Stellungnahme 11. April 2024

Der PKV-Verband fordert eine gesetzliche Befugnis für die PKV-Unternehmen, für die Versicherten – analog zur GKV – eine KVNR ohne Einwilligung der Versicherten anlegen zu können.

I. ALLGEMEINE ANMERKUNGEN

Zu § 2 Abs. 2 MVGenomV-RefE (Bildung und Nutzung der Krankenversichertennummer - KVNR)

Vorgeschlagene Regelung

In § 2 Abs. 2 MVGenomV-RefE werden die Leistungserbringer verpflichtet, die Datenübermittlungen an die Vertrauensstelle i. S. v. § 64e Abs. 9c SGB V mit Hilfe des unveränderbaren Teils der Krankenversichertennummer (KVNR) nach § 290 Abs. 1 S. 2 SGB V vorzunehmen. Korrespondierend hierzu werden die privaten Krankenversicherungsunternehmen zur Vergabe der KVNR an ihre Versicherten verpflichtet. Die Vertrauensstelle nach § 290 Abs. 2 S. 2 SGB V vergibt dazu die KVNR entsprechend der Vorgaben der Richtlinien nach § 290 Abs. 2 S. 1 SGB V (i. V. m. § 362 Abs. 2 S. 3 SGB V). 

Diese Verpflichtung der privaten Krankenversicherungsunternehmen zur Vergabe der KVNR an ihre Versicherten stellt eine (datenschutz-)rechtliche Verpflichtung i. S. d. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c DSGVO dar, sodass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Versicherten zur Generierung der KVNR und deren Nutzung im Kontext des Modellvorhabens nach § 64e SGB V zukünftig unabhängig von einer ausdrücklichen Einwilligung des Versicherten erfolgen kann. 

Bewertung

Wir begrüßen das Ziel des Bundesgesundheitsministeriums, auch den Privatversicherten den Zugang zum Modellvorhaben nach § 64e SGB V dadurch zu ermöglichen, dass der für die Teilnahme erforderliche unveränderbare Teil der KVNR aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung der privaten Krankenversicherungsunternehmen zu vergeben ist und die dabei erforderliche Datenverarbeitung nicht der gesonderten Einwilligung des Versicherten bedarf. 

Die mit dieser Regelung angestrebte Sicherstellung der Teilnahmemöglichkeit von PKV-Versicherten wird jedoch praktisch dadurch unterlaufen, dass die Pflicht zur KVNR-Bildung daran anknüpft, dass der PKV-Versicherte am Modellverfahren teilnimmt. Eine KVNR-Vergabe erfolgt mithin (nur) anlassbezogen (im Einzel- bzw. Bedarfsfall) und nicht generell (im Vorfeld) für alle PKV-Versicherten. 

Bei der Vergabe einer KVNR sowie der für deren Bildung erforderlichen Rentenversicherungsnummer kann es in der Praxis zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommen, bspw. aufgrund der stets erforderlichen Abklärungen von KVNR-Doppelvergaben (sog. „Clearing“), bei Nicht-Erreichbarkeit oder mangelnder Mitwirkung des Versicherten bei der Mitteilung fehlender obligatorischer Daten für die KVNR-Bildung.

Um den praktischen Hemmnissen und Risiken einer nur anlassbezogenen Pflicht zur Bildung des unveränderbaren Teils der KVNR zu begegnen und vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Bedeutung der KVNR als grundsätzlich lebenslang gültiges und eindeutiges Zuordnungsmerkmal für Zwecke des gesamten Gesundheitswesens auch für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte, z. B. für verpflichtende Meldungen nach dem Implantateregistergesetz, als Schlüssel der Versicherten zu den Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI), für Meldungen zum Organspende- oder Krebsregister, sollte die KVNR analog zur GKV für alle PKV-Vollversicherten obligatorisch vergeben werden, ohne dass es dafür der Einwilligung der Versicherten bedarf. Dies könnte bspw. durch eine entsprechende Ergänzung des § 2 Abs. 2 S. 2 MVGenomV-RefE, durch eine Änderung des § 17 Abs. 4 IRegG oder eine generelle Regelung unter § 362 SGB V erfolgen.

Entsprechend der im Koalitionsvertrag festgelegten Zielsetzung der aktuellen Bundesregierung, die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter zu beschleunigen, ist es insbesondere erforderlich, dass die PKV-Unternehmen die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung bereits gebildete KVNR sowie die für deren Bildung und Clearing erforderlichen Daten für das Angebot und die Nutzung sämtlicher TI-Anwendungen nach § 334 Abs. 1 S. 2 SGB V verarbeiten dürfen, ohne dass es hierfür einer Einwilligung des Versicherten bedarf. Nur hierdurch wird es möglich sein, die Privatversicherten und Beihilfeberechtigten umfassend an den neuen digitalen Möglichkeiten im Gesundheitswesen partizipieren zu lassen. Denn die Erfahrungen der GKV im Zusammenhang mit den Anwendungen der TI (insb. elektronische Patientenakte, E-Rezept) haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass aktive Mitwirkungserfordernisse der Versicherten in der Praxis zu unzureichenden Nutzerzahlen geführt haben.