Unsere Experten im PKV-Verband berichten im Gespräch über Ziele und Besonderheiten der privaten Krankenversicherer bei der Einführung digitaler Services. Sandra Weber leitet das Referat E-Health; Guido Steigner das Referat Digitalisierung. Der Text ist eine Kurzfassung. Das gesamte Interview finden Sie in unserem Rechenschaftsbericht 2023.
In diesem Jahr passiert einiges in Sachen Digitalisierung in der PKV: Per Online-Check-In übertragen Versicherte ihre Daten an Arztpraxen, erste Unternehmen bieten elektronische Patientenakten und das E-Rezept an. Und das ist nur der Anfang.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens nimmt Fahrt auf. Laut Digitalisierungsstrategie des Gesundheitsministers sollen bis 2025 80 Prozent der GKV-Versicherten eine elektronische Patientenakte haben. Was bedeutet das für die PKV?
Guido Steigner: Zunächst mal sollte allen bewusst sein, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen ein Prozess ist. Es gibt keinen Schalter, den wir umlegen, und auf einen Schlag sind alle Anwendungen digitalisiert. Im PKV-Verband führen wir seit etwa 15 Jahren Digitalisierungsprojekte für die Branche durch. Aber seit wir als PKV im Jahr 2020 wieder als Gesellschafter in die Gematik eingetreten sind, sind die möglichen Mehrwerte für Versicherte und Unternehmen noch einmal deutlich gestiegen. Das liegt vor allem an der Teilhabe an der Telematikinfrastruktur (TI). Digitalisierung ist also für uns kein neues Thema. Es ist aber deutlich mehr Tempo hineingekommen.
Welchen Einfluss hatte die Corona-Pandemie auf die Digitalisierung?
Sandra Weber: Die Pandemie hat den Druck erhöht – nicht nur auf die PKV-Branche, sondern auch auf den Gesetzgeber. Wir haben schmerzlich erfahren, dass uns digitale Prozesse hätten helfen können. In anderen Ländern funktioniert zum Beispiel das E-Rezept – bei uns nicht. Aber der Druck geht auch vom Markt aus: Wenn etwa Google Gesundheitsdienste einführt, entspricht dies möglicherweise nicht unseren Ansprüchen an den Schutz personenbezogener Gesundheitsdaten. Das können wir für die Privatversicherten nicht wollen.
Durch die Teilhabe an der TI steigen die Mehrwerte für Versicherte und Unternehmen deutlich.
Nochmal das Stichwort ePA: Kommt sie nun auch in der Privaten Krankenversicherung?
Sandra Weber: Ja, das wird sie. Aber wir arbeiten nicht mit Quoten. Unsere Unternehmen müssen gut rechtfertigen, worin sie investieren. Wenn sie eine ePA einführen, sind sie davon überzeugt. Sie werden dafür sorgen, dass sie den Versicherten einen Mehrwert bietet, so dass sie sie auch nutzen.
Auf der Digital-Messe DMEA hat der PKV-Verband erstmals den sogenannten Online-Check-In für Privatversicherte vorgestellt. Was verbirgt sich dahinter?
Sandra Weber: Privatversicherte können künftig per Smartphone in das Praxisverwaltungssystem ihres Arztes oder ihrer Ärztin einchecken – mit Hilfe von Digitalen Identitäten anstatt einer elektronischen Gesundheitskarte. Auf diese Weise können sie sehr bequem und zeitgemäß an den Fachanwendungen der Telematikinfrastruktur, also zum Beispiel der ePA und dem E-Rezept, teilhaben.
Wir ermöglichen einen komplett digitalen Durchlauf von der Verordnung bis zum Einreichen des E-Rezepts.
Das heißt, das E-Rezept können PKV-Versicherte dann auch nutzen?
SW: Genau. Das E-Rezept für Privatversicherte haben wir ebenfalls auf der DMEA vorgestellt. Das Besondere ist, dass unsere Versicherten künftig über die E-Rezept-App auf ihrem Smartphone Arzneimittelverordnungen in der Apotheke einlösen und anschließend die Rechnung zur Kostenerstattung digital an ihren Versicherer senden können. Wir ermöglichen also einen komplett digitalen Durchlauf von der Verordnung bis zum Einreichen des Rezepts bei der Versicherung.
Stehen noch weitere TI-Anwendungen in den Startlöchern?
SW: Zusätzlich zur ePA und dem E-Rezept arbeiten wir an der E-Rechnung für Privatversicherte – einer ganz wichtigen Fachanwendung, weil sie PKV-spezifisch ist. Der Versicherte soll die Rechnung digital aus dem Praxisverwaltungssystem seiner Ärztin oder seines Arztes erhalten, um sie bei seiner Versicherung einzureichen. In den meisten Fällen geht das dann schneller als bisher, da Rechnungen nicht mehr eingescannt werden müssen und Datensätze bereits strukturiert sind.