10.04.2017
Auch bei den Arzneimitteln zeigt sich der Leistungsvorsprung des deutschen Systems: Nahezu alle anderen europäischen Staaten übernehmen nur Kosten von Medikamenten, die auf einer sogenannten Positivliste stehen. Dagegen werden hierzulande alle Arzneimittel gezahlt, sofern sie nicht rezeptfrei oder ausdrücklich ausgeschlossen sind.
Ein weiterer Vorteil: Neue, innovative Medikamente kommen deutlich schneller bei den Patienten an. Denn in den anderen europäischen Staaten ist der Marktzugang aufgrund komplizierter Vorschriften und Erstattungsverfahren häufig verzögert – und wird teilweise sogar abgelehnt. Die WIP-Analyse zeigt: Von der Zulassung bis zur Markteinführung vergehen in Deutschland durchschnittlich nur 3,5 Monate, während es in den Niederlanden fast zehn Monate und in Spanien sogar fast 16 Monate sind.
Auch mit Blick auf die Wartezeiten bringt das deutsche Zwei-Säulen-Modell aus Privater und Gesetzlicher Krankenversicherung Vorteile für alle Patienten. Zwar sprechen Kritiker häufig von einer angeblichen „Zwei-Klassen-Medizin“ in Deutschland, weil Privatversicherte oft kürzere Wartezeiten als gesetzlich Versicherte haben. In Notfällen kommt ohnehin jeder sofort dran, da spielt der Versichertenstatus in Deutschland keine Rolle. Doch auch sonst können gesetzlich Versicherte mit ihren Wartezeiten höchst zufrieden sein:
Nach einer Vergleichsstudie des Commonwealth Fund erhalten 76 Prozent der Patienten noch am selben oder nächsten Tag einen Termin beim Hausarzt. Mit diesem Ergebnis liegt Deutschland auf Platz eins aller befragten Länder und beispielsweise weit vor den Niederlanden (63 Prozent), Schweden (58 Prozent) oder Frankreich (57 Prozent).
Bei den Wartezeiten auf Facharzttermine ist Deutschland ebenfalls „Klassenbester“: Nur drei Prozent der Befragten müssen hierzulande zwei Monate oder länger warten. In den Niederlanden sind es mehr als doppelt so viele, in der Schweiz sogar dreimal so viele.
Auf planbare Operationen warten Patienten in vielen europäischen Staaten oft sogar monatelang – und zwar unabhängig davon, wie wohlhabend das jeweilige Land ist: So beträgt die Wartezeit für Knie- und Hüftersatzoperationen nicht nur in ärmeren europäischen Staaten wie Polen und Spanien, sondern beispielsweise auch im reichen Norwegen oft länger als ein halbes Jahr. In Großbritannien und Norwegen müssen Patienten im Schnitt mehr als zwei Monate auf eine Bypass-Operation am Herzen warten.
Folgerichtig kommt daher auch die internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu dem Fazit: „Im internationalen Vergleich führt Deutschland eine Phantomdebatte über die Wartezeiten.“
Ein weiterer Pluspunkt des deutschen Gesundheitssystems ist die große Wahl- und Therapiefreiheit. Alle Patienten haben in der Regel einen direkten Zugang zum Haus- oder Facharzt ihrer Wahl. Das ist in der Mehrzahl der anderen europäischen Länder nicht der Fall.
Häufig sind die Patienten dort verpflichtet, sich bei einem (oftmals staatlich zugewiesenen) Hausarzt registrieren zu lassen. Ohne eine offizielle Überweisung dieses Arztes bekommen sie entweder gar keine fachärztliche Behandlung (etwa in Großbritannien, Italien, Polen und den Niederlanden) oder sie müssen dafür eine deutliche Eigenbeteiligung zahlen (z.B. in Belgien, Dänemark, Frankreich und der Schweiz).
In vielen der vom WIP untersuchten Staaten wird der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung durch Zuzahlungspflichten eingeschränkt. Vor allem in beitragsfinanzierten Gesundheitssystemen sind solche Eigenbeteiligungen ein weitverbreitetes Mittel der Rationierung.