Die Finanzierung der neuen Pflegeassistenzausbildung über Beiträge der Sozialversicherung ist ordnungspolitisch verfehlt. Sie belastet die Pflegeversicherung zusätzlich – ohne Gegenfinanzierung und ohne nachhaltige Strategie für die demografischen Herausforderungen.
- Es ist ordnungspolitisch fragwürdig, wenn die Berufsausbildung der Pflegeberufe durch die Beitragszahler der Sozialversicherung finanziert werden soll.
- Der ordnungspolitisch falsche Ansatz wiegt umso schwerer, als damit trotz der bereits bestehenden Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung ihr weitere Finanzierungslasten aufgebürdet werden. Eine Gegenfinanzierung erfolgt nicht, eine nachhaltige Finanzierungsstrategie für die alternde Gesellschaft ist nicht vorhanden.
I. Allgemeine Anmerkung
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird versucht, das Wachstum der absehbaren Beschäftigungslücke in der Pflege zu dämpfen. Er geht davon aus, dass die Sicherung einer Personalausstattung künftig nicht mehr allein durch eine weitere Steigerung der Zahl vorhandener Pflegefachpersonen sichergestellt werden kann, sondern es vielmehr auch eines neuen Personalmixes zwischen Personen mit einer Assistenzausbildung und Pflegefachpersonen bedarf. Hierfür sieht der Gesetzentwurf ein eigenständiges und einheitliches Berufsprofil für die Pflegefachassistenz vor. Ziel ist es, durch klare Entwicklungspfade, eine angemessene Ausbildungsvergütung und die Durchlässigkeit der Ausbildung mehr Interessentinnen und Interessenten für eine Tätigkeit in der Pflege zu gewinnen. Gleichzeitig sollen Pflegefachkräfte entlastet werden.
Die Private Krankenversicherung (PKV) befürwortet Maßnahmen, die zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufes und damit auch zur Verfügbarkeit einer ausreichenden Anzahl an Pflegekräften beitragen. Differenzierte Karrierewege in der Pflege können einen Beitrag zur Versorgungsqualität leisten. Zudem bedarf es nicht für alle pflegerischen Bedarfe die gleichen Bildungsabschlüsse und Kompetenzen der Pflegekräfte. Mit dem Einsatz von sinnvoll gemischten Teams mit unterschiedlichen Qualifikationen des Pflegepersonals wird ein Personaleinsatz nach Gießkannenprinzip vermieden und Ressourcen auf die wirklichen Bedarfe zugesteuert, einer Überlastung der Fachkräfte vorgebeugt, eine höhere Professionalität in der pflegerischen Versorgung erreicht und der Beruf letztlich attraktiver gemacht.
Die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung ist sinnvoll. Um den Anforderungen einer qualitativ guten pflegerischen Versorgung gerecht zu werden, ist jedoch ein adäquates Kompetenzniveau erforderlich. Insofern wird die Einführung einer Pflegefachassistenzausbildung mit einer Ausbildungsdauer von achtzehn Monaten als notwendig erachtet. Dadurch können die Ausbildungsinhalte in einer angemessenen Zeit vermittelt und erlernt und die erforderlichen Kompetenzen erworben werden. Sinnvoll sind auch die Regelungen zur Anschlussfähigkeit an die Ausbildungen nach dem Pflegeberufegesetz. Die Pflegefachassistenzausbildung stellt insoweit einen weiteren Beitrag zur Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes Pflege dar.
Ordnungspolitisch fragwürdig ist es, wenn die Berufsausbildung der Pflegeberufe durch die Beitragszahler der Sozialversicherung finanziert werden soll. Der ordnungspolitisch falsche Ansatz wiegt umso schwerer, als damit trotz der bereits bestehenden Finanzprobleme der Sozialen Pflegeversicherung ihr weitere Finanzierungslasten aufgebürdet werden. Eine Gegenfinanzierung erfolgt nicht, eine nachhaltige Finanzierungsstrategie für die alternde Gesellschaft ist nicht vorhanden.
II. Zu ausgewählten Regelungen des Gesetzentwurfs
Zu Art. 1, § 1 (Führen der Berufsbezeichnung)
Vorgeschlagene Regelung
Das Führen der Berufsbezeichnung „Pflegefachassistentin“, „Pflegefachassistent“ oder „Pflegefachassistenzperson“ bedarf der Erlaubnis.
Bewertung
Die Einführung von drei Begrifflichkeiten für eine identische Berufsbezeichnung halten wir nicht für sinnvoll. Wir schlagen die durchgehende Verwendung der Berufsbezeichnung „Pflegefachassistenzperson“ vor.
Gleiches gilt für die Bezeichnung in § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 24 Nr. 2, § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, § 29, § 31 Nr. 3, § 32 Abs. 1 Nr. 2 b), § 33 Abs. 1, § 34 Abs. 1, 2, 3 Nr. 2 und 5, § 36 Abs. 1, 2 und 3 Nr. 1, § 38 Abs. 1 Nr. 3, § 39 Abs. 1 Nr. 6, § 42 Abs. 1 PflFAssG.
Zu Art. 2, Nr. 4 b)
Vorgeschlagene Regelung
In § 1 der Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung soll nach Absatz 2 ein Absatz 2a eingefügt werden, nach dem Pflegefachassistenzkräfte im Sinne der Verordnung Personen mit einer Erlaubnis nach § 1 des Pflegefachassistenzgesetzes oder § 50 des Pflegefachassistenzgesetzes sind.
Bewertung
Mit der Berufsbezeichnung „Pflegefachassistenzkräfte“ wird ein neuer Begriff eingeführt, der jedoch im Widerspruch zu ansonsten vorgesehenen Berufsbezeichnungen steht. Auch hier sollte die Berufsbezeichnung „Pflegefachassistenzperson“ verwendet werden.
Gleiches gilt für Nr. 11 b), Nr. 12 a) und b) sowie Art. 8.
Zu Art. 1, § 24 (Finanzierung) und
Zu Art. 2 Nr. 9, Nr. 13 c) aa) bb) (§§ 9, 13 Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung)
Vorgeschlagene Regelungen
Mit einer bundeinheitlichen, generalistisch ausgestalteten Pflegefachassistenzausbildung sollen auch eine einheitliche Finanzierung und einheitliche Finanzierungsgrundsätze eingeführt wer-den. Dabei sollen die Kosten und Kostenanteile, die die bisherigen Kostenträger für die Ausbildungen nach dem Pflegeberufegesetz tragen, der gemeinsamen Finanzierung zugrunde gelegt werden.
Gemäß § 24 PflFAssG werden die Kosten der vorgesehenen generalistischen Pflegefachassistenzausbildung durch den Ausgleichsfonds nach § 26 PflBG finanziert. Zu den Kosten der Ausbildung gehören sowohl die Kosten der Ausbildungsvergütung als auch die Kosten der praktischen sowie theoretischen Ausbildung an den Pflegeschulen und des praktischen Teils.
Diese Kosten werden im Rahmen des in den §§ 28-36 PflBG vorgesehenen Umlageverfahrens in Höhe von 57,2380 Prozent des Gesamtfinanzierungsbedarfs den öffentlichen Krankenhäusern auferlegt. Die Krankenhäuser können ihre hierdurch entstandenen Mehrkosten gemäß § 28 Abs. 2 PflBG gegenüber den Kostenträgern durch einen zusätzlichen Ausbildungszuschlag refinanzieren. Der Anteil, der hiervon von der privaten Krankenversicherung zu tragen ist, wird mit rund 11 Prozent (31,1 Mio. Euro je Ausbildungsjahr) beziffert.
Aufgrund des Verweises auf § 26 sowie §§ 28 bis 36 PflBG hat die private Pflegepflichtversicherung 10 Prozent der Kosten der Direktzahlung der sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 3,6 Prozent des gesamten Finanzierungsbedarfs an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung zu erstatten. Die daraus der privaten Pflegepflichtversicherung entstehenden Mehrkosten werden mit 1,8 Mio. Euro pro Ausbildungsjahr angegeben. Außerdem kommen Kosten in Höhe von 0,5 Mio. Euro hinzu, die aus der Begrenzung der Eigenanteile der vollstationären Pflege resultieren.
Bewertung
Die vorgesehene Regelung führt zu einem weiteren Anstieg der ohnehin schon stark zunehmen-den Leistungsausgaben im stationären Bereich (Krankenhauskosten 2023: + 13,5 Prozent).
Weiterhin käme es zu einem Anstieg der Kosten für die Pflegeversicherung einerseits durch die zusätzliche Finanzierung der Pflegefachassistenzausbildung und andererseits durch die damit einhergehenden Erhöhungen der Leistungsausgaben. Dies kann angesichts der angespannten finanziellen Situation der Pflegeversicherung nicht unterstützt werden.
Die Finanzierung der hochschulischen wie auch beruflichen Pflegeausbildung muss aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung für die pflegerische Versorgung über Steuermittel erfolgen. Eine weitere Übertragung eines Teils der Finanzierung auf die Beitragszahler der Kranken- und Pflegeversicherung ist, wie bereits bei den Ausbildungen nach dem Pflegeberufegesetz, nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus ist es ordnungspolitisch fragwürdig, wenn die Berufsausbildung durch die Beitragszahler der Sozialversicherung finanziert werden soll.
Die vorgeschlagene Regelung des § 24 PflFAssG und die entsprechenden Folgeänderungen in den §§ 9, 13 Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung sind deshalb entsprechend zu ändern.
Sollte es dennoch bei der Regelung bleiben, ist hinsichtlich des geplanten Finanzierungsanteils der privaten Pflegepflichtversicherung analog bestehender Finanzierungsverpflichtungen (z. B. § 8 Abs. 9 SGB XI) eine Beteiligung in Höhe von 7 Prozent – entsprechend des Anteils der privatversicherten Pflegebedürftigen – vorzusehen.