Meldung 21. August 2023

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass im Jahr 2024 die Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung weiter steigen werden. Wirtschaftsverbände warnen vor den Folgen für den Wirtschaftsstandort und fordern Strukturreformen.

Die Beitragsspirale in der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung dreht sich weiter. Aktuell prognostiziert zum Beispiel der BKK-Dachverband in einer aktuellen Analyse einen Anstieg des Zusatzbeitrags um 0,2 Prozentpunkte. Die Mehrkosten der Krankenhausreform und der drohende Wirtschaftsabschwung sind hier noch nicht einmal mit eingepreist. Der Gesamtbeitragssatz bei den Sozialabgaben könnte nach Berechnungen des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung im kommenden Jahr auf 41,8 steigen. Die steigenden Lohnzusatzkosten treffen die deutsche Wirtschaft in einer gefährlichen Lage: Die Konjunkturampel des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zeigt eine akute Rezessionsgefahr – die Wahrscheinlichkeit für einen Wirtschaftsabschwung ist seit Juni sprunghaft gestiegen.  

Angesichts dieser Perspektiven fordert die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die Politik zum Handeln auf. „Unsere Sozialversicherungen sind dringend reformbedürftig“, erklärt Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger. Doch anstatt nachhaltige Verbesserungen zu schaffen, lade die Politik die Last auf die Schultern der Beitragszahler. „Das ist unsozial und löst die strukturellen Finanzierungsprobleme der Sozialversicherungen nicht“, kritisiert er. „Wir brauchen eine Sozialabgabenbremse durch ausgabesenkende Reformen in den Sozialversicherungen. Einsparungen und Reformen heißt das Gebot der Stunde“, fordert Dulger weiter. Schon heute stehe Deutschland bei den Belastungen der Arbeitseinkommen mit Steuern und Sozialabgaben im OECD-Vergleich an der Spitze.

Die aktuelle Höhe der Sozialabgaben ist leistungsfeindlich. Sie verhindert Wachstum und belastet Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wir brauchen bei 40 Prozent Sozialabgaben eine Belastungsbremse. Diese Bremse sollten die Ampel-Parteien gemeinsam mit der Union beschließen und – ähnlich wie die Schuldenbremse – im Grundgesetz verankern. Damit diese Netto-Garantie für Gehälter auch dauerhaft eingehalten wird.

CDU-Fraktionsvize Jens Spahn , Bild am Sonntag vom 20. August 2023

MIT: „Deutschland braucht einen Sozialabgabendeckel“

„Die Lohnnebenkosten müssen endlich runter“, fordert auch die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Gitta Connemann. „Deutschland braucht einen Sozialabgabendeckel“, heißt es in einem aktuellen Beschluss des MIT-Bundesvorstands, aus dem die FAZ zitiert. Der sozialpolitische Trend gehe immer stärker in Richtung einer Vollkaskoversicherung und eines staatlichen Einheitssystems, kritisiert der MIT-Bundesvorstand die Entwicklungen in der Kranken- und Pflegeversicherung. Die demografische Entwicklung lasse keinen Raum für neue Leistungsausweitungen.

Ohne strukturelle Reformen der Sozialversicherungen würden Sozialbeiträge von 50 Prozent oder dramatisch steigende Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt drohen. Deutschland müsse sich deshalb von einer Politik verabschieden, „die wirtschaftsfeindlich, finanziell nicht nachhaltig und den künftigen Generationen gegenüber zutiefst ungerecht ist“. Die MIT hinterlegt dies mit konkreten Forderungen:

  • Stopp von Leistungsausweitungen in der Pflegeversicherung
  • Mehr private Vorsorge und Eigenbeteiligung im Bereich der Krankenkassen aus
  • Stärkung von Wettbewerb, Innovation und Wahlfreiheit in einem dualen Gesundheitssystem mit gesetzlicher und privater Krankenversicherung.
  • Stärkung der privaten und betrieblichen kapitalgedeckten Vorsorge durch verbesserte sozialrechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen.

„Wenn in den kommenden Jahren die Babyboomer in den Ruhestand gehen, werden die finanziellen Probleme des Umlage­systems dramatisch zunehmen“, warnte PKV-Verbandsvorsitzender Thomas Brahm auf der PKV-Jahrestagung. „Die PKV ist bereit, mit Hilfe kapitalgedeckter Vorsorge mehr Stabilität in der Finanzierung der Pflege und in der Krankenversicherung zu schaffen“.