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Wenn es um die medizinische Versorgung geht, ist oft vom Ärztemangel auf dem Land die Rede. Gleichzeitig ist die Versorgung ein wirtschaftlicher Standortfaktor. Um diese und andere Aspekte ging es auf einer Online-Diskussion des PKV-Verbands und der privatärztlichen Verrechnungsstellen.

Dr. Volker Wissing, MdL - FDP-Generalsekretär

Hohe Qualität der medizinischen Versorgung insgesamt

27.01.2021 - Das Thema trifft offensichtlich einen Nerv: Mehr als 200 Interessierte beteiligten sich an dem Gespräch mit FDP-Generalsekretär Volker Wissing, Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt und PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. Einig waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die hohe Qualität der medizinischen Versorgung insgesamt. Gerade in der Corona-Pandemie zeige sich im internationalen Vergleich das Spitzenniveau des deutschen Systems, betonte Ärzte-Chef Reinhardt. Dies gelte insbesondere für den ambulanten Sektor. Auch auf dem Land gebe es eine gute fach- und hausärztliche Versorgung. Sie sei ein wichtiger Faktor, um auch andere Strukturen auf dem Land aufrechtzuerhalten. Florian Reuther pflichtete ihm bei: „Gesundheitspolitische Fragen betreffen nicht nur die Versorgung, sondern sind auch Wirtschafts- und Standortpolitik. Das gilt besonders für ein Land wie Rheinland-Pfalz, das zum Teil sehr ländlich geprägt ist.“

Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing sieht dies ähnlich, wies aber auch auf das Problem der Landflucht hin: „Wir haben beispielsweise Schwierigkeiten, Nachfolger für Arztpraxen auf dem Land zu finden. Wenn man sich mit den Ärzten dort unterhält, nennen sie meistens das Vergütungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung als Problem.“ Bei der Privaten Krankenversicherung (PKV) sei genau der gegenteilige Effekt zu beobachten: „Die Privatversicherten erhöhen die Attraktivität von Praxen auf dem Land, weil dort überproportional erwirtschaftet werden kann.“ Dies zeigten die Daten des PKV-Regionalatlas Rheinland-Pfalz. Dieser wichtige Faktor werde in der Öffentlichkeit jedoch zu wenig gewürdigt. Volker Wissing: „Deswegen ist jeder politische Vorschlag, der eine Verschlechterung der ambulanten medizinischen Versorgung bringt – dazu gehört eine Bürgerversicherung – kontraproduktiv“.

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Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer

Florian Reuther erläuterte, dass Privatversicherte bundesweit durch höhere Honorare für medizinische Leistungen einen wichtigen Beitrag für das deutsche Gesundheitssystem leisten. Insgesamt belaufe sich dieser Mehrumsatz auf rund 12 Milliarden Euro jährlich – rund die Hälfte davon komme dem ambulanten Sektor zu Gute. Die PKV-Regionalatlanten zeigen die Bedeutung des Mehrumsatzes auf Landes- und Regionalebene. Das für viele überraschende Ergebnis: Gerade die Landarztpraxen profitieren von den Mehrumsätzen der Privatversicherten überproportional. 

Die Regionalatlanten widerlegen den Vorwurf, Privatversicherte würden sich mit Blick auf die Krankenversicherung entsolidarisieren, ergänzte Klaus Reinhardt: „Es ist klar zu belegen, dass durch die privaten Krankenversicherten die Infrastruktur gestärkt wird. Eine Infrastruktur, die dann auch den gesetzlich Versicherten zugutekommt. Und das tut sie nicht nur im städtischen Bereich, sondern eben auch in der Fläche.“

Dr. Florian Reuther, Direktor des PKV-Verbands

Ausbau der digitalen Infrastruktur ist ein wichtiger Standortfaktor

Neben der finanziellen Honorierung seien noch weitere Faktoren wichtig, um ländliche Regionen für Ärztinnen und Ärzte attraktiv zu machen. Dazu gehöre der Ausbau der digitalen Infrastruktur. Wirtschaftsminister Wissing wies darauf hin, dass Rheinland-Pfalz seit 2016 beim Breitbandausbau massiv aufhole: „Es gibt kein Bundesland, in dem der Breitbandausbau schneller vorangegangen ist.“ Wichtig sei auch der Ausbau des Mobilfunks. Dies sei nicht zuletzt Voraussetzung für das Angebot telemedizinischer Leistungen. Ärzte-Präsident Reinhardt ergänzte: Eine gute digitale Infrastruktur sei schon deswegen wichtig, weil Ärztinnen und Ärzte mittlerweile zunehmend vernetzt arbeiten.

Mit Blick auf die Digitalisierung erinnerte Florian Reuther daran, dass der PKV-Verband mit der Bundesärztekammer (BÄK) in der Corona-Pandemie nicht nur eine Hygienepauschale eingeführt, sondern über Abrechnungsvereinbarungen vermehrt telemedizinische Leistungen ermöglicht habe. „Und in der neuen Gebührenordnung für Ärzte, an der wir gemeinsam mit der Ärzteschaft arbeiten, haben wir im Bereich Telemedizin ein ganzes Paket geschnürt, damit das zukünftig auch in der Breite greifen kann.“

Verhandlungen über eine neue Gebührenordnung für Ärzte sind auf gutem Weg

Die Verhandlungen zwischen PKV, BÄK und Beihilfe über eine neue Gebührenordnung für Ärzte seien ein riesiges Unterfangen, sagte Reuther, aber man sei auf einem sehr guten Weg: „Wenn die Politik uns das Signal gibt, sind wir innerhalb weniger Wochen bereit, ein fertiges Paket mit Paragrafen, Leistungen und Eurobeträgen vorzulegen.“ Klaus Reinhardt schloss sich dieser Ansicht an: „Ich bin guten Mutes und guter Hoffnung, dass wir weit vor der Bundestagswahl fertig sein können und dann auch in der Lage sein werden, den handelnden Politikern ein Konstrukt vorzulegen, das sie umsetzen können.“

Da es sich bei der GOÄ um eine Rechtsverordnung handelt, muss sie von der Bundesregierung und vom Bundesrat verabschiedet werden. Die Realisierungschancen hingen deswegen von der „politischen Großwetterlage“ ab, sagte Reuther. Auf Bundesebene habe die SPD bisher jede Bereitschaft vermissen lassen, sich des Themas GOÄ anzunehmen. „Nicht, weil sie es von der Sache her nicht will, sondern weil sie darin einen Widerspruch zum Programm einer Bürgerversicherung sieht.“ Das müsse nach der nächsten Bundestagswahl neu diskutiert werden.

Bei den Bundesländern könne man noch nicht sagen, wie sie sich positionieren werden, so Reuther weiter. Für sie sei das Thema jedoch vor allem auch deshalb wichtig, weil sie Dienstherren der Beamten sind und die Beihilfe für den öffentlichen Dienst nach den Regeln der GOÄ gewähren. „Das ist ein ganz zentrales Element dafür, dass der öffentliche Dienst attraktiv bleibt.“ Deswegen gebe es in vielen Bundesländern Sympathien dafür, die GOÄ zu reformieren und zu modernisieren - auch wenn es die politische Farbenlehre der Regierung gar nicht so vermuten lasse.