Meldung 03. Februar 2025

In dem niedrigschwelligen Zugang zu ärztlicher Versorgung sieht die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Gesundheitswesens. Auch die Innovationskraft hebt sie hervor – und den Beitrag der PKV.

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Der Marburger Bund ist Deutschlands einzige Ärztegewerkschaft. Wofür treten Sie ein?

Unseren mehr als 140.000 Mitgliedern sind natürlich die Arbeitsbedingungen wichtig, die sie vorfinden – sowohl in den Kliniken, als auch angestellt im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Da geht es natürlich auch um Bezahlung. Da geht es aber auch um die Frage, wie viele Überstunden müssen gemacht werden? Das wollen wir versuchen zu verhindern. Wir wollen die Arbeitsbelastung für die Kolleginnen und Kollegen an Wochenenden über unsere Tarifverträge sinnvoll regeln. Und wir wollen den Schichtdienst verbessern. Das alles sind Ansätze, die wir als Gewerkschaft regeln wollen und müssen.

Sie haben mit diesen Punkten den Finger in die Wunde gelegt. Wo sehen Sie die Stärken des deutschen Gesundheitssystems?

Stärken sind sicherlich, dass wir für die Patientinnen und Patienten immer noch einen sehr niedrigschwelligen Zugang haben ins Gesundheitswesen, zu Ärztinnen und Ärzten. Da hat Deutschland schon beinahe ein Alleinstellungsmerkmal, wie gut das ist. Es gibt aber natürlich auch Nachteile. Dazu zählt sicher die Bürokratie-Überlastung, die in Deutschland eben auch im Gesundheitswesen ein echtes Problem ist.

Die PKV trägt über die Anzahl der Versicherten hinaus zur Finanzierung des Gesundheitssystems bei.

Dr. Susanne Johna , Marburger Bund

Ist die Dualität aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung für Sie auch eine Stärke?

Sie ist aus meiner Sicht vor allen Dingen deswegen eine Stärke, weil oft Innovationen so schneller im deutschen Gesundheitswesen umgesetzt werden als in vielen anderen Ländern. Oft ziehen dann mit längerer Verzögerung die gesetzlichen Krankenversicherungen nach.

Welchen Beitrag leisten Privatversicherte zur Finanzierung des Gesundheitswesens?

Es ist durchaus so, dass auch wenn nur etwa 10 Prozent der Versicherten privat krankenversichert sind, sie mehr als 10 Prozent der Kosten gerade im vertragsärztlichen Bereich abdecken. Insofern trägt die PKV auch über die Anzahl der Versicherten hinaus zur Finanzierung des Gesundheitssystems bei.

Die PKV und die Ärzteschaft haben lange über eine neue GOÄ verhandelt. Warum ist sie so wichtig?

Zunächst mal gab es mehr als 30 Jahre keine komplette Reform der Gebührenordnung für Ärzte. Das gibt es sonst in keinem anderen freien Beruf. Eine GOÄ ist nicht nur überfällig, weil eine bessere Vergütung der Kolleginnen und Kollegen notwendig ist, sondern auch, weil dadurch eine Transparenz für die Patientinnen und Patienten hergestellt wird. Denn derzeit arbeiten wir für alle moderneren Verfahren mit Analogziffern. Das versteht kein Mensch mehr. Wir brauchen unbedingt die GOÄ, um die Vergütung zu verbessern, um sie klarer zu strukturieren. Ich hoffe sehr, dass das in der nächsten Legislatur in die Umsetzung kommt. Das ist für uns alle sinnvoll.

Interview-Serie „Starke Stimmen - starkes Gesundheitssystem" (Kopie 1)

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Deutschland braucht mehr Ärzte. Welche politischen Stellschrauben müssen gedreht werden, damit sich mehr junge Menschen für den Arztberuf entscheiden?

Wir haben eigentlich gar keinen Mangel an denen, die sich für den Arztberuf entscheiden. Es möchten ja immer noch mehr Ärztinnen und Ärzte werden, als es werden können in Deutschland. Wir haben einen Mangel an Medizin-Studienplätzen. Den beklagen wir als Marburger Bund mittlerweile seit fast 15 Jahren. Wären damals mehr Medizin-Studienplätze geschaffen worden, hätten wir heute nicht die Misere, die wir haben – und die in den nächsten 15 Jahren zunehmen wird. Wir sind ja erst am Anfang einer Entwicklung des Ärztemangels. Deshalb müssen wir jetzt unbedingt die Ärztinnen und Ärzte entlasten in dem, was sie machen. Da bin ich wieder beim Thema Entbürokratisierung. Alle reden drüber – keiner macht’s.

Wir stehen kurz vor den vorgezogenen Neuwahlen. Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?

Zunächst mal erwarten wir unbedingt den Dialog mit der Ärzteschaft. Überall da, wo es ums Gesundheitswesen geht, müssen wir involviert werden. Und die Politik ist gut beraten, uns mit an Bord zu holen und uns zu fragen. Denn Leistungsversprechen zu machen, ohne die an Bord zu holen, die die Leistungen abliefern müssen, das kann nicht funktionieren.

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