Position

Die Private Krankenversicherung ist mit 8,7 Millionen Vollversicherten und 6,5 Millionen Zusatzversicherungen für Wahlleistungen der zweitwichtigste Kostenträger für die Versorgung im Krankenhaus. Für uns muss sich eine Krankenhausreform am Interesse der Patientinnen und Patienten orientieren.

Warum ist eine Krankenhausreform notwendig?

Die Private Krankenversicherung begrüßt ausdrücklich eine Reform des Krankenhaussektors mit dem Ziel, höhere Maßstäbe an Qualität und Effizienz zu setzen. Schon heute stößt der stationäre Sektor an seine Grenzen. Und der demografische Wandel in Deutschland wird es in Zukunft erschweren, eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung aufrechtzuerhalten. Nicht nur, weil viele aktive Mediziner und Pflegekräfte aus der „Babyboomer“-Generation in den nächsten Jahren in Rente gehen, während aus den kleineren Jahrgängen der Berufseinsteiger deutlich weniger Fachpersonal nachwächst. Sondern auch, weil die Alterung unserer Gesellschaft zu einem steigenden Bedarf an medizinischen Leistungen führen wird.

Daneben sprechen weitere Gründe für eine Reform: Die ausschließliche Vergütung der Kliniken nach Fallpauschalen für diagnosebezogene Gruppen (DRG) ist aufgrund des hohen Mengenanreizes in Misskredit geraten. Sie muss um geeignete Struktur- und Vorhaltekomponenten ergänzt werden. Und unabhängig vom Vergütungssystem liegt eines der größten Probleme des Krankenhaussektors in dem langjährigen Versäumnis der Bundesländer, ihrer Aufgabe zur Finanzierung der Investitionskosten ausreichend nachkommen. Dadurch sind Finanzierungslücken bei den Krankenhäusern entstanden, die sich mit den hohen Kosten aus Inflation, Energiekrise und Ukrainekrieg aufsummieren und die Kliniken in finanzielle Bedrängnis bringen. 

Kritik an Vorhaltevergütung und Beitragsfinanzierung

Auch die PKV hält eine Krankenhausreform für notwendig. Doch eine Vorhaltefinanzierung nach dem Motto “Geld ohne Leistung” birgt große Risiken. Es drohen massive Fehlanreize, wenn die Bezahlung sich nicht auf erbrachte Leistungen bezieht. Die Kliniken würden sich weniger am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten, sondern mehr an bürokratischen Verteilungskriterien. Es drohen neue Versorgungsmängel, wenn spezialisierte Kliniken künftig weniger Behandlungen durchführen, weil sie das Geld auch ohne diese Arbeit bekommen. Die Aussicht ist eine Wartelisten-Medizin, bei der viele Wochen und Monate vergehen, ehe die geplante Untersuchung oder Operation durchgeführt werden kann. So blieben die wichtigsten Reformziele auf der Strecke: Qualität und Kosteneffizienz. 

Zudem ist bis heute nicht klar, wie die Vorhaltevergütung genau funktionieren soll, wie sie berechnet und ausbezahlt wird, wie komplizierte Vor- und Rückberechnungen erfolgen, wenn die Zahl der zugrunde gelegten Behandlungsfälle über- oder unterschritten wird. Daher plädiert die PKV für eine Neujustierung des DRG-Systems und schlägt vor, die darin bereits enthaltenen Struktur- und Vorhaltekomponenten auszubauen. Die Vorteile: Eine Weiterentwicklung des bisherigen Vergütungssystems wirkt zielgerichteter und lässt sich flexibler ändern. Und es sind viel weniger finanzielle, personelle und zeitliche und Ressourcen erforderlich als bei der Einführung eines völlig neuen Vergütungssystems, das bislang ausschließlich theoretisch beschrieben wurde und für das keine Auswirkungsanalyse vorliegt.  

Für den erforderlichen Umbau der Krankenhauslandschaft soll es einen Sonderfonds geben, über den in den kommenden zehn Jahren die erforderlichen Maßnahmen finanziert werden können. Hierbei geht es etwa um die Zusammenlegung von Einrichtungen, die Umstrukturierung, Zentrenbildung oder auch die Schließung von Krankenhäusern, die marode oder nicht bedarfsnotwendig sind. Diese Aufgaben sind dringend erforderlich und es sind ureigene gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Das sieht unsere Verfassung so vor, die Bund und Ländern hier klare Zuständigkeiten in der Gesundheitsversorgung zuweist. Während die Krankenversicherungen quasi die „Betriebskosten“ des stationären Systems zahlen, muss der Staat für die „Infrastrukturkosten“ aufkommen. Diese sind also durch Steuermittel zu zahlen und nicht durch Beitragsmittel der gesetzlich und privat Krankenversicherten. Aus diesen Gründen lehnt die PKV eine Finanzierung des Transformationsfonds ab.  

Vorhaltevergütung

Mit der Vorhaltevergütung - auch Vorhaltefinanzierung oder Vorhaltepauschalen genannt - sollen Krankenhäuser im Zuge der Krankenhausreform 2024 allein für das Vorhalten von Leistungen eine Bezahlung erhalten Damit würden Kliniken unabhängig davon, ob sie tatsächlich Patienten behandeln, finanziert werden. Laut Bundesgesundheitsministerium soll durch die die Vorhaltevergütung "die Möglichkeit geschaffen werden, den Krankenhäusern eine auskömmliche Finanzierung zu eröffnen." Tatsächlich dürfte die Vorhaltevergütung zu erheblichen Fehlanreizen in den Krankenhäusern führen. Der PKV-Verband hat daher seit langem auf die Risiken der neuen Vergütungsform hingewiesen und hierzu ein Gutachten vorgelegt

Einbindung in Informationsflüsse und künftige Gremien

Der PKV-Verband und seine Mitgliedsunternehmen sind zu einer konstruktiven Mitarbeit in allen Diskussions- und Umsetzungsprozessen der Krankenhausreform bereit und suchen den Austausch zu allen beteiligten Partnern. Eine echte Mitarbeit ist allerdings nur möglich, wenn die PKV auch alle erforderlichen Informationen erhält und in den entsprechenden Gremien vertreten ist. Nach derzeitigem Stand ist dies in weiten Teilen jedoch noch nicht vorgesehen. Eine Anpassung ist daher dringend erforderlich. 

Das fordert die PKV von einer Krankenhausreform

  • Eine Krankenhausreform wird die Versorgung nur dann verbessern, wenn das Interesse der Patientinnen und Patienten von vornherein im Mittelpunkt steht. Dafür muss sich auch die Finanzierung vor allem an den konkreten Leistungen für diese Patientinnen und Patienten bemessen.
  • Die PKV tritt deswegen dafür ein, dass die Krankenhaus-Entgelte sich auch zukünftig an Qualität und Leistung orientieren müssen. Keinesfalls sollten Anreize geschaffen werden, die ineffiziente Strukturen zementieren und künstlich am Leben halten – und damit den Spielraum für Innovationen und Wettbewerb verringern.
  • Die Wahlfreiheit der Patientinnen und Patienten bei geplanten Eingriffen muss erhalten bleiben. Die PKV legt Wert auf deren Schutz vor zu starker Konzentration und regionalen Monopolen, die ihre Wahlfreiheit einschränken.
  • Um Patienten vor „Gelegenheits-Behandlungen“ zu schützen, müssen eindeutige Mindestmengen und Qualitätsstandards vorgegeben werden. Angesichts der Komplexität medizinischer Leistungen benötigen die Patienten transparente Qualitäts-Parameter, die ihnen bei der Auswahl des richtigen Krankenhauses helfen können. Um die finanzielle Belastung der Versicherten zu begrenzen, müssen wiederum Ressourcen effizient eingesetzt werden.
  • Essenziell für die Krankenhausreform ist eine bessere Mitwirkung der Länder. Die Organisation nach Leistungsgruppen funktioniert nur, wenn die Länder dieses Vorhaben mit Leben füllen. Sie müssen ihre Krankenhausplanung entsprechend weiterentwickeln und bereit sein, die Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen. Ressourcen effizient zu nutzen bedeutet auch, keine Kapazitäten aufzubauen bzw. „künstlich am Leben zu halten“, die nicht benötigt werden.
  • Es besteht ein hohes, bislang unzureichend genutztes Potenzial zur Ambulantisierung. Die Versorgung neu zu denken erfordert, dabei auch die ambulanten und pflegerischen Strukturen mitzudenken – ebenso wie die Chancen der Digitalisierung, die eine Versorgung in ländlichen Räumen auch über größere Distanzen erleichtern kann.

Erfolg gelingt nur bei Einbeziehung der Akteure

Ob die Krankenhausreform ein Erfolg werden kann, hängt wesentlich davon ab, ob und wie die Akteure einbezogen werden: die Krankenhäuser ebenso wie den ambulanten Sektor, die Pflege und nicht zuletzt die Kostenträger. Das verringert auch die Wahrscheinlichkeit rechtlicher Auseinandersetzungen. Dieses Risiko ist beträchtlich, denn die Berufsfreiheit und die Vertragsfreiheit sind hohe, verfassungsrechtlich geschützte Werte. Wenn Kliniken gegen Einschränkungen ihrer Zulassungen, Wegnahme von Leistungsgruppen etc. klagen, wären jahrelange Rechtsstreitigkeiten die Folge.