Wartezeiten-Studie mit begrenzter Aussagekraft
Es überrascht nicht, dass die Befürworter einer Bürgerversicherung in der Studie Belege für eine vermeintliche Zwei-Klassen-Medizin suchen. Dabei ist die Erhebung offensichtlich nicht dazu geeignet, allgemein verbindliche Aussagen über die tatsächlichen Wartezeiten auf einen Arzttermin in Deutschland zu treffen:
- Die RWI-Studie ist mit ihrem Erscheinen bereits überholt. Die Feldstudie mit den fingierten Anrufen fand zwischen April 2017 und Mai 2018 statt. Im Jahr 2019 jedoch hat der Bundestag das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) beschlossen, um die Wartezeiten für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen zu verkürzen. Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung vermitteln jetzt bundesweit und rund um die Uhr Termine bei Haus- und Fachärzten.
- Die RWI-Studie betrachtet nur Termine für nicht dringende Diagnostik wie Allergietest, eine Magenspiegelung oder einen Hörtest. Der Fokus liegt also auf alltäglichen Routine-Untersuchungen beim Facharzt. In Notfällen und bei akutem Behandlungsbedarf gibt es überhaupt keine Wartezeiten-Unterschiede zwischen Kassen- und Privatversicherten. Das zeigt eine Wartezeiten-Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP).
„Objektiv betrachtet haben wir keine generelle Wartezeitproblematik“, kommentiert Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die Ergebnisse der RWI-Studie in der F.A.Z.. Die KBV ermittelt in ihrer jährlichen Versichertenbefragung die tatsächlichen Wartezeiten der Patienten. Der Großteil der befragten Personen hatte im Jahr 2019 sofort einen Termin beim Haus- oder Facharzt erhalten. Etwa 70 Prozent der Menschen in Deutschland warteten maximal eine Woche auf ihren letzten Arzttermin.