Die ePA für alle ist bundesweit am Start. Damit sich die Anwendung flächendeckend durchsetzen kann, müssen auch Privatversicherte mitgedacht werden. Die E-Health-Expertin Laura Fenger erläutert, welche Vorteile und welche Hindernisse es derzeit gibt.

Zu Beginn des Jahres startete die Pilotphase der ePA für alle, mittlerweile sollen die Akten in ganz Deutschland nutzbar sein. Welches Zwischenzeugnis hat sich die Einführung der elektronischen Patientenakte bisher verdient?
Der Einführung würde ich eine 2 geben. Über die Erprobung konnten technische Fehler identifiziert und behoben werden. Auch bei der Sicherheit wurde nachgebessert. Das hat die Voraussetzungen für den Start am 29. April geschaffen. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie gut Versicherte und Leistungserbringer mit ihr arbeiten können.
Wie stark trägt die ePA zu dem noch von Karl Lauterbach ausgerufenen „digitalen Zeitalter im Gesundheitswesen“ bei?
Sehr stark. Die ePA spielt eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. In ihr fließen zentrale Gesundheitsdaten zu den Versicherten zusammen. Deshalb ist es wichtig, dass die ePA ins Laufen kommt – also nicht nur zur Verfügung steht, sondern auch aktiv genutzt wird.
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen ihren Versicherten eine ePA anbieten, die privaten Versicherer machen es freiwillig. Ein Vorteil?
Grundsätzlich ja. PKV-Unternehmen können selbst entscheiden, wann sie mit dem Angebot starten. Die ersten tun dies bereits, weitere sind in Vorbereitung. Für die Relevanz der ePA bei Privatversicherten ist es wichtig, dass viele Versicherer ihren Kunden die ePA anbieten. Je mehr Privatversicherte die ePA nutzen, desto größer wird der Anreiz für Leistungserbringer, auch damit zu arbeiten. Und die Versicherten haben echte Mehrwerte.
Welche sind das?
In der ePA-App befindet sich nicht nur die Patientenakte selbst, auch die Funktionalität zum E-Rezept und künftig der TI-Messenger docken dort an. Vorteile entstehen auch aus dem Zusammenspiel von Anwendungen. Bei der Medikationsliste etwa werden Daten aus dem E-Rezept automatisiert in die ePA eingespeist. Ärztinnen und Ärzte können ihre Verordnungen so leichter aufeinander abstimmen – das erhöht die Qualität der Behandlung und die Sicherheit der Patienten.
Wie erhalten Privatversicherte eine ePA?
Die Versicherer bieten die ePA als App an. Versicherte müssen sich diese App lediglich installieren und eine Gesundheits-ID anlegen, mit der sie sich einloggen. Eine zwingende Voraussetzung für die Anlage einer ePA ist jedoch die individuelle Krankenversichertennummer (KVNR). Die Unternehmen müssen von allen Kunden das Einverständnis einholen, um diese KVNR erstellen zu dürfen.
Das klingt aufwendig …
Das ist es auch. Schließlich sprechen wir von weit über acht Millionen privat vollversicherten Menschen in Deutschland. Da melden sich nicht unbedingt alle zurück, wenn sie angeschrieben werden – obwohl sie vielleicht gar nichts dagegen hätten, eine KVNR zu bekommen. Als Verband setzen wir uns dafür ein, dass die Unternehmen eine KVNR vergeben dürfen, und zwar analog zur GKV, ohne vorab die Einwilligung des oder der Versicherten einzuholen. Das wäre auch aus anderen Gründen sinnvoll: Mittlerweile erfordern auch Meldungen nach dem Implantateregistergesetz, dass eine KVNR vorliegt. Zum Beispiel bei Hüft- oder Knieimplantaten. Viele Versicherte wissen das allerdings nicht.
Aus Sicht der Expertin: Wie geht es weiter mit der ePA?
Die Entwicklung ist mit der gegenwärtigen Version der ePA nicht abgeschlossen. Es wird weiter an neuen Funktionen und Optimierungen gearbeitet. Die Nutzung der ePA-App soll verbessert und künftig etwa eine Benachrichtigungsfunktion integriert werden. Geplant sind auch eine Volltextsuche für Dokumente in der ePA und die Möglichkeit für Leistungserbringer, einen Medikationsplan zu pflegen.
Wer entscheidet eigentlich über diese Pläne – allein die Bundesregierung?
Nicht nur. In Deutschland wird die Telematikinfrastruktur von der Digitalagentur gematik weiterentwickelt. Das Bundesgesundheitsministerium ist hier Mehrheitsgesellschafter. Aber auch weitere Interessenvertreter wie der PKV-Verband stimmen in der Gesellschafterversammlung mit. Zukünftig wird die Gestaltung der ePA aber nicht allein in nationalen Händen liegen. Die EU plant eine grenzüberschreitende Nutzung und entwickelt dafür Standards. Wenn man also im EU-Ausland einen Arzt aufsucht, soll dieser auf Wunsch des Versicherten die Möglichkeit haben, die ePA einzusehen. Bei der Konzeption der deutschen ePA werden diese Entwicklungen bereits berücksichtigt.
In welcher Rolle ist der PKV-Verband in diesem Prozess?
Als Verband unterstützen wir unsere Mitgliedsunternehmen dabei, die ePA auf den Weg zu bringen. Gesellschaftlich wird die Relevanz der PKV für die ePA womöglich unterschätzt. Es gibt viele Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, die selbst privatversichert sind und die ePA ausprobieren möchten. Uns geht es darum, die Weiterentwicklung der ePA aktiv zu begleiten und – da wo es nötig ist – Einfluss zu nehmen.