Stellungnahme 18. Juli 2025

Die Aussetzung des Vergütungsabschlags ist angesichts bestehender Umsetzungsprobleme sinnvoll. In der PKV erschwert die erforderliche Einwilligung der Versicherten die KVNR-Vergabe. Eine gesetzliche Befugnis zur Nummernbildung ohne Zustimmung ist dringend erforderlich.

  • Der PKV-Verband begrüßt die Aussetzung des Vergütungsabschlags bis Ende 2025 für Krankenhäuser, die keine Meldung für Hüft-, Knie- und Aorten-Implantate abgeben können.
  • Die Verschiebung wird mit der bislang unvollständigen Ausstattung von Privatversicherten mit einer für die Meldungen zwingend erforderlichen Krankenversichertennummer (KVNR) begründet. Wie bereits verschiedentlich seitens der PKV-Branche adressiert, ist hierfür die aktive Mitwirkung der Versicherten erforderlich. Insbesondere die notwendige individuelle Einwilligung zur Datenverarbeitung im Rahmen der KVNR-Bildung und das Erfordernis, fehlende Daten bei den Versicherten abzufragen, führen in der PKV zu Lücken in der KVNR-Abdeckung und lösen überdies immense, vermeidbare Verwaltungsaufwände aus.
  • Um diesem Missstand zu begegnen, ist dringend eine gesetzliche Befugnis der PKV zur Bildung der KVNR einschließlich der hierfür notwendigen Rentenversicherungsnummer (RVNR) ohne das Erfordernis der aktiven Einwilligung der Versicherten zu schaffen.

I. Allgemeine Anmerkung

Mit dem Entwurf der 4. Verordnung zur Änderung der Implanteregister-Betriebsverordnung (I-RegBV) wird der Vergütungsabschlag für Krankenhäuser, die keine Meldung für Hüft-, Knie- und Aorten-Implantate abgeben können, um ein halbes Jahr vom 1. Juli 2025 auf den 31. Dezember 2025 verschoben. Ursächlich für die Verschiebung ist der Umstand, dass Privatversicherte zum großen Teil noch nicht über eine KVNR verfügen, welche für die Implantatmeldungen zwingend erforderlich sind.

Anders als gesetzliche Krankenversicherungen können private Krankenversicherungsunter-nehmen nach derzeitiger Rechtslage grundsätzlich nur mit ausdrücklicher datenschutz-rechtlicher Einwilligung der Versicherten die Vergabe der KVNR bei der Vertrauensstelle beantragen. Die Krankenversicherungsunternehmen müssen hierfür sämtliche Versicherte pro-aktiv ansprechen und um Einwilligung bzw. Mitwirkung bitten. Zudem ist es vielfach erforderlich, die Versicherten um Verifizierung und/oder Ergänzung der für die RVNR bzw. die KVNR erforderlichen Daten aufzufordern. Da viele Versicherte dieser Aufforderung nicht hinreichend nachkommen, ist eine flächendeckende KVNR-Ausstattung in der PKV bislang noch nicht er-reicht. Gleichzeitig löst dieser Prozess immense, vermeidbare Aufwände bei den Versicherern und letztlich auch bei den Versicherten aus.

Daher setzt sich der PKV-Verband seit längerem für die Bildung der KVNR und der RVNR ohne Einwilligungserfordernis der Versicherten ein. Dies würde den Verwaltungsprozess erheblich vereinfachen und dafür sorgen, dass der gesamte PKV-Bestand mit KVNR ausgestattet wer-den kann. Schließlich ist die KVNR nicht nur für Meldungen an das Implantateregister, sondern auch für die Anwendungen der Telematik-Infrastruktur (elektronische Patientenakte, E-Rezept etc.) sowie für Krebsregister und bestimmte Modellvorhaben (Genomsequenzierung) zwingend erforderlich.

Trotz mehrfacher Adressierung dieses Missstandes im Rahmen von Gesetzesvorhaben und Anhörungen – u. a. zum Digital-Gesetz (DigiG), zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), zum Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) sowie zur Verordnung zum Modellvorhaben Genomsequenzierung (MVGenomV) – fehlt es weiterhin an der dringend erforderlichen gesetzlichen Befugnis zur einwilligungsfreien Bildung der KVNR und der RVNR.

Um in der Zukunft flächendeckend die erforderlichen Meldungen an das Implantateregister ab-geben zu können, bedarf es in der PKV schnellstmöglich einer gesetzlichen Regelung für die Anlage der antragslosen und einwilligungsfreien Bildung der KVNR sowie der für die Bildung der KVNR erforderlichen RVNR. Aufgrund der besonderen Dringlichkeit sollten die erforderlichen Voraussetzungen im Rahmen eines nächstmöglichen Gesetzgebungsverfahrens geschaffen werden.

II. Zu ausgewählten Regelungen des Gesetzentwurfs

– Keine –

III. Weiterer gestzlicher Änderungsbedarf

Zur Umsetzung der zustimmungsfreien KVNR in der PKV kann leicht auf weit gediehene ministerielle bzw. politische Vorschläge zurückgegriffen werden. Zur Umsetzung sind insbesondere folgende Varianten gleichwertig tragfähig:

Umsetzungsoption 1:

Eine schnell wirksame Lösung könnte die versicherungsvertragsrechtliche Regelung darstellen, wie sie im Änderungsantrag Nr. 14 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (BT-Drs. 20(14)235.1 v. 12.11.2024) vorgesehen war.

Das weitere Vorgehen und insbesondere die Identifikation eines geeigneten Trägergesetzes wäre mit dem BMJ abzustimmen.

Umsetzungsoption 2:

Grundsätzlich das gleiche Ergebnis würde durch folgende kumulative Änderungen bzw. Ergänzungen des § 17 Abs. 4 IRegG, des § 2 Abs. 1 IRegBV und des § 362 Abs. 2 SGB V, welche im primären Zuständigkeitsbereich des BMG stehen, erreicht:

  • Änderung des § 17 Abs. 4 S. 1 und 3 IRegG dahingehend, dass die KVNR künftig nicht nur anlassbezogen, sondern verpflichtend für alle Privatversicherten vergeben wird,
  • Ergänzung des § 2 Abs. 1 IRegBV um eine hinreichende Frist zur Umsetzung der KVNR-Vergabe und
  • Ergänzung des § 362 Abs. 2 SGB V insbesondere um die Verarbeitungsbefugnis einer bestehenden KVNR sowie der für deren Bildung und Clearing erforderlichen personenbezogenen Daten für die Bereitstellung und Nutzung einer eID sowie der Anwendungen der Telematikinfrastruktur nach § 334 Abs. 1 S. 2 SGB V.

Ausgearbeitete Formulierungsvorschläge liegen beim BMG und BMJ seit längerem vor, siehe u.a. Stellungnahme des PKV-Verbands zum Kabinettentwurf zum GDAG.

Ergänzender Regelungsbedarf für die Umsetzung der KVNR-Vergabe:

1. Zustimmungsfreie Abfrage bei Einwohnermeldeämtern

Ergänzend zu der datenschutzrechtlichen Befugnis für die einwilligungsfreie Bildung der KVNR (unter notwendiger Nutzung der Rentenversicherungsnummer (RVNR)) bedarf es einer Klarstellung dahingehend, dass die PKV-Unternehmen berechtigt sind, in Fällen unzureichender Mitwirkung der Versicherten fehlende Daten (z. B. Geburtsort) bei den Einwohnermeldeämtern abzufragen und dass hierfür sowie für den Gesamtprozess der Bildung der KVNR bzw. RVNR keine vorherige Schweigepflichtenbindung des Versicherten erforderlich ist (§ 203 StGB).

2. Einbeziehung in den GKV-Datenabgleich zur Verhinderung von Mehrfachvergaben

Wie im o. g. Änderungsantrag Nr. 14 zum GVSG vorgesehen, sollte aufgrund bestehender Unsicherheiten zudem – im Sinne sämtlicher Nutzer der Telematik-Infrastruktur – geregelt werden, dass die von den PKV-Unternehmen vergebenen KVNR im Verzeichnis nach § 290 Abs. 3 SGB V zu führen sind und der Datenabgleich (auch mit der GKV), um Mehrfachvergaben derselben KVNR auszuschließen oder zu korrigieren, innerhalb des von der Vertrauensstelle geführten Registers zu erfolgen hat. Hierzu wären in § 362 Abs. 2 S. 2 SGB V nach den Wörtern „§ 290 Absatz 1 Satz 4 bis 7“ die Wörter „und Absatz 3“ einzufügen.