Auch wenn die Corona-Pandemie inzwischen alle Lebens- und Arbeitsbereiche erfasst, steht die medizinische Versorgung der betroffenen Patienten weiter im Vordergrund.

02.04.2020 - PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther im Interview über die Rolle der Privaten Krankenversicherung in der Krise.
Die Corona-Pandemie betrifft inzwischen alle Lebens- und Arbeitsbereiche. Im Vordergrund steht natürlich die medizinische Versorgung, an der ja auch die Private Krankenversicherung ihren Anteil hat. Mit welchen Leistungen können die Privatversicherten im Bedarfsfall rechnen?
Kurz gesagt: Mit allem, was man von einer Krankenversicherung erwartet. Wenn zum Beispiel der Arzt einen Test auf das Coronavirus veranlasst, so ist das medizinisch notwendige Diagnostik und die PKV erstattet die anfallenden Kosten. Ob das Testergebnis dann positiv oder negativ ausfällt, spielt für die Kostenübernahme keine Rolle. Bestätigt sich der Verdacht einer Virus-Infektion, sind natürlich auch alle weiteren medizinisch notwendigen Behandlungen vom Versicherungsschutz erfasst.
Den PKV-Verband erreichen viele Anfragen zur Erstattung von Telefon- und Videobehandlung. Um Ansteckungsrisiken zu verringern, ist es schließlich sinnvoll, jeden Praxisbesuch zu vermeiden, der durch eine Beratung oder Untersuchung auf anderem Wege ersetzt werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist es gut zu wissen, dass die tariflichen Bestimmungen der meisten PKV-Verträge keinerlei Einschränkungen bei der Behandlung via Videosprechstunde vorsehen. In der PKV sind Videosprechstunden seit jeher nach Maßgabe der medizinischen Notwendigkeit im vereinbarten Umfang ohne Budgetbeschränkungen möglich.
Ist die Private Krankenversicherung an den aktuellen „Rettungsschirmen“ für die medizinische Infrastruktur beteiligt?
Ja, die PKV steht zu ihrer gesellschaftspolitischen Mitverantwortung, die medizinische und pflegerische Versorgung in den Zeiten der Krise sicherzustellen. Deshalb beteiligen wir uns auch an den Mehrkosten der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen entsprechend unserem Versichertenanteil mit 290 Millionen Euro.
Die Private Krankenversicherung engagiert sich bekanntlich sehr stark in der Pflegeberatung und für die Qualitätsprüfungen in der Pflege. Die Pflegeberater und Qualitätsprüfer sind normalerweise sehr stark „vor Ort“ im Einsatz. Welche Auswirkungen haben da die aktuellen Vorgaben zum Vermeiden persönlicher Kontakte?
Das vom Bundestag beschlossene „COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz“ hat auch zum Ziel, das Infektionsrisiko von Pflegebedürftigen und Pflegenden zu senken und die Einrichtungen zu entlasten. So heißt es in der Gesetzesbegründung: „Persönliche Kontakte der Prüferinnen und Prüfer, der Gutachterinnen und Gutachter sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflegekassen mit Pflegebedürftigen sollen während der Pandemie soweit wie möglich vermieden werden“.
In der Praxis wirkt sich das konkret so aus, dass sowohl unsere Pflegeberater von „compass“ als auch die Gutachter von „Medicproof“, dem medizinischen Dienst der Privaten, ihre Hausbesuche eingestellt haben. Die Pflegeberatung findet nun vorübergehend ausschließlich telefonisch statt und die Einstufung der Pflegebedürftigen erfolgt bis auf Weiteres im Rahmen einer digitalen Begutachtung.
Viele Selbstständige haben in der Corona-Krise Mühe, ihre laufenden Kosten zu bezahlen. Wie kann ihnen, über die Hilfsprogramme von Bund und Ländern hinaus, geholfen werden?
Wenn vorübergehende Schwierigkeiten bei der Zahlung von Beiträgen zur Privaten Krankenversicherung entstehen sollten, empfiehlt der PKV-Verband den direkten Kontakt zum eigenen Versicherer, um über Möglichkeiten einer Stundung oder Teilleistung der Beiträge zu beraten. Das Corona-Gesetzespaket gibt den Betroffenen ein Leistungsverweigerungsrecht, wonach sie zwischen dem 1.4. und 30.6.2020 einen Anspruch auf Stundung ihrer Beitragszahlungen haben, wenn andernfalls der Lebensunterhalt nicht mehr bestritten werden kann. Gerade jetzt kommt es für die Menschen ja auf einen guten Krankenversicherungsschutz an.
Gehen Sie eigentlich schon von steigenden Prämien für die Versicherten aus?
Nach unseren bisherigen Erfahrungen – etwa mit der Vogelgrippe oder mit SARS, aber auch mit großen und schweren Grippewellen früherer Jahre – wirken sich solche Epidemien in der Regel kaum auf die Beiträge in der Privaten Krankenversicherung aus. Für solche unvorhersehbaren Ereignisse ist zudem in der PKV-Kalkulation seit jeher ein Sicherheitszuschlag enthalten. Aber im Endeffekt hängt natürlich auch in dieser Hinsicht vieles davon ab, ob und in wie weit es gelingt, die Ausbreitung von Covid19 in Deutschland einzudämmen.
Wie wirkt sich Corona eigentlich ganz konkret auf die Arbeit des PKV-Verbandes aus?
Da sind wir ja maßgeblich für zwei Dinge verantwortlich: Zum einen für die Funktionstüchtigkeit des Verbandes und zum anderen für die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Mitarbeiter. Beiden Zielen dient es, dass wir schon vor Wochen weitestgehend auf Homeoffice umgestellt haben. Außerdem haben wir die Arbeitszeiten so weit wie möglich flexibilisiert, um den Kolleginnen und Kollegen zu ermöglichen, auch ihre familiären Aufgaben wahrzunehmen.
Im Übrigen bemühen wir uns alle um eine gewisse Ruhe und Sachlichkeit auch in der Krise: Das Beste, was wir tun können, ist die seriöse Information der Versicherten über die aktuelle Lage. Und natürlich leisten wir weiterhin Tag für Tag unseren Beitrag zur Finanzierung eines der besten Gesundheitssysteme der Welt – auf das sich die Patienten auch im Falle einer Corona-Infektion verlassen können.