auf die SARS-CoV-2-Pandemie bezogene Sonderregelung. Der Grund für die Sonderregelung ist entfallen, so dass die gesamte Regelung des § 150 SGB XI aufgehoben werden kann.
Zu Art. 2 Nr. 2 (§ 15a SGB V - Behandlung durch Pflegefachpersonen, Pflegeprozessverantwortung)
Vorgeschlagene Regelung
Die Regelung sieht vor, dass Pflegefachpersonen, die über eine nach dem Pflegeberufegesetz vorgeschriebene berufliche oder hochschulische Ausbildung, eine staatlich anerkannte, bundesweit einheitliche Weiterbildung oder über eine solcher Weiterbildung entsprechende Berufserfahrung verfügen, die durch eine staatliche Kompetenzfeststellung der Länder nachgewiesen wurde, bestimmte ärztliche Leistungen eigenverantwortlich erbringen dürfen.
Es handelt sich um Leistungen, die bislang ausschließlich Ärzten vorbehalten waren. Er-fasst sind insbesondere:
• Leistungen, die nach ärztlicher Diagnose aus festgelegten Leistungskatalogen erbracht werden (§ 73d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V)
• die eigenständige Verordnung von häuslicher Krankenpflege einschließlich der notwendigen Hilfsmittel nach § 33 SGB V, nach einer erstmaligen ärztlichen Verordnung (§ 73d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V),
• sowie Leistungen der ärztlichen Behandlung aus Anlage 1 des Rahmenvertrags nach § 64d Abs. 1 Satz 4 bis zum Abschluss eines Vertrages nach § 73d Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Pflegefachpersonen sollen nach ärztlicher Diagnose und Indikationsstellung heilkundliche Leistungen eigenverantwortlich erbringen dürfen. Ihnen obliegt die Verantwortung für die rechtzeitige und fachlich gebotene Einbeziehung von Ärzten. Zudem sollen sie eigenständig für eigene Behandlungsfehler haften. Die Regelung gilt sektorenübergreifend – also im ambulanten und stationären Bereich.
Bewertung
Die Ausweitung der pflegerischen Kompetenzen wird begrüßt – vorausgesetzt, dass sie einerseits zur Entlastung ärztlicher Ressourcen beiträgt und damit Freiräume für die originär ärztlichen Kernaufgaben schafft, und andererseits die qualitativ hochwertige und patientengerechte Versorgung durch entsprechend qualifizierte Pflegefachpersonen sichergestellt ist. Ausdrücklich zugestimmt wird der vorgesehenen Regelung, dass Pflegefachpersonen erst nach ärztlicher Diagnose und Indikationsstellung heilkundliche Leistungen eigenverantwortlich erbringen können sollen. Auf dieser Grundlage können berufsrechtlich weisungsfreie Entscheidungen über Art, Dauer und Häufigkeit der Behandlung getroffen werden.
Der Referentenentwurf setzt sich mit der Frage der Beschäftigungsform der Pflegefachpersonen nicht auseinander. Im Fokus steht allein die Frage, ob die Pflegefachperson die fachliche Verantwortung eigenständig übernimmt. Diese erweiterten Kompetenzen können nach Verständnis des PKV-Verbandes nur in nichtselbständiger Beschäftigung in der Arztpraxis (ähnlich angestellten Ärzten) ausgeübt werden. Der Begriff „eigenverantwortlich“ ist in diesem Zusammenhang somit berufsrechtlich zu verstehen – als fachliche Unabhängigkeit in der Durchführung der Leistung, nicht als wirtschaftliche Selbstständigkeit. Die Kompetenz von Pflegefachpersonen in der Versorgung wird durch diese Regelung folglich ausschließlich berufsrechtlich erweitert; ihnen werden eigenständige Handlungsspielräume innerhalb des (vertrags-)ärztlichen Leistungsspektrums eingeräumt.
Fraglich erscheint jedoch, wie die Leistungen der Pflegefachpersonen in der PKV vergütet werden können. Deren Leistungen können dem Arzt gebührenrechtlich nur zugerechnet werden, wenn dies unter ärztlicher Aufsicht und nach fachlicher Weisung geschieht (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Im Referentenentwurf wird die Eigenständigkeit dahingehend um-schrieben, dass es sich bei den Tätigkeiten der Pflegefachperson „nicht mehr um eine (erweiterte) Delegation von Leistungen [handelt]“ (vgl. Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz v. 23.06.2025, S. 150). Folglich könnten der Abrechnung heilkundlicher Leistungen der Pflegefachkraft durch die Arztpraxis oder das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) bei strenger Auslegung die Bestimmungen der GOÄ entgegenstehen.
Vorschlag
Sofern eine Abrechnung heilkundlicher Leistungen durch den Gesetzgeber beabsichtigt sein sollte, ist eine Anpassung der GOÄ erforderlich, damit das Ziel, bestimmte Leistungen durch entsprechend qualifizierte Pflegefachpersonen ausdrücklich zuzulassen und diese den Ärzten zuzurechnen, verwirklicht werden kann. Wichtig ist, dass die jeweiligen Leistungen sowohl in der bestehenden als auch in der künftigen GOÄ in der Rechnung kenntlich gemacht werden, um Transparenz für die Abrechnung zu schaffen.
Die durch Pflegefachpersonen erbrachten Leistungen sollten zur Abgrenzung gegenüber originär ärztlichen Leistungen nur zu einem niedrigeren Gebührensatz berechnungsfähig sein. Dafür wird der Einfachsatz der GOÄ (1,0-fachen Gebührensatz) vorgeschlagen.
Zu Art. 2 Nr. 4 (§ 33 Abs. 5a - Hilfsmittel)
Vorgeschlagene Regelung
Diese Vorschrift ermöglicht es Pflegefachpersonen, eine Folgeversorgung mit bestimmten Hilfsmitteln auch dann zu verordnen, wenn keine ärztliche Folgeverordnung vorliegt – vorausgesetzt, es existiert eine ärztliche Erstverordnung.
Bewertung
Die Regelung ist inhaltlich folgerichtig. Für die PKV ist die Umsetzung jedoch mit Herausforderungen verbunden. § 4 Abs. 3 der Musterbedingungen für Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) sieht vor, dass Heil- und Hilfsmittel nur von den in Abs. 2 genannten Behandelnden verordnet werden dürfen. Dabei handelt es sich um Ärzte, Zahnärzte sowie Heilpraktiker. Dementsprechend sind auch die Tarifbedingungen der PKV ausgestaltet. Eine Erstattung von Verordnungen durch Pflegefachpersonen wäre daher derzeit nicht möglich. Zur Umsetzung der Regelung müsste, wie bereits bei der Einführung Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA), eine Anpassung der Tarifbedingungen erfolgen.
Zu Art. 2 Nr. 12 (§ 73d SGB V - Eigenverantwortliche Erbringung von Leistungen durch Pflegefachpersonen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung; eigenverantwortliche Verordnung häuslicher Krankenpflege durch Pflegefachpersonen, Evaluation)
Vorgeschlagene Regelung
Die Regelung sieht u. a. vor, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene und die Vereinigungen der Träger von Pflegeheimen bis zum 31. Juli 2027 in einem Vertrag einen Katalog an Leistungen der ärztlichen Behandlung regeln, die Pflegefachpersonen nach § 15a Abs. 1 Nr. 1 SGB V eigenverantwortlich erbringen können. Sie sollen zudem Rahmenvorgaben zur interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Pflegefachpersonen und Ärzten bei der Erbringung der nach den Nrn. 1 und 2 vereinbarten Leistungen machen. Die in dem Vertrag zu regelnden Leistungen setzen eine ärztliche Diagnose und Indikationsstellung voraus.
Bewertung
Dieser Paragraf stellt – analog zu § 112a SGB V, der den Krankenhausbereich betrifft – eine Regelung dar, nach der bis zum 31. Juli 2028 eine Vereinbarung zwischen den genannten Trägern getroffen werden soll. Im Unterschied zu § 112a SGB V ist die PKV jedoch nicht in das Verfahren einbezogen. Um die Belange der privat Versicherten und Beihilfeberechtigten bei den Festlegungen der auf Pflegefachpersonen zu übertragenden ärztlichen Leistungen berücksichtigen zu können, sind der PKV analog zu § 112a SGB V auch im Rahmen von § 73d SGB V entsprechenden Beteiligungsrechte am Verfahren einzuräumen.
Zu Art. 2 Nr. 14 (112a SGB V - Eigenverantwortliche Erbringung von Leistungen durch Pflegefachpersonen im Rahmen der Krankenhausbehandlung)
Vorgeschlagene Regelung
Die Regelung sieht eine eigenverantwortliche Erbringung von Leistungen durch Pflegefachpersonen im Rahmen der Krankenhausbehandlung vor. Hierzu vereinbaren die Vertragsparteien auf Bundesebene bis zum 31. Juli 2028 einen Katalog an Leistungen der ärztlichen Behandlung, die Pflegefachpersonen gem. § 15a SGB V-neu in zugelassenen Krankenhäusern eigenverantwortlich erbringen können, sowie Rahmenvorgaben zur interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Pflegefachpersonen und Ärzten im Krankenhaus.
Bewertung
Es sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die eigenverantwortliche Erbringung ärztlicher Behandlungen durch Pflegefachpersonen in zugelassenen Krankenhäusern nicht nur gegenüber gesetzlich Versicherten, sondern gegenüber allen Nutzern des Krankenhauses erfolgen kann.
Zudem sollte ein gesetzlicher Hinweis erfolgen, dass ärztliche Behandlungen durch Pflegefachpersonen nicht als eigene Leistungen eines Wahlarztes, die mit einem Wahlarztentgelt zusätzlich zur Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistung abgerechnet wer-den, gelten können. Denn § 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG begrenzt die Berechnung von Wahlleistungsentgelten auf die Leistungen von Ärzten bzw. im Bereich der Psychotherapie auf Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Demnach können Leistungen von Pflegefachpersonen nicht einer Wahlarztleistung zugeordnet werden.
Vorschlag:
In § 112a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V werden hinter dem Wort „Krankenhäusern“ die Worte „für alle Benutzer“ eingefügt.
In § 112a Abs. 1 SGB V wird folgender Absatz 3 angefügt:
„Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 gelten nicht als eigene Leistungen des Wahlarztes.“