Meldung 07. Mai 2024

In einem Thesenpapier vom Mai 2024 sagen die Betriebskrankenkassen ein milliardenschweres Loch in der Sozialen Pflegeversicherung voraus. Ihre Forderung deshalb: Dauerhafte Steuerzuschüsse. Doch einen Ausweg aus der Finanzmisere gibt es nur mit mehr Kapitaldeckung.

Die Betriebskrankenkassen (BKK-DV) in Deutschland plädieren in einem Thesenpapier für eine grundlegende Neuausrichtung der Sozialen Pflegeversicherung (SPV). Für dieses Jahr wird ein Defizit von einer Milliarde Euro, für 2025 eines von 4,4 Milliarden prognostiziert. Um die Beitragssätze in der SPV zu stabilisieren, halten die Autoren einen dauerhaften Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung aus Steuermitteln für unabdingbar.

Für milliardenschwere Steuerzuschüsse zugunsten der SPV hatte sich jüngst auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ausgesprochen: „Es kann nicht alles über Beitragssätze finanziert werden“, so der SPD-Politiker. Das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) hat daraufhin berechnet, wieviel Steuergeld benötigt würde, um die Beiträge in der SPV mittelfristig auf dem aktuellen Niveau von 4 Prozent (für Kinderlose) halten zu können: Allein von 2025 bis 2030 würden in Summe mindestens 18,5 Milliarden Euro benötigt, bis 2040 dann sogar über 20 Milliarden Euro jährlich.   

„Die Flucht in zusätzliche Bundeszuschüsse zur Pflegeversicherung bedeutet im Klartext: zusätzliche Schulden. So eine Sozialpolitik auf Pump würde der nachfolgenden Generation noch höhere Lasten aufdrücken. Das ist unverantwortbar“, erläutert PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther – zumal die Pflegeversicherung ja nicht die einzige offene Flanke der Finanz- und Sozialpolitik ist.

Verschuldung 345 Prozent des Bruttoinlandsprodukts

Laut dem aktuellen Tragfähigkeitsbericht des Finanzministeriums könnte sich die gesamtstaatliche Verschuldung Deutschlands bis 2070 „in einem ungünstigen Szenario“ auf 345 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vervielfachen. Doch selbst bei „günstiger“ Entwicklung droht weitaus mehr als die Verdoppelung: Von aktuell 64 auf 140 Prozent. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plädiert daher für Strukturreformen. Die aktuelle Ausgestaltung der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sei „in ihrer jetzigen Form langfristig nicht finanzierbar“, heißt es in seiner Pressemitteilung. 

„Reformen auf den Weg bringen.“

Ein wesentlicher Treiber für die zunehmende Belastung der Staatsfinanzen ist die Alterung der Gesellschaft. Der Ökonom Thiess Büttner, Vorsitzender des unabhängigen Beirats des Stabilitätsrats, bringt es im Interview mit der „Wirtschaftswoche“ auf den Punkt: „Wenn aufgrund der demografischen Entwicklung immer weniger Bürger arbeiten, nimmt der Staat auch immer weniger Steuern und Sozialversicherungsbeiträge ein – gleichzeitig erhalten aber mehr Bürger Leistungen etwa aus der Rentenversicherung oder durch die Grundsicherung.“ Auf Dauer, so Büttner, seien insbesondere Reformen in der sozialen Sicherung, unter anderem bei Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung erforderlich. 

So sieht das auch der Finanzminister. Bei der Altersversorgung, so Christian Lindner, werde Deutschland mit dem Einstieg in die sogenannte Aktienrente weniger abhängig von der demografischen Entwicklung. Nun sei man gefordert, „auch in anderen Bereichen Reformen auf den Weg zu bringen.“

Stärkung der Kapitaldeckung

Ein probates Mittel dafür bietet die Private Krankenversicherung. Denn hier leben die Älteren nicht auf Kosten der Jüngeren. Vielmehr bildet jede Generation Rückstellungen am Kapitalmarkt und sorgt damit für die eigenen, im Alter steigenden Kosten von Gesundheit und Pflege vor. Nach diesem Prinzip funktionieren auch private Zusatzversicherungen gegen Krankheits- und Pflegerisiken. Neben individuellen Tarifen werden diese zunehmend auf betrieblicher Ebene oder gar für ganze Tarifbereiche abgeschlossen - und könnten für eine noch weitere Verbreitung steuerlich stärker gefördert werden.  

„Noch reicht die Zeit, um vorzusorgen, bevor unserer Gesellschaft die Kosten des demografischen Wandels über den Kopf wachsen“, so PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther anlässlich der Vorstellung des Tragfähigkeitsberichts. „Aber die Politik muss endlich damit anfangen, die zusätzliche kapitalgedeckte Vorsorge zu stärken.“ Die Private Krankenversicherung steht jedenfalls dazu bereit.