Pflege

Siebenhundert Euro Selbstbeteiligung im Monat für höchstens drei Jahre. Und danach zahlt die Pflegeversicherung die kompletten Pflege-Eigenanteile für den Aufenthalt im Heim - Das hat Gesundheitsminister Jens Spahn angekündigt.

Constantin Papaspyratos, Chefökonom beim Bund der Versicherten

09.10.2020 - Die Botschaft von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) von Anfang Oktober werden viele Bürger vermutlich so verstehen, als würden die eigenen Kosten im Pflegefall künftig übersichtlich und beherrschbar.

Aber dem ist nicht so: Denn tatsächlich macht der pflegebedingte Eigenanteil, auf den die Reformpläne abstellen, nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten aus. Hinzu kommen noch Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung sowie zur Deckung der Investitionen in den Pflegeeinrichtungen. Gemeinsam belaufen sich diese Posten auf bis zu 2.000 Euro monatlich.

Spahns Eckpunkte zur Pflegefinanzierung erweckten einen komplett falschen Eindruck, warnen folglich auch Constantin Papaspyratos, Chefökonom beim Bund der Versicherten und Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung bei der ASSEKURATA Assekuranz Rating Agentur. Sie waren die geladenen Experten beim gestrigen Webinar der PKV-Reihe „Impulse für die nächste Pflegereform“ und gaben einen Einblick über die individuellen Möglichkeiten, privat bei der Pflege vorzusorgen.

Beide Experten wiesen darauf hin, wie wichtig die private Pflegezusatzversicherung für die Altersvorsorge sei. Der Sozialstaat könne eine vollständige Übernahme der Pflegekosten gar nicht leisten, sagte Reichl. Gesundheitsminister Spahn wecke mit seinen Vorschlägen Erwartungen bei vielen Menschen, ergänzte Dr. Timm Genett, Geschäftsführer Politik beim PKV-Verband, die früher oder später bitter enttäuscht werden.

Gerhard Reichl, Fachkoordinator Krankenversicherung ASSEKURATA Assekuranz Rating-Agentur

Bezahlbare Produkte schon heute am Markt

Wie kann aber jeder die persönliche Lücke ohne staatliche Hilfe schließen? Bezahlbare Produkte gäbe es schon heute, führte Reichl aus und verwies auf die von der ASSEKURATA Assekuranz durchgeführte Studie über Pflegezusatzversicherungen. So ließen sich für einen heute 25-jährigen mit ca. 20 Euro im Monat die gesetzlichen Leistungen bei ambulanter Pflege verdoppeln und die Pflegelücke nahezu komplett schließen. Ein 35-jähriger müsste im Durchschnitt etwa mit 34 Euro Monatsbeitrag rechnen, ein 45-jähriger mit etwa 55 Euro und ein 55-jähriger mit etwa 89 Euro im Monat.

Wer sich früh für eine kapitalgedeckte Vorsorge entscheidet, kann sich also über besonders niedrige Beiträge freuen, führte Reichl aus. Unter den bereits verfügbaren Produkten empfahlen beide Experten die Pflegetagegeldversicherung. Im Gegensatz zur Pflegekostenversicherung decke sie eine fixe Summe ab, die monatlich im Bedarfsfall zur freien Verfügung ausgezahlt werde. Interessierte sollten darauf achten, dass die Police einen Inflationsausgleich sowie eine weltweite Abdeckung beinhalte. Beide Produkte eigneten sich aber dafür, so Papaspyratos, die hohen Eigenanteile im Pflegefall entscheidend zu mindern.