Durch die vorliegende Rechtsverordnung nach § 153 SGB XI stellt der Bund der sozialen Pflegeversicherung (SPV) im April 2022 Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Zur Begründung wird angegeben, die soziale Pflegeversicherung könne die pandemiebedingten Mehrausgaben (16. Kapitel, Dritter Abschnitt SGB XI, sogenannter Corona-Pflege-Rettungsschirm) im Rahmen des geltenden Beitragssatzes nicht tragen. Es wird darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls noch weitere Finanzierungsinstrumente erforderlich sein könnten, um den Beitragssatz 2022 konstant zu halten.
Zudem, so die Begründung der Verordnung, werde mit dieser Zuweisung ein erster Beitrag zur Umsetzung der Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag geleistet, wonach die pandemiebedingten Zusatzkosten in der Pflege aus Steuermitteln finanziert werden sollen.
Die PKV teilt diese Einschätzung, kann aber nicht nachvollziehen, warum die PPV erneut keinen Steuerzuschuss erhält, sondern die Mehrkosten vollständig aus Beitragsmitteln aufbringen muss. Im Oktober 2021 hatte die SPV bereits schon einmal einen Zuschuss von einer Milliarde Euro aufgrund des gleichen Sachverhalts erhalten. Auch damals hatte die PPV keinen Zuschuss erhalten.
Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen.
An der Finanzierung des Pflege-Rettungsschirms muss sich die PPV mit 7 Prozent - entsprechend dem Anteil der Pflegebedürftigen - beteiligen. Ihre Versicherten haben dadurch keinen unmittelbaren Vorteil. Bei der Finanzierung der Einnahmeausfälle der Pflegeeinrichtungen, für die ein Teil dieser Mittel eingesetzt werden, ist noch nicht einmal zu erkennen, dass sie der pflegerischen Versorgung dienen. Sie verhindert möglicherweise einen Bankrott einzelner Einrichtungen, aber sie verhindert auch, dass die knappen Pflegeressourcen dort eingesetzt werden, wo eine Nachfrage besteht. Das Programm weist damit eher den Charakter einer Subvention auf. Warum die Privatversicherten ihren Finanzierungsanteil aus eigenen Mitteln finanzieren müssen, ist nicht nachvollziehbar.
Da die Privatversicherten außerdem die Steuermittel, die die SPV erhält, mit aufbringen müssen, handelt sich um eine klassische Doppelbelastung für den gleichen Zweck, die verfassungsrechtlich nicht haltbar ist.
Besonders eklatant ist dies bei den Beihilfeberechtigten. Da sich die Beihilfe, anders als an den Kosten der Pflegeleistungen, nicht an der Finanzierung beteiligt, müssen sie auch diesen Anteil, der in der Regel bei 70 Prozent liegt, mit aufbringen.
Die Gesamtbelastung der PPV durch den Pflege-Rettungsschirm liegt bei rund 440 Millionen Euro.
Als notwendige, wenn auch nicht hinreichende Sofortmaßnahme zur Entlastung der PPV-Versicherten müsste es der PPV ermöglicht werden, nicht mehr benötigte Überschüsse aus ihrem Finanzierungsanteil nach § 8 Absatz 9 Satz 2 SGB XI (Pflegestellen-Sofortprogramm), die beim Bundesamt für soziale Sicherung festliegen, mit den Zahlungsverpflichtungen der PPV für den Pflege-Rettungsschirm zu verrechnen.
Im Übrigen ist die PKV der Meinung, dass es an der Zeit wäre, den Corona-Pflege Rettungsschirm zu beenden. Bedenken ergeben sich daraus, dass insbesondere die Erstattung der Mindereinnahmen in der jetzigen Form der Versorgung der Pflegebedürftigen nicht nützt. Sie sollten gegebenenfalls begrenzt werden auf Fälle von Angebotseinschränkungen durch hoheitliche Maßnahmen. Notwendig erscheint insgesamt eine bessere Transparenz der Wirkungen des Rettungsschirms.